Die Erde pflegen und fair teilen / Die Gemüsebaugenossenschaft „Terra“ betreibt solidarische Landwirtschaft
Immer mehr Menschen legen Wert auf gesunde und nachhaltig produzierte Lebensmittel. Einen eigenen Weg in der Gemüseproduktion geht zum Beispiel die Kooperative „Terra“. „Keine Großhändler, keine Zwischenhändler“, lautet ihre Devise: Das ökologisch angebaute Gemüse geht direkt vom Produzenten zu den Kunden, die ihr wöchentliches Gemüse über einen jährlichen Mitgliederbetrag im Voraus bezahlen.
Es ist ein wahres Paradies für Spaziergänger und Jogger: Das Eicherfeld oberhalb des „Bambësch“ ist eine grüne Oase nur unweit des Stadtzentrums. Es ist ebenfalls der Ort, wo drei junge Menschen – Marko Anyfandakis, Sophie Pixius und Pit Reichert – ihre Idee von nachhaltig produziertem Gemüse verwirklicht haben. 2014 haben sie Terra, die erste Genossenschaft für verantwortungsvolle Landwirtschaft in Luxemburg, gegründet. Terra steht für „Transition and Education for a Resilient and Regenerative Agriculture“. Einen verantwortungsvollen Umgang sowohl gegenüber den Konsumenten als auch gegenüber der Natur haben sie sich auf die Fahne geschrieben.
„Wir haben bei null angefangen“, erzählt Marko Anyfandakis. „Wir hatten nur die Idee, aber weder Kapital noch einen Ort, wo wir sie verwirklichen konnten.“ Da aber offenbar eine Nachfrage nach ökologischem Gemüse aus Luxemburg besteht *, hatten sie das Startkapital von 40.000 Euro relativ schnell zusammen und bei der gleichen Gelegenheit fanden sie auch jemanden, der bereit war, ihnen ein 1,5 Hektar großes Stück Land auf dem „Eecherfeld“ zur Verfügung zu stellen. „Noch bevor wir überhaupt mit der Arbeit anfingen, hatten wir 40 Mitglieder, die uns finanziell unterstützten“, sagt Marko Anyfandakis.
Während sich ein „konventioneller“ Bauer jedes Jahr Sorgen machen muss, ob er auch genug produziert und ob seine Produkte auch Käufer finden, geht Terra, wie alle Betriebe einer solidarischen Landwirtschaft, einen anderen Weg: Hier wird für eine feste Gruppe von Konsumenten produziert. Das sind momentan rund 230 Personen, die Mitglieder der Genossenschaft sind. Sie bezahlen im Voraus einen Mitgliedsbeitrag – laut Webseite 860 Euro im Jahr – und erhalten dafür jede Woche von Ende April bis Dezember einen Korb mit acht bis zehn frisch geernteten Gemüsesorten.
Das System bringt mit sich, dass der Betrieb ohne staatliche Zuschüsse arbeiten kann. Man kann die Initiative auch unterstützen, indem man Anteile der Genossenschaft kauft. Als „co-opérateur“ erhält man zwar kein Gemüse, aber fünf Prozent Zinsen für seine Investition und das Recht, an den Generalversammlungen teilzunehmen.
Artenvielfalt
Im Frühjahr 2014 fingen die Gründer von Terra an, das Stück Land zu bewirtschaften, im Juni des gleichen Jahres gab es die erste Ernte. Rund 300 verschiedene Arten von ungefähr 40 Gemüsesorten baut die Genossenschaft an. Etliche davon findet man nicht im Supermarkt. Die Jahresproduktion beträgt mittlerweile um die 30 Tonnen Gemüse.
Wer sind denn die Mitglieder der Kooperative? Marko Anyfandakis gibt Erklärungen: „Unsere Mitglieder lassen sich in drei Gruppen einteilen. Erstens: die Idealisten, die von Anfang an dabei waren.“ Noch vor der ersten Ernte zählte Terra 40 Mitglieder, die von der Idee einer solidarischen und alternativen Landwirtschaft überzeugt waren. Zu den ersten seien zwei weitere Gruppen von Konsumenten hinzugekommen: „Die, die auf eine gesunde Nahrung Wert legen, und dann noch die ‚Foodies’, die den ausgefallenen Geschmack suchen.“
„Community-Supported Agriculture“ („Agriculture soutenue par la communauté“) nennt man dieses System, das Erzeuger und Verbraucher eng miteinander verbindet und Zwischen- und Großhändler unnötig macht. Die Gemeinschaft schafft zudem soziale Bindungen zwischen den Mitgliedern, die noch durch Aktivitäten wie Workshops und Freiwilligenarbeit verstärkt werden.
Fest „Angestellte“, die einen festen Lohn erhalten, gibt es bei Terra mittlerweile vier. Zu den drei Gründern kam die Gärtnerin Christiane Walerich hinzu. Die Genossenschaft arbeitet auch eng mit der Ackerbauschule zusammen. Jedes Jahr absolvieren zwei Studenten den praktischen Teil ihrer Ausbildung auf dem Eicherfeld. Auch kommen regelmäßig Praktikanten, die für zwei oder drei Monate mehr über diese Art der Landwirtschaft erfahren wollen.
Permakultur
Was Terra noch von anderen landwirtschaftlichen Betreiben unterscheidet, ist die Bewirtschaftung der Erde nach den Prinzipien der Permakultur (dt.: „dauerhafte Landwirtschaft“), wobei es darum geht, die Selbstregulierungsmechanismen der Natur zu kopieren. Die Prinzipien der Permakultur definiert Terra wie folgt: die Erde pflegen, die Menschen respektieren, fair teilen.
Eine ökologische Bewirtschaftung der Erde ist dabei selbstverständlich, auch ohne ein offizielles Öko-Label. Dass keine genmanipulierten Pflanzen und kein chemischer Dünger verwendet werden, liegt auf der Hand. Gedüngt wird mit dem vor Ort produzierten Kompost.
Auch die Schnecken werden nicht mit Chemie bekämpft, sondern mithilfe von Enten, die sich nach etwa zwei Jahren bei Terra angesiedelt haben. „Die Schnecken sind kein Problem, man muss sie als Lösung für das Futterproblem der Enten sehen“, sagt Marko Anyfandakis.
Die Förderung der Biodiversität spielt bei Terra ebenfalls eine wichtige Rolle: Gemüse wird lediglich auf einem halben Hektar angebaut. Auf dem restlichen Hektar gibt es Obstbäume, Kräuter und Blumen. All dies hat auch Tiere angelockt, darunter die bereits erwähnten Enten, aber auch Bienen. Mittlerweile produziert Terra außerdem Honig.
Arbeit gebe es immer, sagt Marko Anyfandakis. Deshalb sei jeder, der mithelfen wolle, willkommen. Nach acht Stunden Arbeit am Tag ist Schluss – denn eine ausgewogene „Work-Life-Balance“ ist wichtig.
Mehr Infos zu Terra finden Sie auf www.terra-coop.lu.
* Laut „Sou schmaacht Lëtzebuerg“ beträgt der Selbstversorgungsgrad bei Gemüse hierzulande lediglich 1,5 Prozent. Der Anteil der Biolandwirtschaft in Luxemburg liegt den Zahlen des Landwirtschaftsministeriums zufolge bei 5,18 Prozent.
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