/ Der Präsident des FNCTTFEL-Landesverbandes im Gespräch: „Andere reden, wir machen“
Noch vor dem letzten Kongress rumorte es heftig innerhalb der 110 Jahre alten Gewerkschaft FNCTTFEL-Landesverband. Georges Merenz löste Jean-Claude Thümmel als Präsident ab. Vor den Sozialwahlen 2019 ist wieder Ruhe eingekehrt; selbst von einer Fusion mit dem OGBL will Merenz vorerst nichts mehr wissen.
„Andere reden, wir machen“, beginnt Georges Merenz, der ein bisschen zur Position des Gewerkschaftspräsidentes kam wie die Jungfrau zum Kinde, das Gespräch im Hinblick auf die anstehenden Sozialwahlen und illustriert dies anhand der jungen Auszubildenden, die den Kaffee serviert. „Es genügt nicht, mehr Berufsausbildung junger Menschen zu fordern, wir haben als Gewerkschaft nun die Initiative ergriffen, selbst auf diesem Gebiet tätig zu werden“, gibt Merenz den Ton an.
Diese Devise, für die er eintrete, gelte nunmehr für das gesamte Handeln des Landesverbandes, aber auch die Teamarbeit liege ihm am Herzen. Relevante Entscheidungen werden abgesprochen, Positionen gemeinsam ausgearbeitet. So auch jene, die den kostenlosen öffentlichen Transport, wie er nun von der Regierung angekündigt wurde und im kommenden Jahr umgesetzt werden soll, ablehnt.
Er verstehe nicht, wieso die Ankündigung der Regierung so schnell umgesetzt werden musste. Hätten erst die Rahmenbedingungen, sprich die Investitionen in Schiene und Material (die der Landesverband ausdrücklich begrüßt) die angespannte Lage entschärft, wäre die Umsetzung für Ende der Legislatur angekündigt worden, so wolle er nicht ausschließen, dass die Position des Landesverbandes eine andere gewesen wäre.
Kostenloser öffentlicher Transport
Unter den aktuellen Bedingungen lehne die Gewerkschaft die Maßnahme jedoch kategorisch ab. Im Übrigen sehe Merenz immer noch nicht den sozialen Charakter des Vorhabens, von dem der Minister für Mobilität und öffentliche Arbeiten François Bausch ständig rede.
Auf die gewerkschaftlichen Prioritäten im Rahmen der Sozialwahlen bei der Eisenbahn angesprochen, verwiest Merenz auf die Sicherheit von Personal und Kunden, die hohe Standards erreicht habe. Es fahre kein Zug, bei dem die Sicherheitssysteme nicht funktionierten; dies könne mal zu Ausfällen und geringerer Flexibilität führen, müsse jedoch in Kauf genommen werden.
Die Personalnot, die zum Beispiel beim Gleisbau auffallend hoch sei, führt er auf das Gehälterabkommen beim Staat zurück, das noch im Rahmen des Sparpaketes der Regierung abgeschlossen wurde, und insbesondere die Regelung, die Berufsanfänger in puncto Lohn benachteilige (80/80/90-Regelung). Dies habe verhindert, dass genügend Nachwuchs bei der Bahn gefunden werden konnte.
„Das Verhandlungsmonopol der CGFP muss gebrochen werden“
Dass der Landesverband immer noch nicht an den Lohnverhandlungen beim Staat teilnehmen könne, sei unverständlich, da eine ganze Reihe von Löhnen, etwa die bei der Bahn, davon abhängen. „Das Verhandlungsmonopol der CGFP muss gebrochen werden“, fordert Merenz.
Die Situation bei der Betreibergesellschaft der Tram stört den Landesverband besonders stark (siehe auch unseren Kommentar). Trotz Einschüchterung des Personals durch die Direktion wird der Landesverband eine Liste für die Delegationswahlen präsentieren können, sagt Merenz, der eine verschärfte Gangart gegen das Unternehmen, das immerhin im Besitz von Staat und Gemeinde Luxemburg ist, ankündigt. Es könne nicht sein, dass hier ein Einstieg in Sozialdumping bei quasi öffentlichen Unternehmen geschehe.
Auf das Verhältnis mit der Syprolux angesprochen, verweist der Präsident darauf, dass es sicher besser wäre, es gebe nur eine Gewerkschaft in dem Sektor. Die Konkurrenzorganisation sei aus einer Absplitterung von der FNCTTFEL hervorgegangen. Persönliche Ambitionen verhinderten wohl einen erneuten Zusammenschluss – dies obwohl die Positionen der beiden Organisationen in vielen Bereichen nicht weit auseinander liegen würden.
Das Mandat von Georges Merenz läuft bis zum nächsten Kongress, der voraussichtlich 2021 stattfinden wird. Und er habe große Lust, bis dahin weiterzumachen, betont der Präsident, der offensichtlich Gefallen an seinem Job, zu dem er recht unerwartet kam, gefunden hat.
Vorerst keine Fusion mit dem OGBL
Noch während des jüngsten Kongresses des Landesverbandes, jenes Kongresses also, der Georges Merenz als Nachfolger von Jean-Claude Thümmel bestimmte, wurde mehrheitlich eine Resolution verabschiedet, die Gespräche mit dem OGBL vorsah, die zu einer engeren Zusammenarbeit „bis hin zur Fusion“ führen sollten.
Auf die Frage, ob der FNCTTFEL-Landesverband bei den Sozialwahlen in fünf Jahren noch als eigenständige Gewerkschaft antreten werde, antwortete Merenz nun ohne Zögern mit Ja.
Eine Fusion stehe nicht auf der Tagesordnung, auch wenn eine noch engere Zusammenarbeit mit der größten Gewerkschaft des Landes angestrebt werde. Bei der aktuellen Sozialwahl treten OGBL und FNCTTFEL-Landesverband etwa in der Stadt Luxemburg mit gemeinsamen Listen an.
Ziel: zusätzliches Mandat bei der Zentraldelegation der CFL
Für den Sektor Eisenbahn sind insgesamt drei Sitze in der Salariatskammer vorgesehen (Gruppe 8), die sowohl von den Aktiven als auch von den Pensionierten dieses Bereiches gewählt werden.
Insgesamt sind 5.862 aktuelle und ehemalige Eisenbahner wahlberechtigt. Der Landesverband zählt in der aktuellen Kammer zwei Delegierte, die Gewerkschaft Syprolux einen.
Starke Rentner
Es ist eher unwahrscheinlich, dass sich an diesem Verhältnis nach der aktuellen Wahl etwas ändern wird. Neben einem engagierten Wahlkampf bei den Aktiven, so der Präsident, könne der Landesverband auf eine starke Rentnerabteilung zählen. Unter den CSL-Kandidaten sind neben dem aktuellen Präsidenten mit Nico Wennmacher und Guy Greivelding auch zwei seiner Vorgänger auf der Liste zu finden.
Bei den Betriebsdelegationen richtet sich ein besonderes Augenmerk der Gewerkschaft auf die Zentraldelegation der CFL, wo das Kräfteverhältnis zurzeit 6 zu 4 (FNCTTFEL/Syprolux) lautet. Hier strebt die FNCTTFEL ein 7:3-Resultat an.
http://www.tageblatt.lu/meinung/kommentar/die-gewerkschaften-reagieren-tram-ras-le-bol/
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