Belval / Die Gebläsehalle: ein unbestrittenes Emblem der Industriekultur und (noch) ohne Zukunft
Die Geschichte der Gebläsehalle ist bewegt und lang. Schon immer hat die Zukunft des Gebäudes, das im Zuge des Niedergangs der Stahlindustrie seine Bestimmung verloren hatte, interessiert. Zwischen Abriss und Denkmal wird seit vielen Jahren alles Mögliche diskutiert. Entschieden ist: nichts. Auch die jüngste Antwort des Bautenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage zur Zukunft bringt wenig Neues.
Die Gebläsehalle ist nicht irgendein Gebäude. Es ist ein riesiges Gelände, bedeutungsschwanger noch dazu. „Es geht um unsere Geschichte, den Schutz als Denkmal und reelle Bedürfnisse“, fasst Sam Tanson die Bedeutung zusammen. Sie ist Abgeordnete von „déi gréng“ und zusammen mit Parteikollege Meris Sehovic die Autorin der letzten parlamentarischen Anfrage vom 31. Mai 2024, die jetzt beantwortet wurde.
Als ehemalige Kulturministerin hatte sie das Dossier auf dem Tisch – wie die Minister vor ihr. Ein letztes Mal blüht das Gebäude während der Ausstellung „All we need“ im Kulturjahr 2007 auf. Danach dient sie kurzfristig der „Police grand-ducale“ als Lager oder „Fourrière“ für abgeschleppte Autos. Seitdem passiert außer Studien, parlamentarischen Anfragen und Gedankenspielen zur zukünftigen Verwendung nichts.
2011 hält die damalige Kulturministerin Octavie Modert (CSV) fest, dass das Gebäude als Zeuge der hiesigen Stahlindustrie erhalten bleiben müsse. Modert gibt damals eine Studie zu den Nutzungsmöglichkeiten in Auftrag. Es ist eine von vielen, die folgen. Für den Erhalt und für eine Nutzung zur Kulturhauptstadt „Esch 2022“ kämpft auch der Gemeinderat der Stadt Esch.
Viele Studien, viele Pläne
Vor allem Ex-Bürgermeisterin Vera Spautz (LSAP) engagiert sich, obwohl die Nichtnutzung des Gebäudes wegen Sicherheitsmängeln für das Kulturhauptstadtjahr 2022 nicht mehr zu ändern ist. Immer wenn die Rede von Abriss kursiert, ruft das die „Amicale des hauts-fourneaux A et B de Profil-Arbed Esch-Belval“ und heftige Reaktionen auf den Plan. Gleichzeitig entstehen Pläne, die 160 Meter lange, 72 Meter breite und 28 Meter hohe Halle neu zu nutzen.
Ein Konzept für alternative und gemeinschaftliche Wohn- und Arbeitsformen entwickelt die „Iko Real Estate“ 2019 und aus einem der bisher acht Workshops „HallzWeNeed“ des „Centre national de la culture industrielle“ (CNCI) gehen Ideen hervor. Sie reichen von Lager und Galerien für Kunstwerke und Räume für öffentliche Verwaltungen, Institutionen und Vereinigungen bis hin zu Ateliers für Künstler und Musiker oder kreative Räume für Studenten.
Während ihrer Amtszeit als Ministerin beauftragt Sam Tanson zusammen mit Parteikollege François Bausch im Bautenministerium ein Architektenteam, um die Möglichkeiten einer anderen Nutzung auszuloten. Die Abteilung für Geografie und Raumplanung der Universität Luxemburg zerbricht sich den Kopf darüber und legt 2023 Szenarien vor. Unter Berücksichtigung der Bausubstanz reichen sie von einer laut Tanson „Minimalvariante“ bis hin zum Komplettumbau.
Fonds Belval ist am Zug
„Meine Idee war immer, die Halle zu neuem Leben zu erwecken und dabei Wissen, Kultur und Wohnen zu verbinden“, sagt Sam Tanson auf Anfrage des Tageblatt zu den Vorgaben der Studie. Interessenten an einer neuen Nutzung gibt es. Vor allem die Uni.lu selbst signalisiert Platzbedarf für Fachbereiche und Forschung, die Industriekulturschützer vom CNCI würden dort gerne einziehen, um nur zwei Interessenten zu nennen.
„Dieses Gebäude ist ein Emblem auf Belval, es war die Lunge der Stahlindustrie“, sagt Robert Garcia, Sekretär des CNCI. Für ihn wie auch für den Verein ist die Gebläsehalle eine Herzensangelegenheit. „Wenn man nichts unternimmt, verfällt das Gebäude zunehmend“, sagt Garcia. Die neue Bautenministerin Yuriko Backes (DP) bestätigt in ihrer Antwort, die 2023er-Studie zu kennen. Das Kulturministerium ist zukünftig außen vor. Im selben Jahr wechselt die Gebläsehalle per Beschluss des Regierungsrates in die alleinige Verantwortung des Bautenministeriums.
Derselbe Beschluss beauftragt den Fonds Belval damit, ein Bauprogramm zu entwickeln und einen Architektenwettbewerb zu organisieren. „Um optimal auf künftige Großprojekte am Standort Belval reagieren zu können, stellt der Fonds Belval derzeit umfassende Überlegungen zur Programmierung der Stadt der Wissenschaften, der Forschung und der Innovation an“, heißt es in der jüngsten Antwort weiter, die ansonsten vieles offen lässt. Die Gebläsehalle nehme einen besonderen Platz „sowohl auf der Ebene des Standorts selbst als auch als Gravitationszentrum der Agglomeration der Südregion“ ein, heißt es zur Bedeutung weiter.
Vor Ende 2025 bzw. Mitte 2026 rechnet das Bautenministerium jedoch nicht mit Ausschreibungen für ein konkretes Projekt die Halle betreffend. Es ist eine „Kann“-Formulierung, was den Zeitpunkt betrifft. Auch bei der Bürgerbeteiligung will die Ministerin sich nicht festlegen. „Die Größe des Projekts, seine technische Komplexität sowie seine Auswirkungen auf Grundstücke und Finanzen erfordern jedoch eine angemessene Vorbereitung und einen klar definierten Rahmen für den Fall eines partizipativen Ansatzes“, heißt es in der Antwort.
Das aber ist sowohl für Tanson als auch für den CNCI essenziell. „Das Problem bei Belval ist, dass in der Vergangenheit Fehler hätten vermieden werden können, wenn die zukünftigen Nutzer vorher gefragt worden wären“, sagt CNCI-Sekretär Garcia. Die Enthusiasten der Industriekultur veranstalten deshalb den nächsten Workshop im November 2024, es ist dann der neunte, zum Thema Bürgerbeteiligung. Ein genaues Datum steht noch nicht fest. Sam Tanson ist vorsichtig optimistisch. „Ich bin froh, dass das Thema nicht vom Tisch ist“, sagt sie als Mit-Autorin der parlamentarischen Anfrage. „Im übernächsten Jahr könnte es konkret werden.“ Es ist wieder – wie so oft – ein „könnte“ …
Meine Idee war immer, die Halle zu neuem Leben zu erwecken und dabei Wissen, Kultur und Wohnen zu verbindenAbgeordnete von „déi gréng“ und ehemalige Kulturministerin
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