Porträt / Der Geheimnisbrecher: Whistleblower Julian Assange
WikiLeaks-Gründer Julian Assange lebte seit Jahren eingesperrt – zunächst selbstgewählt in der ecuadorianischen Botschaft in London, dann fast fünf Jahre im berüchtigten britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Sein Vergehen: Er hat Tausende geheime militärische und diplomatische Dokumente veröffentlicht und damit – unter anderem – Kriegsverbrechen aufgedeckt. Ein Blick auf den berühmtesten Geheimnisbrecher unserer Zeit.
Die einen verehren ihn als Helden und bewundern seinen Mut, die anderen hassen ihn, betrachten ihn als Staatsfeind und Sicherheitsrisiko. Julian Assange ist einer der Menschen unserer Zeit, die wie Elon Musk oder Donald Trump zu bekannten Namen geworden sind und gleichzeitig die Gemüter spalten.
Mit WikiLeaks, einer Enthüllungsplattform im Internet, die er 2006 gründete, veröffentlichte der Australier tausende Dokumente, die Unternehmen und Regierungen als geheim deklariert hatten und die Kriegsverbrechen, Spionagefälle und Korruption zeigten. Dabei geht es der Plattform darum, Ungerechtigkeiten und illegale Handlungen aufzudecken, die unter dem Mantel der Staatssicherheit vertuscht werden sollen.
Seine „Komplizin“ kam bereits frei
WikiLeaks’ neuartiger Journalismus, den Assange selbst „wissenschaftlichen Journalismus“ nennt, hatte auch andere alteingesessene Medien animiert, das Material auszuwerten, das vor allem für die USA rufschädigend ist. Dazu gehören der britische Guardian, die New York Times, El País in Spanien und der Spiegel in Deutschland.
Besonders brisant sind Tausende geheime Dokumente über amerikanische Aktivitäten im Irak und in Afghanistan, die ihm von Chelsea Manning, damals Geheimdienstoffizier Bradley Manning, zugespielt worden waren und die er 2010 publizierte. Manning kam dafür ins Gefängnis, doch ein Großteil der Strafe wurde der ehemaligen Soldatin vom einstigen US-Präsidenten Barack Obama erlassen.
Unter dem veröffentlichten Material war ein US-Militärvideo, das zeigt, wie etliche unschuldige Menschen in einem irakischen Stadtteil von New Bagdad ermordet werden, darunter auch zwei Nachrichtenmitarbeiter von Reuters. Für diese Veröffentlichung geheimen Materials wollen die USA Assange vor ein US-Gericht stellen. Assanges Taten hätten die US-amerikanische nationale Sicherheit gefährdet und die namentlich genannten Personen einer großen Gefahr ausgesetzt, hieß es wiederholt von US-amerikanischer Seite. Die maximale Gefängnisstrafe für seine vermeintlichen Vergehen betrug 175 Jahre.
„Als seine Frau befürchte ich, dass er bis zu seinem Tod in der tiefsten, dunkelsten Ecke des US-Gefängnissystems begraben wird“, schrieb seine Frau Stella Assange einst in einem Beitrag für den australischen Sender ABC. Mit ihr hat Assange, der bereits einen erwachsenen Sohn aus erster Ehe hat, zwei Kinder gezeugt, als er noch in der ecuadorianischen Botschaft festsaß.
Immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt
Doch Assange ist bei all dem nicht unumstritten. Der 1971 in Townsville geborene Australier hat Programmieren, aber auch Mathematik und Physik studiert, dabei aber nie einen Abschluss gemacht. Mit dem Gesetz geriet er bereits vor seinen WikiLeaks-Aktivitäten in Konflikt. Zwischenzeitlich wurde er wegen sexueller Delikte in Schweden angezeigt und von Interpol per Red Notice gesucht. Die Ermittlungen dazu wurden jedoch 2017 eingestellt. Und auch während seiner Jugend in Australien – er soll insgesamt 37 Schulen besucht haben – hatte er wegen seiner Hacking-Aktivitäten bereits Ärger mit der Polizei. Die britische Zeitung The Guardian nannte ihn in einem Artikel einst „Australiens versiertesten Hacker“.
Auch politisch versuchte er sein Glück. Er kandidierte bei den australischen Parlamentswahlen 2013 für die damals neu gegründete WikiLeaks-Partei für den australischen Senat, konnte jedoch keinen Sitz gewinnen. Nach internen Streitereien gingen der Partei die Mitglieder aus und sie wurde 2015 wieder abgemeldet.
Bereits während seiner politischen Phase hielt sich Assange aus Angst vor einer Auslieferung an die USA in der Botschaft Ecuadors in London auf, die ihm vorübergehend Asyl gewährt hatte. Als er diese nach sieben Jahren schließlich verlassen musste, wurde er 2019 von der Londoner Polizei festgenommen. Seitdem saß der Australier im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh und kämpfte sich durch die Gerichtsinstanzen, um seine Auslieferung an die USA zu stoppen. Dieses Kapitel scheint mit dem Deal, den Assange mit der US-Regierung ausgehandelt hat, nun beendet.
- EU-Parlament gibt grünes Licht für von der Leyens Kommission - 27. November 2024.
- Eine Person lebensgefährlich verletzt – Experten ermitteln, Straße bleibt noch gesperrt - 27. November 2024.
- Sandy Artuso macht mit „Queer Little Lies“ Esch zum queeren Kultur-Hotspot - 26. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos