/ Der steinige Weg ins Ausland – Luxemburger Handballer in internationalen Leistungszentren
Immer mehr Nachwuchshandballer suchen den Weg ins Ausland, um sich sportlich weiterzuentwickeln. Ein nicht immer leichtes Unterfangen, doch sicherlich eine wertvolle persönliche Erfahrung, die auch dem Luxemburger Handball zugute kommt.
Von Fernand Schott
Dem Luxemburger Handball geht es sportlich gut, die Meisterschaft ist spannend, die Spitzenmannschaften liegen eng beieinander und liefern sich spannende und hochklassige Auseinandersetzungen. Auch im Europapokal sind die Ergebnisse vielversprechend, immer wieder überstehen die luxemburgischen Vereine eine oder mehrere Qualifikationsrunden.
Auch die Nationalmannschaft ist auf einem guten Weg. Diese Resultate kommen nicht von ungefähr, in den Spitzenvereinen wird schon seit geraumer Zeit hervorragende Arbeit geleistet, auch investieren die Klubs mehr in die Jugendarbeit. Umso erfreulicher, dass jetzt auch einige junge Handballer ihre Ausbildung im Ausland absolvieren.
Die Vergangenheit
Bisher wagten zwar auch einige Handballer den Weg ins Ausland, aber nicht in dieser Form. Der erste war der Düdelinger Roger Schummer, der Ende der 70er-Jahre in Saarlouis spielte. Nur ganz wenige wissen noch, dass der heutige FLH-Präsident Romain Schockmel in der deutschen Bundesliga für den TV Hüttenberg auflief. Er war also der Erste und bisher Einzige, der den Sprung in die erste deutsche Liga geschafft hat. Dann dauerte es bis 2003, ehe Dan Ley vom HBD als Halbprofi in die D2 nach Nancy wechselte und später für Dijon auflief, mit denen er den Sprung in die D1 nur knapp verpasste. Michel Gulbicki wagte den Schritt in die NHL, die höchste Schweizer Liga.
Einer der erfolgreichsten Handballer im Ausland war sicherlich Martin Hummel. Er war Profi bei Concordia Delitzsch in der zweiten Bundesliga und war sogar zweimal Torschützenkönig der Liga. Auch sein Vereinskamerad Eric Schroeder hat den Schritt ins Profilager gewagt. Er spielte zwei Jahre in Rumänien bei Bucavina Suceava.
Auf einem etwas tieferen Niveau liefen Jeff Paulus und Dan Wagner vom CHEV Diekirch in der RPS-Liga für Völklingen auf, genau wie Andy und Ronny Mauruschatt in derselben Liga bei Biewer/Pfalzel. In rezenter Vergangenheit war es dann Martin Muller vom HB Esch, der sein Glück als Profi in der zweiten Bundesliga beim ATV Hamm versuchte, ehe er in die französische D2 nach Nancy wechselte.
Aus Braunschweig zu den Red Boys zurück
Einen kurzen Auslandsauftritt gab es für Yann Hoffmann. Nach knapp sechs Monaten beim deutschen Drittligisten Braunschweig kehrte er zu seinem Heimatverein Red Boys zurück.
Es gab auch bereits einige Spielerinnen, die den Schritt ins Ausland gewagt haben. Chris Poos vom HB Käerjeng war die erste, die vor fast 20 Jahren bei den Trierer Miezen in der zweiten Bundesliga auflief. Danach spielte Yasmine Ley vom HBD bei Bayer Leverkusen in der Regionalliga und bei TuS Lintfort in der zweiten Bundesliga. Auch Jessy Rossi aus Käerjeng hat es in Neunkirchen versucht. Die 21-jährige Nationalspielerin Joy Wirtz vom HB Düdelingen begann ihre Auslandskarriere im Jahr 2017 in Metz, spielte dort in der zweiten Mannschaft in der Nationale 1 und spielt nun in der Nationale 2 bei Koenigsmacker.
Zurzeit ist aber Tina Welter das Aushängeschild des Luxemburger Damenhandballs. Als Käerjeng seine Damenmannschaft aus Deutschland zurückzog, landete sie über Nellingen bei den Trierer Miezen in der zweiten Bundesliga. Doch da die Trierer nicht aufsteigen wollen, geht sie nun beim Ligakonkurrenten Tigers Waiblingen auf Torejagd. Vielleicht klappt es ja mit dem Aufstieg und dem Traum von der ersten Bundesliga.
Aktueller Trend: Leistungszentren
Der Erste, der in jungen Jahren den Weg in ein Handball-Leistungszentrum ging, war Yannick Bardina. Als 15-Jähriger verließ der wurfgewaltige Linkshänder den HB Museldall, um nach Großwallstadt zu wechseln. 2011 wurde er mit der B-Jugend der Großwallstädter deutscher Meister. Fast wäre ihm der Sprung in den Profikader des Bundesligisten gelungen. Doch es kam anders. Er wurde an den TV Lohr ausgeliehen und landete schlussendlich bei der HSG Kahl/Kleinostheim in der Landesliga-Süd. Schade, seine Karriere hatte am Anfang mehr versprochen.
Seit dieser Saison gibt es aber gleich fünf Spieler und eine Spielerin – so viele wie noch nie –, die Sport mit Studium verbinden und seit Beginn der neuen Saison in Handball-Leistungszentren eingeschrieben sind. Dies sind der 17-jährige Düdelinger Joe Schuster und die Berchemer Brüder Luke und Loic Kaysen – zwölf und 17 Jahre alt –, die alle drei in der Handballakademie in Gummersbach eingeschrieben sind.
Vertrag bei der Akademie in Lemgo
Einen Ausbildungsvertrag in der Akademie vom TBV Lemgo bekamen auch Eric Del Rosso (Standard, Jahrgang 2002) und Charel Kirtz (Käerjeng, Jahrgang 2003). Des Weiteren hat die 17-jährige Emily Weis vom HBD einen Vertrag über ein Jahr bei Viborg in Dänemark unterschrieben und trainiert und studiert seit September beim dänischen Erstligisten.
Der 17-jährige Joe Schuster vom HBD ist in der Handballakademie vom Bundesligisten VFL Gummersbach aufgenommen worden. Seit September trainiert und studiert er dort, spielt in der zweiten Mannschaft und in der A-Jugend vom VfL. Er hat sich gut eingelebt, wobei ihm seine Trainer mit vielen Einzelgesprächen sehr geholfen haben. „Ein Traum ging in Erfüllung, ich fühle mich hier sehr wohl, bin gut in die Mannschaft integriert und bekomme in den Partien genug Spielanteile“, sagt Schuster. Er lebt in einer WG und das scheint gut zu klappen.
Die Woche ist natürlich sehr intensiv: „Viermal in der Woche werden wir morgens von der Schule fürs Training freigestellt. Die verpassten Kurse müssen wir jedoch selbstständig nachholen, werden aber dann vom Verein mit Lernhilfen unterstützt. Die Woche über haben wir fünf zusätzliche Trainingseinheiten, zusammen also insgesamt neun und zwei Spiele, die ich absolvieren muss“, erklärt das Handballtalent.
Intensive Trainingseinheiten
Dabei seien die Trainingseinheiten viel intensiver als hierzulande. Da die Konkurrenz groß ist, muss jeder immer 100 Prozent geben, um überhaupt für eine Aufstellung in Frage zu kommen. Schusters Vertrag in der Akademie läuft über ein Jahr, er will aber verlängern und sein Abitur in Deutschland abschließen. Was die Zukunft anbelangt, so kann er sich eine Karriere in Deutschland schon vorstellen, da er dort weitaus mehr Möglichkeiten sieht als in Luxemburg. „Jedenfalls ist dies eine Erfahrung, die mir keiner nehmen kann. Schaffe ich den Schulabschluss und bleibe verletzungsfrei, werde ich natürlich alles daransetzen, um einen Profivertrag zu bekommen“, so Schuster zu seiner Karriereplanung.
Weit weg von zu Hause lebt jetzt die 17-jährige Emily Weis vom HBD. „Ich habe Familie in Dänemark und spreche auch Dänisch. So kam der Kontakt mit Viborg zustande, wo die Unterstützung für die Damenabteilung größer ist als für die Herren. Man hat mir nach einigen Probetrainings einen einjährigen Kontrakt in ihrem Leistungszentrum angeboten, ein Angebot, das ich sofort angenommen habe.“ Weis wohnt ebenfalls in einer WG und versucht, Studium und Handball unter einen Hut zu bekommen. „Es war am Anfang schon schwierig, da alle meine Kurse auf Englisch abgehalten werden. Doch ich habe mich eingewöhnt und es läuft prima.“
Sportlich gesehen war es für das Nachwuchstalent allerdings noch gewöhnungsbedürftiger. „In den Trainingseinheiten geht es viel intensiver zur Sache und das hohe Tempo machte mir am Anfang zu schaffen. Doch ich habe, dank der sehr kompetenten Trainer, schon viel dazugelernt. Auch mit meinen Einsatzzeiten in der U18 bin ich vollauf zufrieden. So kann es weitergehen“, sagt die junge Luxemburgerin und fügt hinzu: „Eigentlich war dieser Versuch nur für ein Jahr geplant, doch hat mir meine Trainerin schon jetzt eine Vertragsverlängerung angeboten. Jetzt spiele ich mit dem Gedanken, weitere zwei Jahre dranzuhängen, damit ich mein Abitur hier in Dänemark abschließen kann. Was dann geschieht, steht in den Sternen. Reicht es, um einen Profivertrag zu erhaschen, bleibe ich. Wenn nicht, komme ich nach Luxemburg zurück und bin um eine wertvolle Lebenserfahrung reicher“, so Emily Weis.
Für den luxemburgischen Handball können sich solche Initiativen nur positiv auswirken. Zu hoffen bleibt, dass die jungen Handballer und Handballerinnen erfolgreich sind und sie einige Nachahmer finden werden.
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