Basketball / „Die Chemie stimmt“: Noah Medeot über die derzeitige Siegesserie der Amicale Steinsel
In der Rückrunde, in den letzten sieben Spielen, noch immer ungeschlagen. Neun der letzten zehn Partien für sich entschieden. Die Amicale Steinsel rollt die LBBL der Herren derzeit von hinten auf und ist das Team der Stunde. Für Kapitän Noah Medeot die Belohnung dafür, dass man im Verein auch in schwierigen Zeiten ruhig geblieben ist und hart weitergearbeitet hat.
Gut gelaunt zeigt sich Noah Medeot am Montag, als er sich für ein paar Fragen Zeit nimmt. Rein sportlich braucht sich der Steinseler Kapitän derzeit keine Sorgen zu machen. Nach der Siegesserie der letzten Wochen ist die Amicale auf dem besten Weg, das Ticket für die Play-off-Teilnahme fest zu buchen. Nur noch einen Sieg aus den restlichen vier Spielen der Hauptrunde benötigen die Spieler von Trainer Etienne Louvrier. So beschäftigen ihn zu Wochenbeginn dann auch eher seine Examen, die in der kommenden Woche an der Lunex-Universität anstehen, an der er Sportwissenschaften studiert. „Wenn man sich den Saisonbeginn anschaut, dann haben wir wirklich einen enormen Sprung gemacht. Die Stimmung ist derzeit auch hervorragend, richtig cool“, zeigt sich der Spielführer begeistert.
Im Oktober 2021 sah dies noch ganz anders aus. Steinsel verlor zu Saisonbeginn sieben von acht Partien, galt fast schon als abgeschrieben. Beide Profi-Spieler konnten die Erwartungen, die man in sie setzte, keineswegs erfüllen, auch die beiden „prominenten“ luxemburgischen Neuzugänge, Bobby Melcher und Tom Konen, wirkten wie Fremdkörper inmitten eines sehr jungen Teams. Doch was man bei der Amicale, neben zwei neuen Profis, dringend benötigte, war einfach Zeit. In der letzten Saison konnte der junge Kader immerhin noch ohne großen Druck aufspielen, Absteiger gab es aufgrund der Covid-19-Situation bekanntlich keine. So waren es die Nachwuchstalente rund um den inzwischen 18-jährigen Ivor Kuresevic, die fleißig Spielminuten sammeln konnten. Dass sich das in der neuen Spielzeit ändern würde, war allen bewusst und am Anfang doch schwierig, wie Medeot erklärt: „Im letzten Jahr durften wir alle viel Verantwortung übernehmen, nun mussten sich alle aber erst einmal wieder an die neue Rolle gewöhnen. Klar, dass man da ab und zu auch schon einmal etwas frustriert war.“
Neue Rolle gefunden
Und so setzte man sich in Steinsel zusammen, redete viel und inzwischen hat jeder seine Rolle verstanden und akzeptiert. „Es ist natürlich auch eine Sache der Erfahrung“, unterstreicht der 22-jährige Kapitän. Und so harmoniert das Team in den letzten Wochen auf dem Parkett immer besser. „Es war klar, dass man Zeit braucht, um neue Spieler zu integrieren. Auf dem Parkett stimmt die Chemie und alle versuchen, dort zu helfen, wo man sie braucht.“ Ein goldrichtiges Händchen bewies man bei der Amicale dann auch noch mit der Verpflichtung von US-Spieler Jarvis Williams, einem Mann mit Erfahrung, wie man ihn in Steinsel gesucht hatte. „Er hat auf jeden Fall neuen Wind reingebracht“, bestätigt auch der Spieler mit der Nummer Sechs.
Vor allem im defensiven Bereich hat das Team in den letzten Wochen erhebliche Fortschritte gemacht, wie der Spielführer meint. „Wir wissen, dass Jarvis pro Partie 30 Punkte erzielen kann, Bobby und Tom können auch 20 hinzusteuern. Vor allem Tom wurde in den letzten Partien auch immer besser.“ Doch gerade in der Defense versuchen alle, eine extra Schippe zuzulegen, das hat laut Medeot einen logischen Grund. „Auch die jungen Spieler wissen, dass sie mit einer guten Leistung hier mehr Spielminuten erhalten.“ Und gerade so hielt die Amicale am Freitag mit Ettelbrück einen der stärksten Angriffe der Liga auf 76 Zähler.
Der verkorkste und schwierige Saisonbeginn hat die junge Amicale-Truppe im Nachhinein vielleicht sogar stärker gemacht. Denn eine solche Negativspirale zu überwinden war nicht immer einfach, wie auch Medeot betont: „Wenn jemand sagt, ihm hätte das nichts ausgemacht, stimmt das nicht. Immer wieder verlieren, das tut niemand gerne.“ Dass hinter dem derzeitigen Erfolg harte Arbeit steckt, darauf weist der Amicale-Kapitän dann noch hin: „Das alles kommt sicherlich nicht aus dem Nichts. Wir haben uns zusammengesetzt, viel geredet und uns im Training wirklich den A.… aufgerissen, um jetzt dort zu stehen, wo wir sind.“
Wo genau seine Rolle liegt, weiß der 22-Jährige genau zu erklären: „Offiziell bin ich zwar Kapitän, was mich auch freut, doch auf dem Parkett ist Bobby mit seiner Erfahrung die Bezugsperson.“ Der Status ändert für Medeot eh nichts an seiner Leistung auf dem Parkett, wie er meint: „Ivor und ich versuchen, als sechster und siebter Mann bei unserer Einwechslung noch einmal eine extra Portion Energie mitzubringen. Ich weiß, dass ich nicht der bin, der 20 Punkte macht.“ Seine Teamkollegen noch einmal anspornen, neue Impulse mitbringen, genau mit dieser Rolle ist der Kapitän aktuell sehr zufrieden. In Steinsel stimmt inzwischen die Chemie und somit blickt die Mannschaft nun fest in Richtung Play-offs.
Bruder-Duell
Vielleicht kommt es hier dann zum Aufeinandertreffen mit Bruder Antoine, der Steinsel im Sommer in Richtung des direkten Rivalen aus dem Alzette-Tal, Résidence Walferdingen, verlassen hat. „Am Anfang war ich von seiner Entscheidung schon überrascht, habe sie nicht wirklich verstanden“, meint Noah Medeot. „Wir haben lange darüber geredet, ich verstehe es zwar noch immer nicht, aber böse war ich ihm deswegen nie“, gibt der große Bruder mit einem Lachen zu. Beide haben ein Leben lang gemeinsam in einer Mannschaft gespielt und so war es für Noah besonders in der Pre-Season nicht einfach, Antoine in einem anderen Trikot zu sehen: „Ich habe mir seine erste Partie, ein Testspiel gegen Heffingen, angesehen. Da ist mir klar geworden, dass sich damit auch irgendwie ein Kapitel schließt. Mein Herz hat schon ein wenig geblutet, ihn im blauen Trikot zu sehen.“ Doch auch künftig geben sich die Brüder Ratschläge, was man auf dem Platz besser machen kann, wie der 22-Jährige betont. Und wer weiß, vielleicht läuft das Duo irgendwann auch wieder für das gleiche Team auf. Bis dahin wird vor direkten Duellen schon mal ein wenig „gestëppelt“. Zurzeit steht es im Medeot-Vergleich jedenfalls 1:1. Das Hinspiel entschied die Résidence mit 88:73 für sich, das Rückspiel endete 93:90 zugunsten der Amicale. Doch gerade hier fehlte Noah aufgrund einer Corona-Infektion, die er inzwischen wieder überstanden hat. „Une affaire à suivre“ demnach.
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