Schon legal oder noch illegal? / Die Hanfgrower stehen in den Startlöchern
Seit vergangenen November bekannt wurde, dass zukünftig vier Hanfpflanzen mit THC pro Haushalt erlaubt sein werden, ist der Verkauf von Growmaterialien förmlich explodiert. Noch machen sich die Grower allerdings strafbar, warnen Experten.
Als Jean-Marie (*) am 1. April 2022 einen Anruf von der Polizei erhielt, wollte er noch bis zum Schluss an einen „Abrëllswitz“ glauben. Doch spätestens als er vor seiner Wohnung im Süden des Landes ankam – wo bereits mehrere Feuerwehrmänner und zehn Polizisten in Uniform auf ihn warteten –, erloschen diese Hoffnungen und ihm wurde klar, dass sein größter Albtraum wahr geworden war. Die Polizei hatte seine Hanfplantage gefunden. Durch einen mangelhaft verschlossenen Behälter waren rund 1.000 Liter Wasser auf dem Fußboden ausgelaufen. Als die ersten Tropfen dann durch die Decke drangen, alarmierte der Nachbar die Feuerwehr. Die verschaffte sich Zutritt zur Wohnung und fand mehr als 100 Hanfpflanzen. Die Wohnung von Jean-Marie wurde durchsucht, er selbst wurde in Untersuchungshaft gebracht. Dort blieb er einen Monat. Die rund 20 Lichtanlagen, die Karbonfilteranlagen und die Pflanzen wurden beschlagnahmt. Mittlerweile ist Jean-Marie wieder auf freiem Fuß und wartet auf seinen Gerichtstermin. Er beteuert, die Hanfpflanzen nicht zum Verkauf angebaut zu haben, sondern lediglich zur Zucht. „Ich habe versucht, meinen eigenen Cannabis-Stamm aus THC und CBD zu züchten. Damit die Selektion ein Erfolg wird, brauche ich eine stattliche Anzahl an Pflanzen. Keine dieser Blüten oder Pflanzen waren für den Verkauf bestimmt. Die Überreste wurden zu Kompost verarbeitet“, sagt er dem Tageblatt. Aus diesem Grund hofft er, dass er seine Lampen und das restliche Material nach seiner Urteilsverkündung zurückerhält. Wie hoch seine Strafe ausfallen könnte, vermag er nicht zu sagen.
Jetzt handelt es sich bei Jean-Marie um einen richtigen Cannabisfanatiker, doch er ist bei weitem nicht allein. Immer mehr Menschen wollen in Luxemburg ihr eigenes THC- haltiges Cannabis anbauen und sind bereit, für die richtigen Growboxen oder Lichtanlagen eine Stange Geld hinzublättern. „Seit Januar werden wir buchstäblich überrannt. Die Menschen wollen ihr eigenes Hanf zu Hause anbauen und sind der Meinung, dass vier Cannabispflanzen pro Haushalt bereits legal sind. Das ist nicht der Fall. Wir müssen die Käufer dann warnen und in ihrem Vorhaben ausbremsen“, erklärt einer der Eigentümer des Growshops „De grénge Léiw“ auf Nachfrage. Vor ein paar Monaten wurde ein Gesetzentwurf auf den Instanzenweg gebracht, der es künftig jedem Haushalt, in dem eine volljährige Person lebt, erlaubt, bis zu vier Cannabispflanzen für den Eigenkonsum anzubauen. Wann dieses Gesetz in Kraft treten wird, ist allerdings noch nicht bekannt.
Folgendes wurde bislang in dem Gesetzentwurf festgehalten: Die Samen – die ebenfalls nur an Erwachsene verkauft werden sollen – können bei ausgewählten luxemburgischen Händlern oder online erworben werden. Eine Maximalgrenze für den Prozentsatz von THC soll es ebenso wenig geben wie eine Mengenbeschränkung für die Samen. Zu einem späteren Zeitpunkt soll die Zucht von Hanfsamen ebenfalls in Luxemburg erlaubt sein. Der Hanf darf im Innen- oder im Außenbereich angebaut werden, allerdings müssen die Parzellen direkt am Wohnhaus liegen, damit die Pflanzen im Falle einer Kontrolle dem rechtmäßigen Besitzer zugeordnet werden können. Der Konsum im öffentlichen Raum soll weiterhin verboten bleiben. Wer mit maximal drei Gramm Hanf erwischt wird, muss in Zukunft 145 Euro Strafe zahlen. Die Blüten werden beschlagnahmt, der Eintrag ins Strafregister entfällt allerdings. Bislang fielen hierfür Geldstrafen zwischen 251 und 2.500 Euro an. Anders sieht es aus, wenn bei einer Kontrolle mehr als drei Gramm Cannabis gefunden werden. In solchen Fällen sollen die allgemeinen Strafprozessgesetze weiterhin gültig sein. Was den „Code de la route“ betrifft, soll noch immer eine Null-Toleranz-Grenze für THC im Blut gelten. Verstöße werden mit zwischen acht Tagen und drei Jahren Haft sowie mit einer Geldstrafe zwischen 500 und 10.000 Euro geahndet. Auch Personen, die Cannabis aus medizinischen Gründen konsumieren, dürfen nicht Auto fahren.
CBD statt THC
Wer über einen künftigen Anbau von vier Cannabispflanzen mit einem gewissen Anteil an THC in den eigenen vier Wänden nach der Legalisierung nachdenkt, der benötigt zuerst einen freien Platz. Ideal wäre ein Zelt von 120 Zentimeter auf 120 Zentimeter. Die Samen sollen dann in vier Töpfe mit einem Fassungsvermögen von je 19 Liter eingepflanzt werden. Experten raten Neulingen, mit einem Zelt mit den Maßen 80 Zentimeter auf 80 Zentimeter zu beginnen und bei der Aufzucht auf sogenannte AutoPots zurückzugreifen. Diese Bewässerungssysteme sind leicht zu bedienen und laufen vollständig automatisiert ab. Timer, Strom und das Geld für eine Pumpe können somit eingespart werden. Das benötigte Wasser wird mittels Wasserdruck aus einem separaten Tank bezogen.
Die Preise für einen geeigneten AutoPot schwanken zwischen 60 und knapp über 200 Euro. Neulinge sollten die Samen in Erde aus dem Baumarkt einbetten. Die Preise für Zelte schwanken ebenfalls. Die Rolle der Sonne übernimmt beim Indoor-Anbau eine Lampe. Energiesparende LED-Lampen haben in den vergangenen Jahren fast alle anderen Lichtquellen verdrängt, da man die anfallenden Stromkosten fast um 50 Prozent zu herkömmlichen Lichtquellen senken kann. „Die Beleuchtung ist das A und O beim Anbau von Cannabis. Hier sollte auf keinen Fall gespart werden“, lautet der Rat aus dem Growshop „De grénge Léiw“.
Die Preise variieren stark und hängen von Größe und Leuchtdauer ab. Am Anfang der Wachstumsphase muss die Beleuchtung 18 Stunden angeschaltet bleiben. Wird der Lichtzyklus mithilfe eines Zeitschalters von 18 Stunden auf zwölf herabgesetzt, schießen die Hanfpflanzen – die sich in der Blüte befinden – extrem in die Höhe. Um den typischen Geruch von Hanf zu überdecken, wird die ausströmende Luft mit einem Aktivkohlefilter gereinigt. Da Hanfpflanzen es weder zu heiß noch zu kalt mögen, muss jedes Anbauzelt über entsprechende Belüftungssysteme verfügen. Die Pflanzen fühlen sich am wohlsten, wenn sie in einer Umgebung zwischen 24 und 28 Grad gedeihen. Die Luftfeuchtigkeit soll bei 50 bis 60 Prozent liegen. Ist alles aufgebaut, unterscheidet sich der Hanfanbau nicht wesentlich vom Anbau von Chilipflanzen. Wer nicht so lange warten möchte, bis das Gesetz in Kraft tritt, der kann mit CBD-Pflanzen anfangen. Gesetzlich sind bereits 40 CBD-Hanfpflanzen pro Haushalt erlaubt, da diese unter das Tabakgesetz fallen.
In einer zweiten Phase, im Zuge einer möglichen Legalisierung, möchte sich das Gesundheitsministerium ein Bild über das Konsumverhalten und die Risiken von Hanf in Luxemburg machen. Zu diesem Zweck soll in den kommenden Monaten eine allgemeine Bestandsaufnahme, was den Konsum von Hanf für den Freizeitgebrauch angeht, erfolgen. Diese Daten sollen dann wissenschaftlich ausgewertet und die Konsumenten über die gesundheitlichen Risiken aufgeklärt werden. Über den professionellen Anbau von Hanf für den Freizeitkonsum sowie dessen Vertrieb wird die Regierung frühestens 2023 entscheiden.
(* Der richtige Name ist der Redaktion bekannt, wurde jedoch umgeändert.)
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