Menschen im Krieg / Der Kiewer Musikproduzent Oleksii koordiniert jetzt Hilfslieferungen
„Dear Deer“, lieber Hirsch, heißt das Musiklabel von Oleksii Kasperskyi, das er in Kiew gegründet hat. Doch für Musik bleibt, seit Russland die Ukraine angegriffen hat, keine Zeit mehr.
An Musik kann Oleksii Kasperskyi, auch bekannt als Alex Kaspersky, zurzeit nicht wirklich denken. Dabei war sie bis vor kurzem sein Leben. Als Musikproduzent und CEO des ukrainischen digitalen Musiklabels „Dear Deer“ war er bis vor dreieinhalb Wochen auf das Management und den Vertrieb von Künstlern der elektronischen Musik im In- und Ausland spezialisiert. Dann kam der Angriff Russlands auf die Ukraine – und das Leben von Oleksii in seiner Heimat und Geburtsstadt Kiew war auf den Kopf gestellt.
Seine Tage beginnen inzwischen alle gleich. Zuerst liest er die Nachrichten „aus zuverlässigen Quellen“, wie Oleksii sagt, „dann kommuniziere ich mit allen, die meine Hilfe bei der Lösung von Problemen benötigen“. Ein täglicher Begleiter sind auch die Sorgen geworden, um die Familie, um die Freunde, darüber, wie es wohl weitergehen werde für sein Land und Kiew, seine Stadt.
„Ich liebe diese Stadt sehr und bin stolz darauf, Ukrainer zu sein“, sagt der 35-Jährige. Oleksii erzählt, dass er sich bei den territorialen Selbstverteidigungskräften der Ukraine gemeldet hat, um seinem Land zu helfen. Dienst an der Waffe leistet er zurzeit noch nicht. Vielmehr koordiniert er Versorgungseinsätze und hilft bei der Verteilung von Lebensmitteln und versorgt alte Menschen mit dem Nötigsten, damit diese ihr Zuhause nicht verlassen müssen und sich keinen unnötigen Risiken aussetzen.
Einsatz an der „Informationsfront“
Außerdem, sagt Oleksii, „kämpfe“ er an „der Informationsfront, um über mein Land und den grausamen Krieg zu informieren, der hier aufgrund der unbändigen imperialen Begierden Russlands stattfindet“. Oleksii ist überzeugt, dass „Kommunikation um der Wahrheit und Gerechtigkeit willen dazu beitragen wird, die freie Welt zu vereinen“. Nur das könne helfen, dem Feind entgegenzutreten, „der die Freiheit, die offene Gesellschaft, den Wohlstand und die Werte bedroht, die mein Land vollständig mit Europa teilt“.
Jeden Tag rücken die russischen Streitkräfte ein bisschen näher auf Kiew vor. In der Nacht zu Montag kamen mindestens acht Menschen beim Beschuss von Wohnhäusern und einem Einkaufszentrum ums Leben. Von dem modernen Einkaufszentrum am nordwestlichen Stadtrand blieben nur rauchende Trümmer übrig. Ein danebenstehendes Hochhaus blieb als Skelett ohne Fenster stehen, wie auf Bildern zu sehen war. Nach ukrainischen Angaben setzten die russischen Truppen Raketen ein. Die Ukraine verlassen will Oleksii trotzdem nicht, er sagt: „Ich bleibe hier und werde meinem Land bis zum Ende treu bleiben.“
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