Rücktritt / Der rote Rebell: Rückblick auf die politische Karriere von Dan Kersch
Dan Kersch ist eines der Gesichter, die die LSAP in den vergangenen zehn Jahren entscheidend geprägt haben. Rückblick auf eine Karriere eines roten Rebellen aus dem Herzen der Luxemburger Minette.
Dan Kersch wird 1961 in eine Escher Kommunistenfamilie geboren. Das Engagement des Vaters in der KPL zeichnet den politischen Weg von Dan Kersch früh vor. Schon als Jugendlicher tritt Kersch der KPL bei, engagiert sich in der Friedensbewegung – bis er mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion der Partei den Rücken kehrt und sich bald den Sozialisten anschließt. Beruflich macht Kersch seine ersten Schritte bei der CFL, wo er sich um die Instandhaltung des Gleisnetzes kümmert.
Der politische Aufstieg beginnt 2005, als er das bisher in CSV-Hand gehaltene Rathaus in Monnerich für die LSAP erobert und vier Jahre später an der Spitze des Gemeindesyndikates Syvicol steht. Auch innerhalb der Partei wächst Kerschs Ansehen – vor allem beim linken Flügel der Partei, den er dem Lëtzebuerger Land zufolge zusammen mit der langjährigen Abgeordneten und Escher Bürgermeisterin Vera Spautz anführt. Spautz und Kersch prangerten auf den Nationalkongressen 2010 und 2011 die Sparpolitik der CSV-LSAP-Regierung an und wollten per Resolution über den Fortbestand der CSV-LSAP-Regierungskoalition entscheiden lassen.
Erst die Rede des damaligen Arbeitsministers Nicolas Schmit schien Kersch zu besänftigen, der seine Opposition aufgab und die Resolution eigenhändig zurückzog – unter ungläubigen und wutenbrannten Blicken seiner Mitstreiterin Vera Spautz. Unter vorgehaltener Hand wird vermutet, dass Kersch erst mit der Aussicht auf einen Posten im Staatsrat „ruhiggestellt“ werden konnte. Einen Posten, den er wenig später dann auch antrat. Bei den Parlamentswahlen 2013 stellt sich Kersch hinter den liberalen Kandidaten der LSAP, Etienne Schneider. Ein Kalkül, das sich schließlich auszahlen sollte. Dan Kersch wird in der ersten Dreierkoalition unter Premierminister Xavier Bettel als Minister für Innere Angelegenheiten und den Öffentlichen Dienst vereidigt.
Der aufbrausende „Macher“
Dass Dan Kersch als „Macher“ bekannt ist, ist nicht zuletzt den Reformen zu verdanken, die er als Regierungsmitglied durchgesetzt hat. So wurde unter Kerschs Ägide die Reform des öffentlichen Dienstes angestoßen. Bei der CFGP war Kersch insgesamt ein gern gesehener Verhandlungspartner, machte Kersch den Staatsbeamten in seiner Karriere doch einige Zugeständnisse. Auch die Reform des Rettungswesens, bei der die freiwilligen Rettungsdienste mit der staatlichen „Protection civile“ im „Corps grand-ducal d’incendie et de secours“ (CGDIS) zusammengeführt wurden, ist unter Kersch angegangen worden.
Neben seiner pragmatischen Art wird Kersch aber auch als aufbrausend, teils cholerisch bezeichnet. Diesen Charakterzügen entspringt wohl auch das, was man als schwieriges Verhältnis zur Presse bezeichnen kann. „Wenn er sich im Recht gefühlt hat, hat er sich auch darauf behauptet“, so der ehemalige Leiter der Politikredaktion Robert Schneider über den LSAP-Politiker. Vorfälle, bei denen Dan Kersch morgens in die ehemaligen Redaktionsräume des Tageblatt in der Kanalstraße stürmte oder sich bei Journalisten am Telefon über die Berichterstattung beschwerte, werden noch heute anekdotisch den neuen Kollegen erzählt.
Reform der Kirchenfabriken
Einen weiteren Abschnitt in Kerschs Minister-Curriculum stellt ohne Zweifel die Reform der Kirchenfabriken dar. Neben einer reduzierten Finanzierung der Glaubensgemeinschaften und der Abschaffung des Religionsunterrichts vollzieht die vom Syndikat der Kirchenfabriken (Syfel) stark kritisierte und von der CSV als ideologisch verschriene Reform der Kirchenfabriken die endgültige Trennung von Kirche und Staat. Dass Dan Kersch mit der Reform den Nerv linker Bewegungen traf, zeigte sich bei der Abstimmung im Parlament. „déi Lénk“ stimmten als einzige Oppositionspartei für Kerschs Gesetzentwurf.
Die zweite Amtszeit von Dan Kersch wurde weitestgehend von der Corona-Krise überschattet, in der sich der Minister für Arbeit und Sport noch einmal in all seinen Facetten zeigte. Zum einen gab sich Kersch zu Beginn der Corona-Krise mit der Einführung der Kurzarbeit pragmatisch, um eine Rezession im Anschluss an die sanitäre Krise zu vermeiden. Die Kurzarbeitsmaßnahmen während der Corona-Krise ließ sich die Regierung Stand September 769 Millionen Euro kosten.
Klassenkampf-Kersch
Dann scheint in Dan Kersch aber wieder das rote Temperament hochgekocht zu sein, als er sich in einem Facebook-Post kritisch gegenüber den „Indépendants“ äußerte. In undifferenzierten Worten stellte Kersch klar, dass er gegen pauschalisierte Hilfen für Selbstständige sei, die mit einem „breiten Grinsen in Ferraris“ herumfahren würden. Aussagen, die einen Aufschrei bei den Vertretern der Selbstständigen auslösten. Die Sympathien, die Kersch sich bei der „Fédération des artisans“, der „Confédération luxembourgeoise du commerce“ und der Horesca durch seine schnelle Hilfestellung anfangs der Pandemie erarbeitet hatte, waren dahin. Punkten konnte er dafür bei den linken Sympathisanten.
Bei seiner Abschiedspressekonferenz mit Romain Schneider und Yves Cruchten spricht Dan Kersch über die ihn plagenden gesundheitlichen Probleme, die ihn schlussendlich zum Rücktritt von seinem Ministerposten bewogen haben sollen. Ob der rasante Aufstieg seines ehemaligen Zöglings Paulette Lenert, Gesundheitsministerin, auch etwas mit seiner Entscheidung zu tun hat, bleibt derweil offen. Die Durchstarterin verbaute dem ehemaligen Vize-Premierminister jegliche Aussichten, selbst als Spitzenkandidat in die nächsten Parlamentswahlen zu gehen. Die Chancen, nach dem Amt des Premierministers zu greifen, sind in der LSAP wohl so groß wie nie zuvor – die von Dan Kersch aber eher verschwindend gering. Er wird jetzt wieder Platz auf der Abgeordneten-Bank nehmen.
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