Editorial / Der Schattenboxer Xavier Bettel
Viel spricht inzwischen gegen eine Impfpflicht – nicht gegen die Impfung an sich – und doch macht sich die Regierung Bettel angreifbar.
Paulette Lenert meinte jüngst gegenüber RTL: Eigentlich ist der sogenannte „cordon sanitaire“ ziemlich dead. Stimmt. Wenn die aktuellen Impfstoffe bei den vorherrschenden Virusvarianten nicht mehr vor einer Infektion schützen – wenn auch vor schlimmeren Krankheitsverläufen –, warum dann spezifische Berufsgruppen einem Zwang unterziehen? Justizministerin Sam Tanson meinte jüngst bei einer Pressekonferenz, man solle eine solch brisante Frage nicht politisieren und auf die Verhältnismäßigkeit achten. Stimmt auch. Und dann wäre da Premier Xavier Bettel.
Eigentlich lieferte er sich gestern in der Chamber ein „sans-faute“. Während seit letzter Woche die Expertenansichten von Abgeordneten aller Couleur relativiert und „nuanciert“ wurden (ein Wunder in dieser Pandemie), konnte der Staatsminister gechillt sagen: Medizinisch, juristisch und gesellschaftlich spricht gerade herzlich wenig für die Impfpflicht. Man könnte sogar so weit gehen und ihm zustimmen, dass unsere Gesellschaft die Impfpflicht kaum annimmt, wenn sie im demokratischen Prozess mit 31 zu 29 Stimmen durchgeboxt wird.
Der Haken an der ganzen Geschichte: Man wird den Eindruck nicht los, dass die Impfpflicht-Debatte dann doch nicht so entpolitisiert ist, wie es einen die Regierungsvertreter glauben lassen wollen. Während Kritiker stets mit dem Totschlagargument abgewürgt werden, sie täten dies bloß, um die Impffrage zu instrumentalisieren, spricht die Faktenlage für sich: Auch Premier Bettel kann es einfach nicht sein lassen – er bedient sich genau dieser kritisierten Methode.
Denn das politische Tier kam dann gestern auch aus ihm raus: Nachdem Bettel ursprünglich keine rückblickenden Belehrungen machen wollte, gab es kräftig eins auf die Ohren – und zwar für die CSV. Es habe ja eine Partei gegeben, die Anfang des Jahres nicht nur eine Impfpflicht ab 50 gefordert habe, sondern für alle ab 18 Jahren. Aus heutiger Sicht kann diese Forderung tatsächlich unverhältnismäßig wirken. Nur ist es so, dass zur entpolitisierten Version gehört: le grand absent du débat – die Nationale Ethikkommission – spricht sich, wenn denn eine Impfpflicht hermüsste, für genau diese Impfpflicht ab 18 aus.
So bleibt die Feststellung, dass die unpolitischste Entscheidung ever doch sehr politisch ist. Spätestens, wenn Bettel Expertenszenarien öffentlich schreddert, weil sie eine 100-Prozent-Imfpquote voraussetzen, verlagert er den Schauplatz der Debatte. Seine Kritik, diese Expertenansicht gehe über eine Impfpflicht hinaus, ist die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat: Des Premiers Kampf gegen den vermeintlichen Impfzwang ist politisches Schattenboxen.
- Der Schattenboxer Xavier Bettel - 14. Juli 2022.
- Die Impfpflicht: Wer setzt sich in Luxemburg durch? - 7. Juli 2022.
- Luxemburgs halbherzige Sanktionspolitik - 17. Juni 2022.
Es bleibt ja die Freiheit jedes Einzelnen sich impfen zu lassen. Was das Schattenboxen anbelangt: Sind nicht alle Politiker Schattenboxer? Paradebeispiel die Duracell-Kanzlerin Merkel. Sie änderte doch dauernd ihre Meinung nachdem sie kurz auf den Mob auf der Straße gehört hatte. Wegen dieser Buckelpolitik steht Deutschland heute vor dem Energiedesaster weil „Freund“ Putin seinen Vorteil ausspielt.Unpopuläre Maßnahmen sind so gehasst wie Volksabstimmungen. “ Blood,sweat and tears“ sagte einst Winston Churchill. Es gab eben keinen anderen Weg.Und der Herbst steht schon bald vor der Tür.
DP-Typen sind sowieso alle Schattenboxer,
inklusiv die restlichen politischen Muppets-Showmitglieder.
Der Vorteil beim Schattenboxen, man bekommt keine in die Fresse.
„An eng Garantie kann ech Iech ginn, Här President: datt et mat dëser Regierung an dëser Majoritéit ni zu engem Impfzwang wäert kommen.“ – Dieser Satz unseres Selfie-Premiers gehört nicht nur im letzten Satz eines Editorials, sondern in einem ganzen Editorial auseinandergenommen und zerpflückt und mit früheren Aussagen gegenübergestellt. Beim Bericht über diese Parlamentssitzung diese Aussage als Zitat dann auch noch als Titel zu nehmen, wertet sie ausserdem quasi auf. Den ganz genauen Unterschied zwischen Zwang und Pflicht erklärt zu bekommen, wäre auch schön. Ist bezahlen-müssen-um-arbeiten-gehen-zu-dürfen kein Zwang???
Ein Mensch welcher seine politische Karriere unbedingt und felsenfest als Bürgermeister beenden wollte, welche die Komilitoren aus der Chamber offen als bedauernswerte Wesen bemitleidete, im Nachhinein sich aber seit fast 10 Jahren als Premier in seiner von ihm bemitleideten Truppe rumtummelt… zwischendurch noch eine Plagiataffaire vehement von sich gewiesen hat… dieser Mensch ist nicht glaubhaft, weder privat noch politisch!
Auch ist es schwierig einem Chefredakteur und stv. Direktor folge zu leisten welcher vor nicht allzu langer Zeit auf einer öffentlichen Plattform luxemburgische Parteimitglieder als „vile scumbags“, übelriechende Säcke, betitelt hat.