Hinter den Kulissen (2) / Der unsichtbare Dienst am Land: Wie der „Service logistique“ die Chamber am Laufen hält
Der „Service logistique et technique“ der Chamber sorgt dafür, dass sowohl Abgeordnete als auch Verwaltungsbeamte ihrer Arbeit unbesorgt nachgehen können. Sie machen ihre Arbeit dann am besten, wenn niemand sie wahrnimmt.
Marc Weyrich ist niemand, der sich in den Vordergrund rückt. Während das Journalisten-Team des Tageblatt durch die Chamber von einem Termin zum nächsten läuft, sitzt Marc Weyrich hinter seinem Tresen. Erst als den Journalisten von der Presseverantwortlichen ein Kaffee angeboten wird, tritt der Amtsdiener des Luxemburger Parlaments in Erscheinung.
Hinter den Kulissen
Das Parlament besteht nicht allein aus 60 Abgeordneten. Insgesamt arbeiten rund 160 Menschen für die Chamber, und das in den unterschiedlichsten Bereichen. In der Serie „Hinter den Kulissen der Chamber“ stellt das Tageblatt verschiedene Abteilungen des Parlaments vor, die meist nicht so in der Öffentlichkeit stehen und dennoch das gute Funktionieren von Luxemburgs Demokratie garantieren.
Teil 1 der Serie erschien in der Ausgabe vom 27. August und handelte vom „Service Séances plénières“.
„Wir sind überall im Einsatz“, erklärt Marc Weyrich den sehr vielfältigen Arbeitsbereich des „Service logistique et technique“ der Chamber. Alles Material, was in der Chamber benötigt wird, vom Papier bis zur Kaffeebohne, wird von den „huissiers“ verwaltet. „Wir bereiten die Kommissionssäle für die Sitzungen vor, springen ein, wenn mal was schiefläuft.“ Und zu guter Letzt sind die Amtsdiener auch die persönlichen Fahrer für den Chamber-Präsidenten und die Chamber-Delegationen.
Ehre und Privileg
Als wäre das nicht genug, sind die insgesamt sieben Amtsdiener auch während der Plenarsitzungen aktiv. Sie sind die, die in den traditionellen Fracks dem Chamber-Präsidenten und den Abgeordneten etwaige Korrespondenz oder auch mal einen erquickenden Kaffee vorbeibringen. „Wir sind überall vertreten, dürfen aber niemals auffallen“, sagt Weyrich, der es als Ehre auffasst, dazu beitragen zu dürfen, die demokratischen Traditionen in der Chamber aufrechtzuerhalten. „Es ist eine Ehre, im Frack durch das Chamber-Plenum zu schreiten“, ist sich Marc Weyrich seines alltäglichen Privilegs bewusst. „Wie vielen Menschen wird diese Möglichkeit, diese Ehre zuteil?“
Einen richtigen Alltag kennen die insgesamt sieben Parlamentsdiener auch nicht. „Man kann sich morgens ungefähr ausrechnen, wie lange man auf der Arbeit verweilen wird“, sagt Weyrich. „Jedoch nie, was an dem Tag auf einen zukommen wird.“
Als Amtsdiener in der Chamber fehlt es dann auch nicht an Großevents, die einem lange in Erinnerung bleiben. „Jeden Nationalfeiertag in der Philharmonie sind wir involviert“, erklärt Marc Weyrich. Jahr für Jahr ein denkwürdiges Ereignis. Doch auch traurige Anlässe wie etwa der Tod des ehemaligen Großherzogs Jean würden sich für immer in das kollektive Gedächtnis der Amtsdiener brennen. Schon jetzt aber freut sich Marc Weyrich auf den nächsten staatstragenden Termin, der bereits im Oktober ansteht. „Die Lieutenance des Erbgroßherzogs wird ein interessanter Moment“, sagt Weyrich. Dessen Hochzeit habe er leider nicht als Amtsdiener miterleben können.
In vielen Bereichen gefordert
Was es denn braucht, um ein guter Amtsdiener zu sein? – „Ein Grundinteresse an Politik sollte man schon haben“, sagt Weyrich. „Und auch wenn es sich etwas pathetisch anhört, verrichtet man als Amtsdiener in der Chamber einen Dienst am Land.“ Dafür brauche es eine gewisse Flexibilität, Ruhe, Gelassenheit und eine gewisse Improvisationskunst bei allem Unvorhergesehenen. „Hektik ist hier fehl am Platz“, sagt Weyrich. Wenn man jedoch Geduld und eine gewisse Stressresistenz mitbringe, habe man gute Voraussetzungen für den Beruf des Amtsdieners. „Alles andere lernt man schon noch.“
Viel Flexibilität war dann auch in der Corona-Pandemie von Marc Weyrich und seinen Kollegen gefordert. „Wir sind als Chamber in den Cercle umgezogen“, erinnert Marc Weyrich an die schwierigen Bedingungen von vor vier Jahren. Mit dem Umzug mussten die Amtsdiener auch mehr Aufgaben übernehmen. „Wir mussten beispielsweise die Rednerzeiten im Cercle stoppen“, sagt Weyrich. Das informatische System aus der Chamber, das diese automatisch registriert, konnte nicht einfach in den Cercle übertragen werden. Im Großen und Ganzen war es „eine bedrückende Zeit.“
Seitdem aber hat sich viel in der Chamber verändert – unter anderem auch deren Spitze. Im vergangenen Oktober hat Claude Wiseler (CSV) Fernand Etgen (DP) als Präsident der Chamber abgelöst – und zeigt sich sehr reformwillig. So wurde unter Wiseler das Pilotprojekt der öffentlichen Kommissionssitzungen eingeführt. Doch auch auf die Amtsdiener hat der Wechsel einen großen Einfluss. „Die Präsidenten arbeiten alle sehr unterschiedlich“, sagt Weyrich. Für Claude Wiseler hat Weyrich nur lobende Worte übrig. „Er hat eine klare Vorstellung, die er genau so an uns kommuniziert.“ Mehr will der Amtsdiener dann aber auch nicht verraten. Diskretion steht bei Marc Weyrich und allen anderen Amtsdienern an erster Stelle.
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