Luxemburg / Die „ErwuesseBildung“ hat ein Trauercafé ins Leben gerufen
Trauer hat viele Gesichter: Sie versetzt einen in Schockzustand und kann eine emotionale Krise auslösen. Die meisten Betroffenen wissen nicht, wie sie damit umgehen können. Wer den Weg der direkten Konfrontation wählen möchte, kann das Trauercafé der „ErwuesseBildung“ besuchen.
„Das Trauercafé soll zu einer Art Selbsthilfegruppe werden“, erklärt Laure Simon, Zuständige für das Trauercafé der „ErwuesseBildung“. Sie ist ehrenamtlich in der Sterbebegleitung bei Omega 90 tätig und hat eine Fortbildung in Trauerbegleitung absolviert. Das Treffen findet an jedem zweiten Donnerstag im Monat statt und jeder ist willkommen: Menschen, die selbst trauern, aber auch diejenigen, die Familie und Freunde haben, die in Trauer sind. Das Ziel ist es, Ideen zu sammeln, aus denen später ein Programm entwickelt werden kann.
Beim Trauercafé geht es weniger darum, sich über die eigene Trauer auszutauschen: „Es geht darum, Wege aufzuzeigen, wie Betroffene mit der Trauer leben können“, sagt Simon. Dabei werden die verschiedenen Möglichkeiten aufgezeigt, um den Alltag zu bewältigen, ohne dass die Trauer zu kurz kommt. „Es kann helfen, sich in der Natur zu bewegen, Kunst zu genießen oder sich mit Musik zu befassen.“
Sich mit Ritualen aus anderen Kulturen auseinanderzusetzen oder mit dem Glaubensverständnis verschiedener Religionen, könne genauso helfen, wieder Kraft zu schöpfen. Denkbar sei es auch, Friedhöfe zu besuchen. „Dort können die Trauernden reflektieren, wie wichtig ihnen ein Bezugsplatz zu der verstorbenen Person ist und wie dieser gestaltet werden soll“, erklärt Simon weiter. Dabei gehe es beim Café nicht um die konkrete Umsetzung von all diesen Ideen und Wegen, sondern darum, dass sich die Trauernden mit allen Möglichkeiten auseinandersetzen.
Die erste Angst überwinden
Das zweite Trauercafé findet am 13. Februar statt. Im Januar hat die „ErwuesseBildung“ das erste Treffen organisiert. „Viele haben mich darauf angesprochen, doch es läuft erst langsam an. Es besteht sicherlich eine gewisse Schwellenangst“, sagt Simon. Der zweite Schritt sei, dass die Menschen den Mut haben, um dorthin zu kommen. „Mir ist wichtig klarzustellen, dass niemand sein Innerstes nach außen stülpen muss.“ Jeder kann so viel preisgeben, wie er möchte.
Trauer werde heutzutage immer noch stark verdrängt. Die Gesellschaft befinde sich zurzeit in einer Übergangsphase. Früher, als diese noch stark christlich-katholisch geprägt war, habe es sehr strenge Rituale gegeben, an die sich die Menschen gehalten hätten. Heute wollen die Menschen das nicht mehr. Das sei auch in Ordnung. „Sie wissen nicht mehr, wie mit der eigenen Trauer umgehen und auch nicht mehr, wie und ob sie Bekannten begegnen sollen, die gerade jemanden verloren haben.“ Jemandem, der gerade selbst einen Trauerfall durchlebt, kann das Trauercafé dabei helfen, zu reflektieren, um die einen Mitmenschen nicht zu sehr zu belasten und bei anderen die nötige Unterstützung zu finden.
Trauer versetzt die Betroffenen in einen Ausnahmezustand. Es kann auch passieren, dass die Trauer verdrängt wird. „Falls wir Menschen dabeihaben, die eine persönliche Betreuung brauchen, verweisen wir sie an die richtigen Stellen.“ Manchmal, so Simon, sei es sinnvoll, Trauer für eine gewisse Zeit zu verdrängen, und manchmal gebe es auch keine Alternative. „Ähnlich wie bei Menschen, die im hohen Alter vom Krieg erzählen, kommt die Trauer irgendwann wieder.“ Dann sei es gut, die verschiedenen Herangehensweisen zu kennen und zu wissen, wie das Gefühl verarbeitet werden kann.
Nächster Termin
Das nächste Trauercafé findet am Donnerstag, 13. Februar, von 14 bis 16 Uhr in der „ErwuesseBildung“ statt (5, avenue Marie-Thérèse, Luxemburg).
Nähere Erklärungen zur Trauer und Verdrängung gibt Diplom-Psychologe Andreas Hück des „Service consultation“ von „Omega 90“. „Es gibt Menschen, die zu Beginn der Trauerphase unbedingt funktionieren müssen, wie zum Beispiel junge Eltern.“ Viele würden nach einiger Zeit von einem starken Erschöpfungsgefühl berichten und dass ihnen die Zeit für sich selbst fehle. Auch bei Verlusten in der Kindheit, die nicht aufgearbeitet wurden, würden sich die Folgen irgendwann später zeigen. „Kinder werden oft in der Trauer vergessen“, sagt Hück. Oft werde ihnen die Trauer abgesprochen und es werde ihnen eingebläut, dass sie sich jetzt um die Eltern kümmern müssten. Die Kinder lernten dann die Gefühle zu unterdrücken oder zu verdrängen. Das könne Auswirkungen im Erwachsenenalter oder auf die Bindungsfähigkeit haben.
Zu den einzelnen Phasen der Trauer gebe es verschiedene Theorien. Hier könne auch von spezifischen Aufgaben gesprochen werden, bei denen es darum gehe, ein neues Leben zu entwerfen und darin Fuß zu fassen. Bei Trauer handele es sich nie um einen stringenten Verlauf. „Viele haben das Gefühl, dass es besser geht und dann kommt ein tiefes Loch.“ Trauer und ihr Verlauf sind nun mal ganz individuell.
Weitere Informationen zum Thema gibt es auf omega90.lu und ein PDF zum Trauercafé hier.
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