Editorial / Der Rückgang an Lizenzen im Sport ist eine allgemeine Herausforderung
Mit der Ankündigung der Corona-Lockerung in der letzten Woche, pünktlich zur entscheidenden Phase in den Mannschaftssportarten, gab es in der luxemburgischen Sportwelt ein allgemeines Aufatmen. Doch nicht überall überwiegt die Freude, denn Covid-19 hat deutliche Spuren hinterlassen. Viele hätten schlichtweg die Motivation verloren, so das Fazit von gleich drei großen luxemburgischen Turnvereinen.
Zwei Jahre Pandemie haben eine der wichtigsten Basissportarten des Landes hart getroffen. Eine Aussage, die von Zahlen gestützt wird, die der nationale Verband FLGym im Januar veröffentlichte: So wurde allein bei den Lizenzen in den vergangenen 24 Monaten ein Rückgang von 1.514 verzeichnet, was nicht weniger als 22 Prozent sind. Ein Loch, aus dem einer der größten Sportverbände des Landes so schnell wohl nicht mehr herauskommen wird. Denn in einer Sache waren sich alle Vereinsvertreter, die dem Tageblatt die genauen Lizenzen-Zahlen ihres Klubs zur Verfügung gestellt haben, einig: Die Folgen werden erst in den kommenden Jahren richtig spürbar werden.
So haben gerade in der Gruppe der Espoirs viele Nachwuchstalente ihrem Klub den Rücken gekehrt. Besonders hart traf dies etwa die Espérance Esch, bei der ein Verlust von 67 Prozent an Lizenzen allein in dieser Alterskategorie zu verzeichnen ist. Es ist die Generation, die in den kommenden Jahren in den Seniors-Bereich nachrücken soll. Rein sportlich gesehen dürfte somit eine große Herausforderung warten.
Auch aus finanzieller Sicht sorgt dieser Rückgang für ein großes Loch in den Vereinskassen, immerhin sind die „Subsides qualité +“ an die Anzahl der Wettbewerbslizenzen geknüpft. Jeder Verein erhält für einen lizenzierten Sportler unter 16 Jahren immerhin 150 Euro Beihilfe. Bei einem Minus von 100 Lizenzen fehlen also gleich 15.000 Euro. Für kleinere Klubs nur noch schwer zu stemmen, denn auch im Turnsport greifen viele inzwischen auf mindestens zwei professionelle Trainer zurück, um die geforderten Qualitätsstandards zu erfüllen.
Um die Sportvereine beim Anwerben von neuen Athleten zu unterstützen, hat das Sportministerium im vergangenen Jahr die Aktion „Go to sports“ ins Leben gerufen. Für jede erste Lizenz eines Kindes unter 16 Jahren wurden 50 Euro der Einschreibegebühren übernommen, womit junge Familien entlastet und der Vereinssport für ein junges Zielpublikum interessant gemacht werden sollten.
Ein großer Erfolg, wie Sportminister Georges Engel in der vergangenen Woche in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage feststellte, sodass er eine Fortsetzung nicht ausschloss. Insgesamt sind 5.604 Anträge beim Ministerium eingegangen, auch wenn sich die Gesamtzahl an Genehmigungen noch ändern kann, da sie noch nicht alle überprüft wurden. Immerhin muss es sich um eine erste Lizenz handeln.
Von einem „Tropfen auf den heißen Stein“ und einem „ungemein großen Mehraufwand“ sprechen hingegen die Turnvereine, da die Mehrheit an Anfragen eben keine Erstlizenzen waren, sondern die jungen Sportler bereits im selben oder einem anderen Verein eingeschrieben waren. Konfrontiert war man so vielmehr mit enttäuschten Eltern.
Inwiefern die Aktion „Go to sports“ eine Erfolgsstory war, dürfte auch von Sportart zu Sportart unterschiedlich sein. Fest steht jedoch – so schön es auch ist, neue Talente für den Vereinssport begeistern zu können –, dass die auf dem langen Corona-Weg verloren gegangenen jungen Sportlerinnen und Sportler nicht vergessen werden sollten. Immerhin wurde in der Pandemie die Bedeutung von Sport und Bewegung auch im Gesundheitssektor einmal mehr deutlich.
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