Gastronomie / Daniel Rameau und „La Rameaudière“ bieten deftige regionale Küche an
„La Rameaudière“ in Ellingen-Gare sticht aus dem Einheitsbrei der Systemgastronomie heraus. Französisches Interieur in dezenten Beige-Braun-Tönen prägen die Speisezimmer. Die Karte ist bodenständig, bereichert um französische Finesse. Dafür verantwortlich ist Betreiber Daniel Rameau (69), den alle Mitarbeiter schlicht „Chef“ nennen.
Die Gegend rund um den Kreisverkehr, der den Überlandverkehr zwischen Remich und Mondorf verteilt, liegt abseits. Die davon abzweigende Landstraße zwischen Elvingen und Ellingen könnte einer dieser vielen Schleichwege für Lkws sein. Viel Grün, ein paar Häuser, dahinter leere Landschaft. Uneingeweihte würden hier kein Restaurant wie „La Rameaudière“ vermuten. Wer die Familiengeschichte des Betreibers kennt, sieht Parallelen.
Daniel Rameau ist im Restaurant seiner Eltern am Rande der französischen Stadt Langres groß geworden, hilft schon als junger Mann im Service. Es ist die Zeit, als es die Autobahn Richtung Frankreichs Süden noch nicht gibt. Lkw-Fahrer stärken sich in dem an einer „Nationale“ gelegenen Restaurant auf der Durchfahrt nach irgendwohin. Es ist eines der „Restaurants routiers“, die es damals noch gibt. Die großen Portionen mit deftigem saisonalem Essen bietet der aus Epinal stammende Franzose in seinem Restaurant immer noch an. Der gelernte Koch hat sie mit regionalen Produkten aus Luxemburg verfeinert.
80-Stunden-Woche ohne Stern
Auf Sterneküche hat er so gar keine Lust. Er weiß, wie schwer es ist, die „Etoile“ zu bewahren. Braucht er auch nicht. Arbeit hat er trotz zwei Ruhetagen pro Woche genug. „80 Stunden die Woche“, sagt er. Die Gäste schätzen die Karte, auf der sich immer Fischgerichte finden. Die Vorliebe dafür hat er aus Korsika mitgebracht, wo er als junger Mann zwei Sommersaisons lang kellnert. Im Service ist der Mann mit der fleckenlosen schneeweißen Jacke, die mit seinem Namenszug bestickt ist, immer noch unterwegs. Er berät die Gäste zu den tagesaktuellen Empfehlungen, nimmt die Bestellungen auf. Der Chef ist präsent. Das macht „La Rameaudière“ aus.
Zum Koch lässt er sich erst mit 25 Jahren ausbilden. Da hat er den Umzug des elterlichen Betriebes nach Longwy und viele Stellen als Kellner quer durch Europa hinter sich. In einem Zwei-Sterne-Restaurant in Brüssel macht er seine Ausbildung. „Ich wollte irgendwann mein eigener Chef sein“, sagt er. Seine Frau, eine Luxemburgerin, drängt ihn, danach ins Großherzogtum zurückzukehren. 1979 lassen sie sich in Remich nieder und übernehmen die damalige „Hostellerie des pêcheurs“. Heute ist ein chinesisches Restaurant an gleicher Stelle.
„Zu abgelegen“, hieß es damals
Sieben Jahre später eröffnen sie das Restaurant „La Rameaudière“ – trotz aller Warnungen. „Zu abgelegen“, finden die meisten. Die erste Zeit ist schwer. „Kein Geld und wir haben alle Gäste beobachtet und uns gefragt, sind sie zufrieden, werden sie wiederkommen?“, erzählt er. „Ellingen-Gare war damals kein Begriff.“ Heute ist es umgekehrt. „Ach, das ist doch da, wo das Restaurant ist“, lautet meistens die Antwort.
Die 64 Plätze im Speiseraum und den zwei Salons sind immer gut belegt. Auch an diesem Tag bimmelt das Telefon immer wieder mit Reservierungsanfragen. 98 Prozent der Gäste sind Luxemburger. Mit dem Telefon in der Hand schaut Rameau überall nach dem Rechten, überlässt nichts dem Zufall. Obwohl er mit seinen fast 70 Jahren bereits im Rentenalter ist, denkt er nicht ans Aufhören. Seine zweite Frau ist 15 Jahre jünger. „Das motiviert mich“, sagt er. „Noch sechs, sieben Jahre werde ich weitermachen.“
„Spezialmischung“ und Kurz-Siesta
Er liebt seine Arbeit, bleibt immer freundlich und zugewandt – egal, wie viele Anrufe es sind und egal, wer gerade eine Entscheidung braucht. Gegen den Stress und die vielen Wochenstunden wappnet er sich. Eine Servicekraft bringt ihm seine „Spezialmischung“ aus Mineralwasser, Honig, Zitrone und Ingwer. Er trinkt es mit Eiswürfeln. „Jeden Tag“, sagt er. Aufkommender Müdigkeit begegnet er mit einer kurzen Viertelstunden-Siesta in seinem Büro. Seine elf Angestellten wissen, dass sie den Chef dann nicht stören dürfen und schleichen in dieser Zeit durch das Haus.
Rameau kann sich auf sein Personal verlassen. Eine hohe Fluktuation wie in anderen Etablissements kennt er nicht. Seine beiden Köche sind seit 27 und 15 Jahren bei ihm beschäftigt. Sie verstehen sich blind. Auch die Servicekräfte bleiben im Schnitt fünf bis sechs Jahre oder länger. Das Erfolgsrezept? „Respekt“, sagt er. Er zahlt sie angemessen und macht sechs Wochen Betriebsferien im Jahr. Außerdem will er nicht, dass seine Mitarbeiter 12 oder 14 Stunden am Stück arbeiten. Nachmittags ist das Restaurant geschlossen. Ruhe vor dem nächsten Ansturm für alle.
Seine Mitarbeiter wissen das zu schätzen. Der eine oder die andere stehen in den Startlöchern, um irgendwann einmal zu übernehmen. Deshalb macht er sich keine Sorgen, dass es nach ihm weitergeht. „Das Restaurant ist gut eingeführt“, sagt er. „Gutes Essen mit gutem Service werden immer Leute wollen.“
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