/ Der Monat der Wahrheit: Die WM als Saisonhighlight im Hinterkopf
Ein intensiver und äußerst erfolgreicher Monat August liegt hinter Bob Bertemes. Doch der September mit u.a. der WM in Doha als Saisonhighlight steht bereits vor der Tür. Für den 26-jährigen Kugelstoßer ist es wichtig, seine Weltklasseleistung von 22,22 m in den kommenden Wochen bestätigen zu können. Die Erwartungen an ihn sind höher geworden. Druck verspürt Bertemes deshalb aber nicht. Er geht entspannt an die kommenden WM-Tests heran.
Der 4. August wird Bob Bertemes wohl ewig in Erinnerung bleiben. An diesem Tag katapultierte sich der Kugelstoßer an die Weltspitze seiner Disziplin. Mit 22,22 m sorgte der COSL-Athlet beim Werfermeeting in Cessingen für Furore. Er sprengte seine eigene Rekordmarke um ganze 93 Zentimeter.
Mit dieser Weite hat er die momentan sechstbeste Weltjahresbestleistung inne. „Es ist schon krass, welche Türen sich durch einen richtig guten Stoß geöffnet haben. Einmal passen viele Faktoren zusammen und du haust dann einen richtig guten Wurf raus. Aber genau das macht das Kugelstoßen aus“, sagt der Sportler.
Acht Mal über 21 m
Durch diese sensationelle Darbietung spielt er auf einmal im Kreis der Welt-Elite eine Rolle. Nicht zuletzt konnte er an der Diamond League in Paris teilnehmen. Bei seiner Premiere schleuderte er die Kugel auf 21,20 m. Schon achtmal in dieser Saison hat der 118 kg schwere Koloss die 21-m-Weite überschritten. „Das ist eine Weite, die ich jetzt bei jedem Wettbewerb abrufen kann. Das Gute dabei ist, dass ich somit in einigen Wettbewerben eine Rolle um die vorderen Plätze spielen kann“, sagt er.
Eines seiner Erfolgsrezepte in diesem Jahr sind neben seiner verbesserter Drehtechnik auch seine extreme Gelassenheit während der Wettbewerbe. „Ich gehe entspannt zu die Meetings. Diese Gelassenheit kommt davon, dass ich im Training gute Eindrücke hinterlasse. Das gibt mir einfach eine enorme Sicherheit. Deshalb verspüre ich im Wettbewerb keinen Druck“, erklärt der 26-Jährige.
Doch wie man den ehrgeizigen Bertemes so kennt, ruht er sich nicht auf den Lorbeeren aus und hat den Kopf schon nach vorne gerichtet. Im September stehen vier weitere, völlig unterschiedliche Meetings auf dem Programm.
Verrückt machen will er sich deshalb nicht: „Warum auch? Klar, ich habe eine richtig gute Weite geworfen, aber es gibt noch viele Kleinigkeiten an meiner Technik zu verbessern. Deshalb bleibe ich mit beiden Füßen auf dem Boden und drehe nicht gleich durch, nur weil ich plötzlich unter den Besten der Welt mitmische.“
Shot Out am Samstag
Der erste Test erfolgt am 7. September, wenn der Kugelstoßer beim Shot Out in Hesperingen an den Start gehen wird. Bei diesem besonderen Format treten die Athleten in Eins-gegen-eins-Duellen gegeneinander an. Der Beleser sieht diesen Wettbewerb als guten Härtetest vor der WM in Doha, vor allem weil jeder Versuch wichtig ist. Außerdem sei er eine schöne Abwechslung zu anderen Events. „Nico Peters, der Organisator, kam Anfang des Jahres auf mich zu und wollte einen Wettbewerb ins Leben rufen, bei dem Tom Habscheid und ich die Aushängeschilder sein würden“, erzählt Bertemes. „Das Spektakel soll dabei nicht zu kurz kommen.“
Nur zwei Tage nach dem Shot-Out-Wettbewerb wird der FLA-Athlet in Minsk beim Match zwischen Europa und den USA antreten. In der weißrussischen Hauptstadt werden die besten Leichtathleten aus Europa und den USA in den verschiedenen Disziplinen aufeinandertreffen. Im Vordergrund steht somit das Team und nicht die Einzelleistung.
Im Kugelstoßen wurden die besten vier Sportler aus Europa und die besten vier aus den Vereinigten Staaten nominiert. Dass Bertemes in diesem elitären Kreis vertreten ist, erfüllt ihn mit Stolz. „Ich bin extrem motiviert, eine gute Leistung dort zu vollbringen, denn ich will beweisen, dass ich diesen Platz in diesem Team verdient habe“, sagt er. Seine Teamkollegen und Kontrahenten im Wettbewerb sind für ihn keine Unbekannten. „Man kennt sich. Zuletzt sind wir uns beim Diamond Meeting in Paris über den Weg gelaufen. Ich weiß deshalb, dass jeder von ihnen darauf brennt, sein Bestes zu zeigen.“
Sechs Versuche hat jeder Kugelstoßer zur Verfügung. „Das finde ich eine gute Sache, denn so ist der Druck nicht ganz so hoch. Ich hoffe, ich kann einige Punkte für das Team Europa sammeln“, fügt Bertemes hinzu.
„Etwas zurückgeben“
Nach diesem Highlight wird der Luxemburger wieder zurück ins Großherzogtum kehren. Die Coupe du Prince am 15. September steht wie jedes Jahr auf seiner To-do-Liste. Obwohl der Kugelstoßer bei den größten Meetings der Welt mitmacht, spielen die luxemburgischen Wettbewerbe in seiner Planung immer noch eine Rolle. Er sieht die Coupe du Prince als eine Herzensangelegenheit an. „Ich reise zwar durch Europa und die Welt, doch man darf nie seine Wurzeln vergessen. Ich habe meinem Club Beles so viel zu verdanken und möchte dem Verein etwas zurückgeben. Wenn ich nicht mehr bei diesen Wettbewerben an den Start gehen würde, wäre es ein Schritt in die falsche Richtung“, erklärt Bertemes. Der Sportsoldat ist sich zwar bewusst, dass ihm hierzulande keiner das Wasser reichen kann, doch das stört ihn wenig. Er konzentriert sich nur auf den Wettbewerb und hofft, dass einige Leute den Weg nach Düdelingen finden werden. „Ich will ein Vorbild für die luxemburgische Leichtathletikwelt sein. Vielleicht bekomme ich durch meine Leistungen einige dazu motiviert, diesen Sport auszuüben oder den gleichen Weg wie ich einzuschlagen“, sagt das Kraftpaket.
Und es wäre auch nicht so, als hätte Bertemes sich keine Ziele bei dieser Vereinsmeisterschaft gesetzt. Neben dem Kugelstoßen nimmt er auch am Diskuswerfen teil. „Im letzten Jahr konnte ich mit Beles endlich den Titel gewinnen. Das wollen wir auch in diesem Jahr wiederholen. Zuvor wurden wir acht Jahre hintereinander Zweiter. Da war die Erleichterung im letzten Jahr natürlich riesig“, sagt Bertemes.
Nach einigen Tagen Erholung muss der Elitesportler wieder die Koffer packen. Am 20. September geht es nach Doha zur Weltmeisterschaft, die am 28. September startet. Für ihn geht es hauptsächlich darum, seine guten Darbietungen der letzten Wochen zu bestätigen. Druck macht er sich deshalb nicht unbedingt. Trotzdem will er sich dort beweisen. „Die Weltmeisterschaft ist natürlich das Saison-Highlight für mich. An sich habe ich meine Erwartungen in diesem Jahr schon übertroffen und kann entspannt an die Sache herangehen. Trotzdem will ich mich keineswegs unter Wert verkaufen. Ich will nicht aus Katar zurückkehren und mir den Vorwurf machen, dass ich ’näischt gebak krut’“, gibt Bertemes zu verstehen.
Entspannt in die WM
Der ehrgeizige Athlet überlässt nichts dem Zufall. In Doha haben die Athleten mit sehr hohen Temperaturen von bis zu 40 Grad zu kämpfen. Mit diesen schwierigen Wetterbedingungen hatte der FLA-Sportler in seiner Karriere bisher nicht oft zu kämpfen. Aus diesem Grund tritt er einem Trainingslager im türkischen Belek bei. Hier wird es bis zu 38 Grad heiß, ähnlich wie in Doha. „Ich war nicht sicher, wie mein Körper mit diesen Bedingungen zurecht kommen würde. Bisher läuft alles nach Plan. Das Trainingslager soll mir helfen, herauszufinden, wie ich das Training bestmöglichst gestalten kann. So sehe ich, wie mein Körper auf verschiedene Situationen reagiert. Einige Szenarien wurden schon durchgespielt. So dürfte ich eigentlich nicht mehr von Leistungsabfällen überrascht werden“, sagt Bertemes.
Am 3. Oktober schlägt für ihn die Stunde der Wahrheit. Bis dahin wird Bertemes vielleicht noch das eine oder andere Mal von sich reden machen.
Programm
7. September: Shot-Out-Wettbewerb in Hesperingen
9./10. September: The Match Europe vs USA in Minsk
15. September: Coupe du Prince in Düdelingen
28. September: Weltmeisterschaft in Doha (am 3. Oktober startet der Wettbewerb im Kugelstoßen)
Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Laurent Neiertz.
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