Parlament / Die Abgeordneten billigen die schrittweise „Rentrée bis“
Ein Tag, nachdem Schulminister Claude Meisch (DP) auf einer Pressekonferenz Details zur Öffnung des Unterrichts in der Grundschule gegeben hatte, diskutierte das Parlament auf Initiative der Mehrheitsparteien am Mittwoch über die etappenweise Wiedereröffnung des Schulunterrichts und der Betreuungseinrichtungen, zuerst im Ressort-Ausschuss und dann am Nachmittag im Plenum. Fazit der Debatten: Keine Partei spricht sich gegen die „Rentrée bis“ am 25. Mai in der Grundschule aus. Kritik gab es lediglich in Detailfragen. Die Opposition bemängelte insbesondere fehlenden Dialog des Ministeriums mit den anderen Schulpartnern.
Gilles Baum (DP) zufolge würden auch Experten die schrittweise Wiedereröffnung der Schule begrüßen. Er nannte dabei unter anderem den Verband der Kinderärzte. Hausunterricht könne die direkte Interaktion zwischen Lehrer und Kindern nicht ersetzen. Als wichtiges Ziel des schrittweisen Wiedereinstiegs ins Schulleben sowohl im Sekundarunterricht wie auch in der Grundschule nannte Baum einen „sauberen“ Abschluss des laufenden Schuljahres, um eine normale „Rentrée“ im September zu ermöglichen. Die Forderung, das Schuljahr für den ersten Zyklus doch gleich abzuschließen, wies der DP-Sprecher mit der Aussage zurück, in diesen ersten Jahren würden wichtige Grundsteine für die weitere schulische Laufbahn gelegt. Viele Kinder hätten wochenlang kein Luxemburgisch mehr gehört. Dank der ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen würde die Ansteckungsgefahr minimiert. Bei den Primanern habe es bisher gut geklappt.
Man müsse lernen, mit dem Virus zu leben. Die Schule könne nicht bis zum Verschwinden des Virus geschlossen bleiben, so CSV-Fraktionschefin Martine Hansen. Die Wiederöffnung der Schule müsse jedoch gut vorbereitet sein. Dazu gehöre jedoch auch, mit den Personen vor Ort zu reden. Das sei jedoch laut Berufs- und Elternvereinigungen wohl nicht der Fall gewesen. Eine weitere kritische Anmerkung der CSV-Fraktion betraf die wegen der Aufspaltung der Schulklassen zusätzlich benötigten Räumlichkeiten. Wer trage die Verantwortung für die Nutzung von Klassensälen, denen eine offizielle Zulassung fehle?
Anrecht auf Bildung
Die Sorge, die Corona-bedingte Zwangspause könne den Schulerfolg von Kindern aus sozioökonomisch schwachen Schichten schmälern, trieb nicht nur die CSV-Abgeordnete um.
Jeder Tag ohne Schule verstärke die Chancenungleichheit, so die LSAP-Abgeordnete Francine Closener. Es sei richtig, dass die Kinder endlich zurück zur Schule könnten. Jedes Kind habe Anrecht auf Bildung, die Grundlage für Chancengleichheit. Viele Eltern seien mit Homeschooling überfordert. Und das betreffe nicht immer sozial schwache Schichten. Pädagogie sei nun mal eine Wissenschaft. Die soziale Schere dürfe sich nicht noch weiter öffnen. Unentgeltliche qualifizierte Nachhilfe müsse schnellstens eingeführt werden. Jeder Schüler müsse über ein Laptop bzw. Tablet verfügen. Notfalls sollte ihm solches Gerät zur Verfügung gestellt werden.
Closener wies mehrmals auf die wichtige Rolle der Lehrerinnen und Lehrer hin. Nach der Krise sollte man sich Gedanken darüber machen, wie sie von administrativen Hürden befreit werden könnten, damit sie sich ihren Kernaufgaben vollständig widmen könnten.
Auch die grüne Fraktionspräsidentin Josée Lorsché unterstrich die Bedeutung der physischen Präsenz von Kindern und Lehrern in der Schule. Die digitalen Instrumente und Methoden im Schulunterricht wollte sie nicht infrage stellen, doch fehle dem Homeschooling das für die Entwicklung der Kinder wichtige soziale Beisammensein. Hausunterricht verstärke außerdem Ungleichheiten. Kinder, deren Eltern Sprachprobleme hätten, könnten ins Hintertreffen geraten.
Soziale Ungerechtigkeiten
Lorsché wies auf die Gefahr hin, dass beim Homeschooling Kindermisshandlungen nicht festgestellt werden könnten. Das sei zwar kein allgemeines Problem, doch für das betroffene Kind habe dies oftmals lebenslange Folgen. An der Schule sei es, derartige Fälle aufzudecken und zu melden. Auch das sei ein Grund, den Schulbetrieb wieder aufzunehmen.
Fernand Kartheiser (ADR) griff die Kritik mangelnder Dialogbereitschaft mit Lehrergewerkschaften und Elternvereinigung auf. Das sei eine Missachtung anderer Schulpartner, meinte er. Auch die ADR befürworte eine Öffnung der Schulen. Gleichzeitig sollte man den Kindern bzw. den Eltern die Wahl zwischen Schule und Homeschooling lassen.
Laut David Wagner („déi Lénk“) habe die wochenlange Kontaktsperre insbesondere im Schulbereich die bestehenden sozialen Ungerechtigkeiten noch anschaulicher gemacht. Die Schwierigkeiten bei der Umorganisierung des Schulbetriebs heute habe strukturelle Probleme, die es bereits vor der Krise gab, offengelegt. Genannt wurden unter anderem Raumprobleme in der Grundschule.
Sven Clement („Piratepartei“) plädierte für klare sanitäre Richtlinien für den Schulbetrieb. Die Familien müssten darüber ausführlich informiert und etwaige Unsicherheit in Haushalten mit Risikopersonen ausgeräumt werden.
Zufriedener Bildungsminister
Hocherfreut zeigte sich Schulminister Claude Meisch (DP) über den breiten parlamentarischen Konsens. Trotz „unterschiedlicher Detailansichten“ habe niemand die Schließung der Schulen bis zur „Rentrée“ im September gefordert. Meisch wies die Vorwürfe mangelhafter Dialogbereitschaft zurück. Er habe mit Gewerkschaften, Eltern- und Schülervertretungen gesprochen. Aber das reiche einzelnen wohl nicht, meinte er. Die Meinungen würden oftmals weit auseinanderliegen und eine Konsensfindung sei in einem engen Zeitrahmen recht schwer, präzisierte er. Dennoch nehme er die Sorgen von Lehrern und Eltern ernst. Hauptziel sei es, des Schuljahr „sauber abzuschließen“, betonte auch Meisch. Präsenzunterricht werde gebraucht, um das zu Hause Erlernte zu festigen.
Familien, die sich nicht um die Kinder kümmern könnten, weil die Eltern zur Arbeit müssten, würde eine Kinderbetreuung bis am Abend angeboten. Sollten die „Maisons relais“ keinen Platz mehr haben, könnte ein Elternteil für ein Kind zwischen vier und zwölf Jahren weiterhin einen „Congé pour raisons familiales“ beantragen. Meisch erinnerte daran, dass auch Eltern von Kindern bis drei Jahren und von einem Kind, das einer Risikogruppe angehört, Recht auf diesen Sonderurlaub zusteht.
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