100 Jahre Parlament der Arbeit / CSL: Die Geschichte, die Versprechen, die Feier, das Buch
Die Salariatskammer vertritt die Interessen von mehr als 600.000 Arbeitnehmern, die im Land arbeiten oder eine Rente beziehen, unabhängig von ihrer Nationalität oder ihrem Wohnort, und stellt damit die wohl demokratischste aller nationalen Institutionen dar. Am Donnerstag feierte die Arbeitnehmerkammer (CSL) sich selbst und ihr hundertjähriges Jubiläum mit einer akademischen Sitzung mit obligatem Büffet sowie der Auflage eines Buches zur Geschichte der Institution. Das Ganze unter der Schirmherrschaft ihrer selbst.
Und wenn die wichtigste Institution der Arbeitnehmer zum „Geburtstag“ lädt, kommen alle. Zur Feier der gerne als Garant des Luxemburger Sozialmodells dargestellten Berufskammer, die nach dem Gesetz zum Einheitsstatut von Arbeitern und Angestellten 2008 in der aktuellen Form ihre Arbeit aufnahm, sich allerdings als Nachfolgerin der ersten gewählten Berufskammern von 1924 definiert, trafen sich denn auch Adel, Politik, Diplomatie, Arbeitgeber und viele Gewerkschafter im europäischen Kongresszentrum auf Kirchberg.
Zu akademischen Sitzungen gehört der passende musikalische Rahmen und dieser reichte vom „Lëtzebuerger Aarbechterlidd“ (Text von C.M. Spoo) über Springsteens „My home town“, von Marc Limpach in „Bei eis doheem“ umgewandelt, bis zur textmäßig leicht angepassten Liverpool-Hymne, die in der CSl-Version „You’ll never work alone“ heißt. Pol Belardi hatte die musikalische Leitung und durfte sich mit seiner hochkarätig besetzten Fünferband inklusive Sängerin Claire Parsons eingangs am „Wilhelmus“ versuchen; manche Dinge ändern sich nie …
Zahlreiche Veränderungen, Anpassungen, Höhen und Tiefen mussten, resp. konnten allerdings die Berufskammern im Laufe der Jahre erleben. Zur hundertjährigen Geschichte der „Chambre des salariés“ erschien denn auch das am Donnerstag präsentierte Werk der beiden Historiker Estelle Berthereau und Denis Scuto (Universität Luxemburg) unter dem Titel „Le Parlement du Travail, Histoire de la Chambre des salariés du Luxembourg (1924-2024), 100 ans au coeur du modèle social luxembourgeois“, das nicht nur in Buchform vorliegt, sondern auch auf der eigens angelegten Internet-Seite der Kammer (csl-100ans.lu) ab kommendem Montag eingesehen werden kann. Während der akademischen Sitzung gingen die beiden Autoren ausführlich auf die Geschichte der CSL ein und brachten den Gästen mittels grafischer Erklärungen und von Marc Limpach und Eugénie Anselin, die auch durch das Programm führten, vorgetragenen Original-Texten und Reden (besonders aus den bewegten Gründungsjahren der Kammer) deren Historie nahe.
Nach den Streiks und vor den Wahlen
Wenige Wochen nach den heftigen Streiks bei Cargolux und Ampacet wurde in den jeweiligen Reden, neben den Verweisen auf die Bedeutung der Institution CSL, der Sozialdialog, das sog. Luxemburger Modell, schon fast beschwörerisch hervorgehoben und die Salariatskammer als Garant eben dieser offensichtlich bedrohten nationalen Abart des Klassenkampfes gelobt.
Die erste Frau an der Spitze der Berufskammer, Nora Back, ging so u.a. auf die Bedeutung des „Parlaments der Arbeit“ mit demokratischem Vorzeigecharakter ein, das eine wachsende Bedeutung in den legislativen Prozessen erfährt. Das Recht, eigene Gesetzesvorschläge einzubringen, die im Parlament behandelt werden, zeige Wirkung. Sie verwies u.a. auf den von der CSL eingebrachten Text zu Internet-Plattformen, der dem Risiko der Ausbeutung von Scheinselbstständigen entgegenwirken soll. Der Luxemburger Kommissar für Beschäftigung der EU-Kommission, Nicolas Schmit – ein weiterer Redner –, sollte die Kammer später ermutigen, diese legislativen Anstrengungen fortzusetzen, auch wenn die Kommission in die gleiche Richtung arbeite.
Back verwies weiter auf die großen Leistungen der Kammer im Bereich der Bildung und Weiterbildung. Das „Lifelong Learning Centre“ (LLLC) der Berufskammer begann 1971 seine Arbeit mit Informatikkursen; heute nehmen rund 12.000 Menschen jährlich an LLLC-Kursen teil. Das Recht auf Weiterbildung, so die Präsidentin, die auch an der Spitze des OGBL steht, der sich zurzeit im Endspurt des Wahlkampfs zu den Sozialwahlen befindet, müsse endlich gesetzlich verankert werden.
Wissenschaftliche Betrachtung der Arbeitsqualität
Der Kampf gegen die zunehmenden Ungleichheiten in der Gesellschaft werde weiter gehen, so Nora Back, und in diesem Kontext bleibe auch die Steuerpolitik ein Thema. Sie unterstrich daneben die Anstrengungen der Kammer im Bereich des Wohlbefindens am Arbeitsplatz, das mit dem wissenschaftlichen Instrument des „Quality of Work Index“ seit mehr als einem Jahrzehnt beobachtet und analysiert wird.
In Steuerfragen, so der noch frische, aber inzwischen bereits heftig in die Kritik geratene Staatsminister Frieden, würden seine und Backs Vorstellungen wohl divergieren; der Ideenwettbewerb, die Debatte zwischen verschiedenartigen Vorstellungen, sei aber eine Stärke der Demokratie. Diese Debatte solle aber organisiert geschehen und der ehemalige Staatsminister Emile Reuter (Rechtspartei und später CSV) habe dies verstanden und mit der Gründung der Berufskammern realisiert. Dass die Kammern wohl eher ein Resultat des Kampfes von Gewerkschaften um Mitbestimmung waren, als das gönnerhafte Streben der Rechtspartei nach Demokratie, scheint dabei mehr als offensichtlich.
Er wolle jedenfalls, so Friedens Versprechen, auf die CSL und ihre Gesetzesvorschläge sowie auf die Gutachten hören und sich den erwähnten Text zur Plattformarbeit schnell anschauen. Die Wirtschaft, so der Premier, müsse nachhaltig wachsen, und jeder solle von diesem Wachstum profitieren, ehe sein Arbeitsminister Georges Mischo ankündigte, während der kommenden fünf Jahre alles zu versuchen, um den sozialen Frieden zu erhalten. Er ging kurz auf die anstehenden Sozialwahlen ein. 50 Beamte seines Ministeriums seien zurzeit damit beschäftigt, die vielen Wahlbögen vorzubereiten, die demnächst an die Wähler versendet werden.
In Zeiten, in denen „reskilling“ und „upskilling“ (Anpassung und Verbesserung der Fähigkeiten) in der Berufswelt wichtiger denn je seien, könne die Bedeutung des Bildungsangebots der Kammer nicht hoch genug eingeschätzt werden, so der Minister.
Einer seiner Vorgänger in dem Amt, der aktuelle EU-Kommissar und Spitzenkandidat der Sozialdemokraten bei der Wahl zum neuen EU-Parlament, Nicolas Schmit, erläuterte seine These, dass die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes während der letzten hundert Jahre stark durch die Arbeit der Kammer geprägt wurde. Europaweit sei das Konzept von Berufskammern dabei nur wenig bekannt; dabei stelle sie eine geeignete Struktur für den Sozialdialog dar. Das ehemalige Luxemburger Regierungsmitglied berichtete, eigentlich habe das Gesetz zur Wahl der Berufskammern 1993 vorgesehen, dass nur Luxemburger teilnehmen dürften; schließlich sei es so abgeändert worden, dass alle Arbeitnehmer mitmachen dürfen (dass eine Klage vor Gericht, die damals von der ASTI unterstützt wurde, zu der Gesetzesänderung führte, darauf machte uns der damalige Präsident Serge Kollwelter im Anschluss aufmerksam).
Schmit zog Parallelen zwischen der Bildungsarbeit der CSL, die 1971 begann, und dem unlängst verstorbenen früheren Kommissionspräsidenten Jacques Delors, der ebenfalls 1971 die berufliche Fortbildung für alle in Frankreich gesetzlich festlegte. Abschließend forderte Schmit die Vertreter der Kammer auf, auch künftig einen kritischen Blick auf die Politik zu werfen, auch auf jene in Brüssel.
Die kommenden Stunden bis Mitternacht gehörten dann den mehr oder weniger sozialpolitisch geprägten Gesprächen der zahlreichen Gäste, an denen kurz auch das Staatsoberhaupt teilnahm, ehe es sich verabschiedete, allerdings ganz ohne „Wilhelmus“.
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Di CSL, nemmen eng Alibi-Organisatio’un wo’u d’Gewerkschaftsbonzen sech een Zo’usatzverdingscht an d’Taesch stiechen.
Mol nach kucken ob den Zo’usatzverdengscht Stei’erphlichteg ass !!
@ Nomi
Oho esou einfach ass et net, den Här vu Biarritz hat sech esouguer extra dofir déplacéiert.