Stau auf der Autobahn / Deutschland kontrolliert mal wieder an der Grenze zu Luxemburg – Gloden: „Das können wir so nicht akzeptieren“
Die deutsche Bundespolizei kontrolliert wieder die Grenze zu Luxemburg. Der Grund: die Fußball-EM. An vier festen Übergängen werden „potenzielle Störer“ überprüft. Die Maßnahmen sorgen für Verkehrsbehinderungen – und Unmut in Luxemburg.
Die deutsche Bundespolizei packt wieder die Kelle aus: Seit dem 7. Juni kontrollieren Beamte die Grenze zu Luxemburg. An vier Übergängen zum Großherzogtum sind die Polizisten der Bundespolizeiinspektion Trier dauerhaft im Einsatz: Echternach, Wasserbillig und Grevenmacher – und auf der A64 am Ende der Langzeitbaustelle von der Grenze bis zum Parkplatz Markusberg.
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„Bis zum 19. Juli sind vorübergehend Binnengrenzkontrollen wiedereingeführt“, sagte Stefan Döhn am Donnerstag zum Tageblatt. Er ist Sprecher der Bundespolizeiinspektion Trier – der Polizeieinheit, die die Checkpoints aufgebaut hat. Grund für die Kontrollen: die Fußball-EM. Schon bei der WM in Deutschland im Jahr 2006 gab es temporär Grenzkontrollen. „Es sind Sicherheitsmaßnahmen“, erklärte Döhn. „Wir wollen wissen, wer uns in diesen vier Wochen anlässlich der EM besucht.“ Die Bundespolizisten halten deshalb vor allem nach „potenziellen Fußballstörern“ Ausschau.
Aber auch nach anderen „politisch motivierten“ Personen, beispielsweise Terroristen, wird gescannt. Eine spezifische Gefahrenlage gibt es nicht, sagte Döhn. „Das ist allgemein aufgrund von Grundlagenerkenntnissen. Das ist eine Großveranstaltung, die EM.“ Da könne der eine oder andere mit dem Gedanken spielen, einen Anschlag zu probieren oder eine Bombe hochgehen zu lassen. Dauerhaft sind die Kontrollstellen nur an den vier oben genannten Übergängen aufgebaut – am Autobahn-Checkpoint stehen die Beamten sogar rund um die Uhr. „Das bedeutet aber nicht, dass wir die anderen Grenzübergänge nicht bestreifen“, so Döhn. „Wir sind auch noch mobil unterwegs.“
„Stichprobenartig und nicht an den Grenzübergängen“
Die Binnengrenzkontrollen wurden von Bundesinnenministerin Nancy Faeser angeordnet, erklärte Döhn. Und sie wurden auch bei der EU angemeldet. In Luxemburg stoßen sie wegen der Verkehrsbehinderungen aber dennoch nicht auf große Gegenliebe. „Die Information über die Art und Weise, wie besagte Grenzkontrollen im Rahmen der Fußball-EM durchgeführt werden, wurde Luxemburg vor mehreren Wochen von den deutschen Behörden zugestellt“, heißt es aus dem Luxemburger Innenministerium. Bei einem Besuch in Berlin am 22. Mai sei Innenminister Léon Gloden zudem versichert worden, dass die Kontrollen nur „stichprobenartig und nicht unmittelbar an den Grenzübergängen, dafür in einiger Entfernung auf den Zufahrtsstraßen“, durchgeführt würden, „um eine Störung des Verkehrsflusses weitgehend zu vermeiden.“ Das erklärte ein Sprecher aus dem Hause Gloden am Donnerstag gegenüber dem Tageblatt.
Grenzkontrollen im Schengenraum?
Der Schengener Grenzkodex ermöglicht es Mitgliedsstaaten, temporär Binnengrenzkontrollen zu machen, wenn es eine „ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit“ gibt. Das schreibt die EU-Kommission. Die Kontrollen müssen aber als „letzte Maßnahme“ gelten und dürfen nur in „außergewöhnlichen Situationen“ angewandt werden. Zudem müssen sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit respektieren, Umfang und Dauer sollten auf das „zur Abwehr der jeweiligen Bedrohung erforderliche Mindestmaß“ beschränkt sein. Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen ist ein Vorrecht der Mitgliedstaaten. Die Kommission kann eine Stellungnahme abgeben – aber kein Veto einlegen.
Deutschland ist nicht das einzige Land, das derzeit Binnengrenzkontrollen macht. Aus verschiedenen Gründen machen derzeit auch Österreich, Italien, Slowenien, Norwegen, Dänemark, Schweden und Frankreich Kontrollen.
Während der Corona-Pandemie hatte Deutschland die Grenze zu Luxemburg zeitweise geschlossen. Das hatte die Beziehungen zwischen den beiden Ländern nachhaltig belastet.
Stichprobenartig und nicht unmittelbar an den Grenzübergängen? Hier scheint es noch Interpretationsspielraum zu geben. Laut Tageblatt-Informationen haben die deutschen Polizisten sogar direkt auf der Moselbrücke zwischen Grevenmacher und Wellen kontrolliert. Und beim Kontrollpunkt an der A64 wird stellenweise in jedes Fahrzeug geschaut. Gegenüber dem Luxemburger Wort sagte Gloden, das sei so nicht abgemacht gewesen. „Das können wir so nicht akzeptieren.“
Der Polizeisprecher bittet um Verständnis: „Das polizeiliche Ziel steht immer im Vordergrund. Aber wir wollen die Beeinträchtigungen auf ein notwendiges Maß reduzieren.“ Wenn es Stau gebe, würde auch versucht, diesen „abfließen“ zu lassen, indem beispielsweise zehn Minuten lang nicht kontrolliert wird. Was die A64 angeht, sieht sich die Bundespolizei nicht als Stauverursacher: „An der Autobahn gibt es seit Monaten eine Baustelle, sie produziert schon lange Stau“, sagte Sprecher Döhn. „Wir als Bundespolizei produzieren nicht mehr Stau, nur weil wir da oben stehen. Vielleicht dauert es zehn bis 15 Minuten länger.“ Es sei in der Tat so, dass viele Tausend Menschen raus- oder reinfahren, sagte Döhn. „Wir müssen in den vier Wochen ein kleines bisschen um Verständnis werben.“
Léon Gloden hat laut Innenministerium am Donnerstag am Rande des EU-Rates für Justiz und Inneres mit seiner Amtskollegin Nancy Faeser über die Grenzkontrollen gesprochen – „im gemeinsamen Interesse von Luxemburgern und Grenzpendlern“, wie es heißt. Die Bundesinnenministerin hat demnach versichert, „sich darum kümmern zu wollen – im Interesse des Verkehrsflusses an den Grenzübergängen“.
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