Uberisierung / „Der Sektor blutet“: „déi Lénk“ will gegen Ausbeutung durch Plattformen vorgehen
Nach Ansicht von „déi Lénk“ ist es höchste Zeit, dass Luxemburg gegen die fortschreitende Uberisierung vorgeht. Die Partei präsentierte am Mittwochmorgen einen entsprechenden Gesetzentwurf, der der Ausbeutung einen Riegel vorschieben soll.
Für Kunden mögen Online-Plattformen praktisch sein, allerdings haben sie auch einen bitteren Beigeschmack. Schon seit Jahren ist die Plattform-Arbeit den Gewerkschaften und einigen Parteien ein Dorn im Auge. Doch seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie habe sich die Plattform-Arbeit in Luxemburg rasant ausgebreitet. „déi Lénk“ lud am Mittwochvormittag zu einer Pressekonferenz ein, um ihren Gesetzentwurf zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattform-Arbeitern zu präsentierten.
„déi Lénk“ hätte ihren Gesetzentwurf bereits im Mai 2022 eingereicht, dieser sei aber seither in einer Schublade verstaubt. Der Entwurf sei noch nicht auf die Tagesordnung des Parlaments gesetzt worden. Arbeitsminister Georges Engel (LSAP) sei dabei, etwas auszuarbeiten, sagt Myriam Cecchetti – wie genau das aussieht, sei ihr jedoch nicht bekannt.
Darüber hinaus wird derzeit eine EU-Direktive zur Regelung der Plattform-Arbeit ausgearbeitet. Die Politiker von „déi Lénk“ glauben, dass sich der Minister hinter dieser Richtlinie versteckt und abwartet, bevor er das Thema aktiv angeht. Zudem sei nicht klar, wann die ohnehin umstrittene EU-Direktive, die ferner nicht den Erwartungen von Luxemburgs Gewerkschaften gerecht werde, letztendlich in Kraft treten werde. „Ist der nötige politische Wille da, um etwas zu tun“ oder wird dieses Problem auf die Zeit nach den Wahlen verschoben, fragt Cecchetti. Ihr Entwurf, der gemeinsam mit der Arbeitnehmerkammer (CSL) ausgearbeitet wurde, liege bereits vor, könne abgestimmt und gegebenenfalls noch angepasst werden.
Eine neue Stufe des Kapitalismus
„Der Sektor blutet“, meint Cecchetti. Betroffen seien in Luxemburg vor allem Lieferanten von Plattformen wie WeDely oder Goosty. Die Plattform-Arbeit dringe aber zunehmend auch in andere wirtschaftliche Wirtschaftsbereiche vor, so Carole Thoma. „Die Plattform-Arbeit ist das Resultat der Arbeitspolitik der letzten Jahrzehnte“, meint die Politikerin. Sie sei „eine neue Entwicklungsstufe“, die es Betrieben ermögliche, durch Outsourcing Geld zu sparen. Schätzungen zufolge arbeiten in Luxemburg 2.000 bis 2.500 Personen für solche Plattformen – darunter viele Migranten.
Schlagworte wie „Ausbeutung“ und „Neofeudalismus“ sollen die dramatische Lage unterstreichen. Das Hauptproblem sei, dass die für solche Plattformen arbeitenden Personen als Scheinselbstständige beschäftigt würden. Sie würden zu Arbeitnehmerbedingungen arbeiten und hätten zusätzlich die Nachteile von Selbstständigen. So würden die Plattformen beispielsweise über den Lohn der Arbeiter entscheiden, das Tragen einer Uniform vorschreiben, die Arbeitszeiten diktieren und die Arbeiter kontrollieren. Zudem könnten die Plattformen den Arbeitern den Zugang zu ihren Funktionen verweigern, was einer Entlassung gleichkomme.
Der Gesetzesentwurf von „déi Lénk“ soll nun die Betroffenen schützen. Das Dokument sehe eine „présomption de contrat“ vor. Demnach sollen Plattform-Arbeiter als Angestellte gelten. Spanien habe bereits ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Sollten die Plattform-Betreiber der Meinung sein, dass ihre Arbeiter nicht als Angestellte anzusehen seien, liege es an ihnen, das zu beweisen. Der Gesetzesentwurf sehe verschiedene Kriterien vor, anhand derer geprüft werden könne, ob es sich bei den Arbeitern um Angestellte oder Selbstständige handele. Es sei vorgesehen, dass die Betroffenen als Arbeitnehmer eingestuft werden, sobald sie auch nur eine der Bedingungen erfüllen.
„déi Lénk“ fordert außerdem, dass die Plattformen künftig das Arbeitsmaterial, wie etwa Fahrräder oder Autos, stellen müssen. Der Entwurf sieht auch eine Regelung des Arbeitsortes vor: Wenn die Person physisch in Luxemburg arbeitet, würde ohnehin luxemburgisches Recht gelten. Wenn eine Person oder ein Unternehmen mit Sitz in Luxemburg eine Dienstleistung in Auftrag gibt, soll für die Dauer der Dienstleistung ebenfalls luxemburgisches Recht gelten.
Darüber hinaus müssten die Rechte von Personaldelegationen im Gesetz verankert werden.
Zusatzlektüre:
– Nicolas Schmit im Interview / Von WeDely bis Uber: „Das muss auch mit Arbeitnehmerrechten funktionieren“
– Editorial / Aushöhlung von unten – warum Plattform-Arbeit reguliert gehört
– Ausbeutung / „Es besteht dringender Handlungsbedarf“: OGBL kritisiert Arbeitsbedingungen bei Lieferplattformen
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