EM-Checkpoints / Deutsche Politiker fordern: Grenzkontrollen um ein Jahr verlängern
Die Kontrollen an den deutschen Grenzen nerven Luxemburger und Grenzgänger. Eigentlich sollten die Posten nur für die Dauer der Fußball-EM aufgebaut bleiben. Jetzt fordern deutsche Politiker, dass die Kontrollen verlängert werden sollen.
Deutschland kontrolliert seit EM-Start seine Binnengrenzen. Zum Frust der vielen Pendler auch die nach Luxemburg. Die Kontrollen waren eigentlich für den Zeitraum während der EM angesetzt – vom 7. Juni bis zum 19. Juli. Die offizielle Begründung sind „die hohen Sicherheitsvorkehrungen für die Fußball-EM in Deutschland“, wie das deutsche Innenministerium erklärt hatte. Vor allem „Gewalttäter Sport“ – also Hooligans – und „politisch-motivierte Kriminelle“ sollen an der Einreise gehindert werden. Die 22.000 Bundespolizisten, die an Grenzübergängen, Bahnhöfen und Flughäfen kontrollieren, ahnden aber auch andere Verstöße und Vergehen. Alleine bis zum 27. Juni wurden so 603 offene Haftbefehle vollstreckt und 150 Schleuser vorläufig festgenommen. Zudem wurden 4.659 „unerlaubte Einreisen“ festgestellt.
Kontrollen an der Grenze zu Luxemburg
Die Bundespolizei hat im Zeitraum vom 7. Juni bis 27. Juni 20.092 Personenkontrollen an den Grenzen zu Luxemburg durchgeführt.
Dabei wurde ein Haftbefehl vollstreckt, 133 Personen festgestellt, die die Voraussetzungen für eine Einreise in die Bundesrepublik Deutschland nicht erfüllten, zwei „Risikopersonen mit Fußballbezug“ – also die sogenannten Hooligans – sowie eine Person mit „Bezügen zur politisch motivierten Kriminalität“ ermittelt.
Einige Politiker im Nachbarland hat das offenbar auf den Geschmack gebracht. Bijan Djir-Sarai, Generalsekretär der liberalen FDP – einer Regierungspartei – erklärte Ende Juni in der Bild-Zeitung: „Stationäre Grenzkontrollen haben sich bewährt. Ihre Bilanz kann sich sehen lassen. Das ist ein echter Beitrag, um irreguläre Migration nach Deutschland zu begrenzen. Eine Verlängerung für ein Jahr nach der EM ist daher notwendig.“ Unterstützung findet die Idee auch in der Großregion: Djir-Sarais Parteifreund Oliver Luksic, FDP-Landeschef im Saarland, sagte der Saarbrücker Zeitung vergangene Woche: „Die Verlängerung der Grenzkontrollen ist ein notwendiges Übel, um die irreguläre Migration gezielt einzudämmen.“ Neue EU-Regeln erlaubten Grenzkontrollen von bis zu drei Jahren.
„Effektives Instrument“
Auch der Fraktionschef der FDP im Bundestag, Christan Dürr, findet die Idee gut. Gegenüber der Funke-Mediengruppe erklärte Dürr laut Tageschau.de, dass die Polizeikontrollen dazu führten, „dass wir sehr effektiv diejenigen aufgreifen, die illegal ins Land kommen wollen“. Eine feste Frist, bis wann die Kontrollen laufen sollen, schwebt ihm anders als seinem Kollegen Djir-Sarai nicht vor. Die Kontrollen sollen erst abgeschafft werden, wenn es ein System gebe, dass die EU-Außengrenzen schütze. Sie seien ein „sehr effektives Instrument.“ Das Ziel müsse sein, dass „möglichst gar niemand mehr nach Deutschland kommt, der weder Anspruch auf Asyl noch einen Flüchtlingsstatus hat“, sagte Dürr laut Tagesschau.de.
Die Oppositionspartei CDU ist mittlerweile auch auf den Zug aufgesprungen: „Die Sicherheitslage macht es notwendig, dass die deutschen Grenzen über die Fußball-EM hinaus stärker kontrolliert werden“, sagt der innenpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, am Donnerstag. Nur den intensivierten Kontrollen der Bundespolizei an allen Grenzen sei es zu verdanken, dass während der EM rund 150 Schleuser festgenommen wurden und in rund 3.200 Fällen die Einreise von Personen verhindert werden konnte. „Diese Zahlen zeigen eindrucksvoll, dass unser Land zu seiner eigenen Sicherheit auf die derzeitigen Kontrollen an allen Grenzen nicht verzichten kann.“
„Kontrollierte Grenzen bleiben offene Grenzen“
Die Freizügigkeit in der Europäischen Union sei eine große Errungenschaft, sagt Throm. Sie müsse deshalb unbedingt geschützt werden vor Missbrauch durch illegale Migration und Kriminelle. Throm: „Kontrollierte Grenzen bleiben offene Grenzen, mit einem echten Sicherheitsgewinn für die Bevölkerung.“
Die deutsche Gewerkschaft der Polizei hält ihrerseits Grenzkontrollen über die EM hinaus für nicht möglich. Die Bundespolizei habe weder das Personal noch die Ausrüstung und ausreichende Mittel, um auch nach dem Ende der Fußball-EM dauerhaft alle deutschen Grenzen zu kontrollieren, sagt ein Sprecher der Gewerkschaft am Samstag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Kontrollen hätten zwar während des Turniers funktioniert, seien aber nicht auf Dauer durchhaltbar.
Der Bundespolizei fehlten demnach in diesem Jahr „bereits 500 Millionen Euro“, sagt der Sprecher. Der Polizeieinheit fehle die nötige Ausrüstung für „flexible moderne Grenzkontrollen mit Überwachungsdrohnen und mobilen Containern“. Die Gewerkschaft fordert deshalb ein „Sondervermögen Innere Sicherheit“.
„Nur ultima ratio“
Das deutsche Innenministerium hat den Forderungen am Sonntag eine Absage erteilt. Die Binnengrenzkontrollen bei der EM seien „nur zeitlich begrenzt als ultima ratio“, zitiert die Bild am Sonntag einen Ministeriumssprecher. Deutschland müsste weitere bundesweite Kontrollen bei der EU anmelden. Das sei aber nicht geplant. Stattdessen soll auch an der Grenze zu Luxemburg in Zukunft das Instrument „Schleierfahndung“ eingesetzt werden. Dieses erlaube, mit gezielten Kontrollen gegen grenzüberschreitende Kriminalität vorzugehen.
Die Debatte wird zwangsläufig wohl auch wieder die Luxemburger Politik beschäftigen. Der Grünen-Abgeordnete Meris Sehovic hat eine parlamentarische Anfrage an Léon Gloden gestellt. Sehovic will vom Luxemburger Innenminister wissen, wie der sich gegen eine eventuelle Verlängerung der Grenzkontrollen einsetzen wolle.
Die Binnengrenzkontrollen hatten für miese Stimmung zwischen Luxemburg und Deutschland gesorgt. Besonders der rund um die Uhr besetzte Checkpoint auf der Trier-Autobahn A64 beim Parkplatz Markusberg erhitzte die Gemüter, weil er lange Staus im Feierabendverkehr zur Folge hatte. Zuletzt hatte sich der Stau auch nicht aufgelöst, sondern nur hinter die Anschlussstelle Trier verlagert, da die Polizei ihren Kontrollpunkt auf den Abschnitt zwischen der Biewerbach-Talbrücke und Ehrang verlegt hatte.
Lesen Sie auch:
- Tornado oder nicht? Jetzt reagiert Meteolux - 2. November 2024.
- Deutschland weist 32 Menschen zurück – aber nur zwei kommen in Luxemburg an - 31. Oktober 2024.
- So bereitet die Polizei Luxemburger Schulen auf den Amok-Notfall vor - 26. Oktober 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos