Biolandwirtschaft / Der „Jeekelshaff“ in Petingen: Seit über sieben Generationen ein Familienbetrieb
Der „Jeekelshaff“ in der Nähe der ehemaligen Wax-Mühle ist weit über die Grenzen der Gemeinde hinaus bekannt. Guy Arend bewirtschaftet den Hof bereits in siebter Generation. 1985 hat er den Betrieb auf bio umgestellt. Bereuen tut er diesen Schritt bis heute nicht.
Als wir den Petinger in der rue d’Athus antreffen, erzählt er uns, dass sein Bauernhof vor etwa 60 Jahren quasi das einzige Gebäude in der Straße war. „Wir sind seit 1934 hier“, erzählt der 59-jährige Vater von zwei Kindern. „Davor betrieb meine Familie einen Bauernhof im Zentrum von Petingen, in der Nähe der Kirche. Wir sind seit mindestens sieben Generationen Landwirte.“
Eine lange Zeit, die nicht immer einfach war. Eine große Änderung erfolgte im Jahr 1985, als Guy den Familienbetrieb übernahm. Er stellte ihn nämlich von der traditionellen auf die biologische Landwirtschaft um. Er habe sich schon immer für Umweltschutz und biologischen Anbauweisen interessiert. „Ich bin seit Anfamg der 1980er Jahre Mitglied des ‚Mouvement écologique’ in Petingen“, sagt Arend.
Anfang der 1980er – es war die Zeit des massiven Waldsterbens in Süddeutschland – studierte er als junger Mann Agronomie in Hohenheim bei Stuttgart. 1986 kam es dann zur Tschernobyl-Katastrophe. „Das hat mich geprägt und meine Liebe zur Natur und Biolandwirtschaft nur noch verstärkt“, erklärt der Bauer. Von 1990 bis 2000 arbeitete Guy Arend als landwirtschaftlicher Berater beim Naturpark Obersauer. Schon damals versuchte er die dort ansässigen Landwirte von einer Umstellung auf bio zu überzeugen.
Nur Fleisch und keine Milch
Zum „Jeekelshaff“ gehören insgesamt etwa 90 Tiere, darunter 45 Kühe und ein Zuchttier mit dem Namen „Nero“. Er wird jedes zweite Jahr ausgewechselt, um Inzucht zu vermeiden. „Jedes Jahr haben wir 45 Geburten“, berichtet Arend. 40 Tiere werden pro Jahr verkauft, darunter viele Ochsen und Kühe. „Wir sind kein Milchbetrieb, sondern züchten nur Tierr für die Fleischproduktion“, ergänzt Arend.
Die Schlachtung der ungefähr 36 Tiere findet in Ettelbrück statt, die Verarbeitung übernimmt aber Guy Arend selbst im eigenen Zerlegungsraum mit angeschlossener Kühlzelle. Bei der Rasse fiel seine Wahl auf das Aberdeen-Angus-Rind. „Sie sind extrem robust, wetterresistent und zeichnen sich durch ihre hohe Fruchtbarkeit und leichten Geburten aus“, erläutert der Experte.
Seit dem 19. Jahrhundert ist die aus Schottland stammende Rasse sehr beliebt. Sie wird inzwischen vor allem in Argentinien, Brasilien, Kanada und den USA gezüchtet. Die Stiere können bis zu einer Tonne wiegen, die Muttertiere bringen durchschnittlich 550 Kilogramm auf die Waage. Das Fleisch der Angus-Rinder ist dank der Einlagerung von viel intramuskulärem Fett zart und geschmackvoll. Man erkennt es an seiner hellen Marmorierung.
Ist ein Tier krank, wird es auf dem „Jeekelshaff“ vorrangig mit natürlichen Mitteln behandelt. Konventionelle Tiermedizin komme nur in extremen Notsituationen zum Einsatz, betont der Landwirt. Die Angus-Rinder verbringen circa fünf Monate im Stall und sieben Monate draußen.
100 Hektar Land
Genug Platz haben die Rinder auf dem Hof von Guy Arend allemal. Zum „Jeekelshaff“ gehören insgesamt 100 Hektar. Auf 20 Hektar wird Getreide angebaut (Spelz, Triticale und Sommerhafer). Ein Drittel davon wird für die Fütterung der Tiere genutzt, die restlichen zwei Drittel dienen als Saatgut. „Wir kaufen lediglich die Salze, Mineralstoffe und einen Teil des Strohs“, erklärt Arend. Nur etwa drei Hektar des gesamten Geländes befinden sich in der Nähe des Stalls. 50 Hektar sind im Umkreis von einem Kilometer und 25 Hektar im Umkreis von zwei bis drei Kilometern gelegen. Guy Arend bewirtschaftet außerdem 13 Hektar in Belgien. Vor rund 20 Jahren, als A13 gebaut wurde, musste der Landwirt einige Hektar abgeben. Er ersetzte sie durch die Grundstücke in Belgien.
Guy bewirtschaftet den Hof gemeinsam mit seiner Frau Danièle. Sein Sohn (26) hat ebenfalls ökologische Agrarwissenschaft an der Universität Kassel-Witzenhausen studiert. Er hilft im Familienbetrieb und will ihn im Nebenerwerb weiterführen, verkündet der 59-Jährige. Die achte Generation steht also schon in den Startlöchern. Der Biobauer hat außerdem noch eine Tochter (28), die als Erzieherin arbeitet.
Der erfahrene Landwirt rät dann auch den jüngeren Generationen, auf bio umzustellen – und davor „durchzurechnen, um zu sehen, ob es machbar ist“. Er erinnert daran, dass ein Biobauer eine wichtige Funktion in der Landschaftspflege hat. Der „Jeekelshaff“ besitzt zum Beispiel über zehn Kilometer Hecken, mit teilweise einer Dicke von sechs Meter. Ein „Maschinenring“, ein landwirtschaftliches Dienstleistungsunternehmen, hilft hier bei der Pflege sowie bei der Klauenpflege der Tiere. Die gesamte restliche Arbeit erfolge hier aber intern, mit dem eigenen Material, betont Arend. Das erhöhe die Flexibilität, was wiederum der Qualität der Produkte zugutekomme. In Sachen Naturschutz arbeitet der „Jeekelshaff“ zudem eng mit dem Naturschutzsyndikat „Sicona“ zusammen, unter anderem bei Renaturierungsarbeiten oder beim Wildkräuter-Anbau.
Aufhören will Guy Arend noch nicht. „Solange ich fit bin, mache ich weiter. Ich habe Spaß an der Arbeit und möchte noch andere Landwirte von den Vorzügen der biologischen Landwirtschaft überzeugen.“
Bio: Ehrgeizige Ziele
Seit 2009 unterstützt das Landwirtschaftsministerium die biologische Landwirtschaft zunehmend. Diese unterscheidet sich im Wesentlichen von der konventionellen Landwirtschaft durch den Verzicht auf Mineraldünger und synthetische Pflanzenschutzmittel. Im ökologischen Landbau steht das Arbeiten im Einklang mit der Natur im Vordergrund. Die Anfänge der Biolandwirtschaft reichen bis in die 1920er Jahre zurück. Damals war sie eine Antwort auf die zunehmende Industrialisierung und Urbanisierung. In Luxemburg liegt der Bio-Anteil in der landwirtschaftlichen Produktion zurzeit bei 4,6 Prozent. 132 biologische Betriebe (75 Landwirte, 12 Gemüsebauern, 15 Winzer, 12 Obstbauern, 14 Imker und vier kleine Zuchtbetriebe) gibt es laut Landwirtschaftsministerium derzeit hierzulande. Davon würden aber nur 100 offiziell anerkannt, weil sie die notwendigen Kriterien erfüllen, was zum Beispiel die Struktur des Betriebs betrifft. 5.446 Hektar werden im Großherzogtum biologisch bewirtschaftet. Das Großherzogtum hat aber ehrgeizige Ziele: Bis 2025 soll der Anteil der ökologischen Landwirtschaft von 4,6 auf 20 Prozent steigen.
Der Hofladen
Der Züchter verkauft das Fleisch seiner Tiere im eigenen Hofladen. Dort bietet er noch viele weitere Bioprodukte an, unter anderem Naturkosmetik von der Luxemburgerin Noémie Graas. „Hier ist alles Natur. Mit Ausnahme der Bananen und anderen hier nicht heimischen Obst- und Gemüsesorten kommt alles aus der Gegend“, betont Guy Arend. Der Laden ist freitags von 15.00 bis 18.30 Uhr und samstags von 9.00 bis 12.00 Uhr geöffnet. Beliebt sind neben dem Bio-Obst und Gemüse natürlich die Fleischprodukte des Hofs, darunter die selbst gemachte Wurst.
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„Wir sind kein Milchbetrieb, sondern züchten nur Tierr für die Fleischproduktion“
Daran sollte sich mal die anderen Bauern ein Beispiel nehmen die nichts anderes tun als das ganze Jahr über den Milchpreis zu lamentieren.