Gesellschaft / Der Verein Bréck will Barrieren zwischen Generationen beseitigen: Drei Freunde und eine Idee
Der Verein „Bréck“ ist das Resultat einer Idee von Freunden. Drei junge Menschen ziehen die persönliche Begegnung dem Angebot der sozialen Medien vor. Diese Haltung geht auf positive Erinnerungen an die Begleitung durch ältere Menschen beim eigenen Erwachsenwerden zurück. Das hat sie dazu bewogen, „Bréck“ zu gründen mit einer sozialen Mission: den Austausch und Wissensfluss zwischen unterschiedlichen Generationen fördern.
Ayélé Amah-Tchoutchoui (24), ihr Bruder Gregorio Amah-Tchoutchoui (22) und Cristian Baris (27) stammen aus Italien. Ayélé und Gregorio haben einen togolesischen Background, Cristian stammt aus der Nähe von Rom. Alle drei sind „Expats“, erst seit ein paar Jahren in Luxemburg, und sie wollen sich engagieren. „Wir glauben, unterschiedliche Generationen können viel voneinander lernen“, sagen alle drei. Das begründet den Namen des noch jungen Vereins, das luxemburgische Wort für „Brücke“.
Wenn sie so etwas sagen, haben zumindest Ayélé und Cristian dabei die Beziehung zu ihren „Papis“ vor Augen, den Großvätern. Ayélé lernt ihren „Herzens-Opa“ Alvaro nach Workshops in einem Altenheim in Italien kennen. Ein Verein organisiert Workshops und Aktivitäten für Schulkinder und Senioren. Mangels eigener noch lebender Großväter „adoptiert“ sie ihn der Einfachheit halber und unternimmt regelmäßig etwas mit ihm.
Das war in Castelfiorentino, in der Nähe von Florenz, wohin ihre Familie aus Togo einwanderte. Sie ist zu dem Zeitpunkt zwölf Jahre alt. Alle Familienmitglieder haben da schon die italienische Staatsangehörigkeit. Nach Luxemburg kommt sie mit ihrer Familie vor sechs Jahren, der Arbeit des Vaters wegen. In einer „Classe d’insertion pour jeunes adultes“ (Clija) lernt sie Luxemburgisch und Französisch, macht anschließend ihr Abitur und studiert aktuell Jura im letzten Semester an der Universität Luxemburg.
Erinnerungen an den „Herzens-Opa“ beflügeln die Idee
„Die Zeit mit Alvaro war sehr bereichernd für mich“, sagt sie rückblickend. Der Austausch macht etwas mit ihr. „Die Idee, solche Begegnungen über einen Verein möglich zu machen, hatte ich schon länger“, sagt Ayélé. „Aber ich war zu jung und mir fehlte die Expertise.“ Die Zielgruppe ist nicht nur Senioren und Jüngere im Dialog, sondern generell verschiedene Generationen untereinander.
„Ich will nicht nur Barrieren zwischen den Generationen abbauen, sondern Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammenführen“, sagt sie. „Das kann uns Jüngere nur weiterbringen.“ Der im Februar 2024 gegründete Verein wird von der Idee getragen, dass ein intergenerationeller Austausch fruchtbar ist, weil die Lebenserfahrung und Weisheit Älterer den Jüngeren Orientierung geben.
Ihre Lebensweisheit kann helfen, wenn es schwierig wird. Integration ist so ein schwieriges Thema. Alle drei haben sie hinter sich, Ayélé und ihr Bruder Gregorio sogar mehrmals oder sind noch mittendrin. Gregorio ist zuerst skeptisch, als die Schwester mit der Idee kommt. „Wir sind beide noch im Studium, das ist ja auch eine Frage der Zeit“, sagt er. Dass es für einen Verein wie diesen, der intergenerationell arbeiten will, einen Bedarf gibt, bezweifelt er nicht.
Intergenerationeller Austausch ist ein Geben und Nehmen
„Solche Begegnungen sind immer ein Geben und Nehmen“, sagt er. Der Student der Finanzanalytik in Maastricht wird schließlich Mitbegründer. Die Idee ist, wenn die Berührungsängste zwischen unterschiedlich alten Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen abgeschafft sind, erledigt sich auch der Rest wie sprachliche oder kulturelle Barrieren. Das wäre gleichzeitig eine gute Basis zur Integration. So ist zumindest die Hoffnung der Vereinsgründer.
Cristian Baris ist seit drei Jahren in Luxemburg. Ein Jobangebot bringt den Grafik-Designer aus der Nähe von Rom ins Land, aktuell ist er Freelancer. Hier lernt er Ayélé und ihren Bruder kennen. Sie werden Freunde, unternehmen etwas zusammen. Auch er kennt das Gefühl, von seinem Großvater beim Heranwachsen begleitet zu werden. Fahrradfahren, Schwimmen, Ausflüge in die Natur, Fußball …: Es sind gut gehütete Kindheitserinnerungen.
„Ich habe die gleiche Geschichte wie Ayélé mit meinem Großvater“, sagt Cristian. Schon allein deswegen ist er sofort dabei, als die Idee zur Gründung des Vereins konkreter wird. „Ich finde, dass die Kinder und Jugendlichen von heute stellenweise den Kontakt zur Realität verloren haben“, sagt er. „Sie bewegen sich nur noch mit ihren Smartphones durch die Welt.“
Letztendlich soll mit „Bréck“ ein Generationen-übergreifendes Gemeinschaftsgefühl wiederaufleben, das in Zeiten von Social Media droht, verloren zu gehen. Über die verschiedensten Messengerdienste miteinander zu kommunizieren, gewinnt gegenüber persönlichen Begegnungen mehr und mehr an Attraktivität. „Bréck“ will dem etwas entgegensetzen – mit mehr als 280 Zeichen pro Post.
Das erste Projekt
Das erste Projekt, für das „Bréck“ staatliche Förderung beantragt hat, ist der Integration gewidmet. Es geht um junge Menschen, die vor kurzem nach Luxemburg gekommen sind und in den „Classes d’insertion pour jeunes adultes“ eingeschrieben sind. Peer-Tutoren sollen die soziale und akademische Integration dieser Schüler stärken, um Schulabbrüche zu verhindern. Viel Wert wird in der Projektskizze daraufgelegt, dass die Tutoren möglichst dieselbe Sprache wie die Neuankömmlinge sprechen und einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, der sich nicht nur auf Sprachkenntnisse und Lerninhalte konzentrieren soll.
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