Österreich / Die FPÖ und ihre Nazi-Nockerl: Affäre um Hitlers Leibspeise überschattet Koalitionsverhandlungen
Auf dem Weg ins Kanzleramt wird die FPÖ von ihren braunen Schatten eingeholt. Wieder einmal geht es um eine seltsame Form von Food-Porn – das Posten von Eiernockerl mit grünem Salat.
Das traditionelle Gericht ist in österreichischen Wirtshäusern kaum noch zu bekommen. Freunde traditioneller Hausmannskost nehmen lange Wege für eine Portion handgemachter Eiernockerl in Kauf. Manche allerdings überkommt die Nockerllust nur an einem Tag im Jahr, wobei das Datum gegen eine bloß lukullische Triebhaftigkeit spricht: Am 20. April, dem Geburtstag des angeblich nach Eiernockerl mit grünem Salat süchtigen Adolf Hitler, poppen auf Facebook die Eiernockerl-Bilder auf.
Führer-Geburtstagsessen
Nicht selten sind es FPÖ-Funktionäre aus der dritten Reihe, die den Führer-Geburtstag mit einem Eiernockerl-Posting begehen. Da diese C-Promis mit höchstens lokaler Bedeutung unter dem medialen Radar posten, folgt die Empörung oft mit Zeitverzögerung. Die Plattform „Stoppt die Rechten“ hat wohl auch einen günstigen Zeitpunkt für die Veröffentlichung ihres Rückblicks auf die Eiernockerl-Gelage am letzten, neun Monate zurückliegenden Hitler-Geburtstag gewählt. Am Sonntag werden in Niederösterreich die Gemeinderäte neu gewählt, wobei der Höhenflug der FPÖ eine Fortsetzung finden dürfte.
Spannend und angesichts der in Wien laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ überregional beachtet wird das Ergebnis in der Kleinstadt Gänserndorf, das die Plattform als blaue Eiernockerl-Hochburg enttarnt hat. „Heute bei uns vegetarisch – Eiernockerl und grüner Salat“, hatte die dortige FPÖ-Spitzenkandidatin Gisela Offenbeck am 20. April 2024 samt entsprechendem Food-Pornpic gepostet. Nicht zum ersten Mal.
„Ab in die Gaskammer …“
Schon 2019 hatte sie die Welt via Facebook wissen lassen, dass sie mit ihrem Ehemann Peter „Eiernockerl mit Salat“ genieße. Der Gespons schrieb im Kommentar dazu: „Heute schmecken die am besten.“ Warum Eiernockerl gerade am Führer-Geburtstag besonders munden, blieb unbeantwortet. Den Verdacht, es hätte etwas mit einer gewissen Neigung des Blauen zum Braunen zu tun, könnte ein Posting vom 31. Dezember 2020 nähren. Damals, am Höhepunkt der Corona-Pandemie, schrieb Offenbeck in einer Facebook-Gruppe über den grünen Gesundheitsminister Rudolf Anschober: „Ab in die Gaskammer, wir sind das freie Volk.“
Im darauffolgenden April war das Ehepaar wieder einschlägig auf dem Foodporntrip: „Wer arbeitet muss auch essen … heute bei uns Eiernockerl mit grünem Salat. Mahlzeit“, postete Gisela am 20. „Hatten wir auch is ja Pflicht an so einen Ehrentag“ (sic), schrieb ein gewisser René Lorenz in den Kommentar. Er ist neben der Spitzenkandidatin und deren Mann ebenfalls auf der Gänserndorfer FPÖ-Liste.
Die Plattform hat Anzeige erstattet, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Die Rechtslage ist ziemlich klar, auch wenn für alle Genannten die Unschuldsvermutung gilt. Es gibt bereits Präzedenzfälle. 2021 war ein nach seinem Eiernockerl-Posting am 20. April aus der FPÖ ausgetretener Polizist nach dem NS-Verbotsgesetz zu bedingter Haft und einer Geldstrafe verurteilt worden.
Politische Konsequenzen gibt es bislang nicht. FPÖ-Chef Herbert Kickl schweigt ebenso zur Eiernockerl-Affäre wie ÖVP-Chef und Vizekanzler in spe Christian Stocker.
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