/ „Die kennen das Gesetz nicht“: In Sachen Polizeiregister manövriert sich die Regierung in eine Sackgasse
Die Minister Félix Braz und François Bausch reagieren mit einem Brief auf die Vorwürfe der illegalen Datenbanken, weisen alle Anschuldigungen von sich und fordern jetzt Ruhe. Strafrechtsexperten und Oppositionspolitiker denken jedoch nicht daran.
Montag, 14.54 Uhr. Die Luxemburger Presse erhält eine ungewöhnliche Mail vom staatlichen Informations- und Presseamt. Der Inhalt: ein offener Brief in deutscher Sprache. Der Titel: „Von vermeintlichen ,geheimen Dossiers‘ – eine Klarstellung“. Die Unterzeichner: die beiden grünen Minister Félix Braz und François Bausch.
LINK: Der offene Brief der Regierung als PDF
Es kommt eher selten vor, dass Minister die Form eines offenen Briefs wählen, um sich an die Presse bzw. an die Öffentlichkeit zu wenden. So selten, dass sich niemand in der Tageblatt-Redaktion an eine vergleichbare Aktion erinnern kann. Das ungewöhnliche Vorgehen war dabei nicht mit den Koalitionspartnern abgesprochen und stieß bei der DP und LSAP auf Missmut, wie aus Regierungskreisen zu erfahren ist.
Die beiden Minister Braz und Bausch hielten es jedenfalls für angebracht, im Zusammenhang mit dem umstrittenen Register einiges klarzustellen. Datenschutz sei ihnen wichtig. Und die aktuelle Diskussion um die Datenbanken von Polizei und Justiz sei „sehr ernst zu nehmen“. Aber: Es gäbe „keine ,geheimen Datenbanken‘ bei der Polizei und auch kein ,casier bis‘ in der Magistratur.“ Es handle sich vielmehr um Datenbanken, die „seit jeher öffentlich bekannt“ seien. Es habe zwar zwischenzeitlich rechtliche Probleme gegeben, aber mittlerweile würden die Register auf dem Fundament des „weltweit besten“ Datenschutzgesetzes stehen. Sollte es dennoch wider Erwarten Schwächen geben, müsste man nachbessern.
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Kurz: Alles bestens, die Presse soll sich nicht mehr damit beschäftigen. Um dieser Botschaft auch den nötigen Nachdruck zu verleihen, beenden der Justizminister und der Minister für innere Sicherheit ihre Klarstellung mit einem Satz, den man in manchen Ländern getrost als Drohung aufnehmen würde: „Überflüssige und unhaltbare pauschale Beschuldigungen gegenüber Polizei und Justiz sind für uns nicht hinnehmbar.“
„Die müssen gelöscht werden“
Der Professor für Strafrecht an der Universität Luxemburg Stefan Braum findet sowohl die Form als auch den Inhalt des Briefes äußerst befremdlich. „Ich kann das alles nicht nachvollziehen“, so der Jurist. Braum bleibt bei seiner Analyse, die er bereits vor knapp zwei Wochen dem Tageblatt lieferte. „Es gibt keine Rechtsgrundlage für das Polizeiregister.“ Es sei fast schon karikatural, dass die Regierung stoisch behaupte, alles sei rechtens. „Die kennen das eigene Gesetz nicht“, so der Juraprofessor.
Überflüssige und unhaltbare pauschale Beschuldigungen gegenüber Polizei und Justiz sind für uns nicht hinnehmbar
Félix Braz, Justizminister, François Bausch, Minister für innere Sicherheit
Braum fasst das juristische Problem wie folgt zusammen: Die Regierung bezieht sich in ihrer Argumentation, die solche Datenbanken autorisieren soll, auf das Datenschutzgesetz von August 2018.
Doch dieses Gesetz beinhalte lediglich die Verfahrensvorschriften, die beim Datenschutz zu beachten sind. „Das Gesetz erteilt aber nirgends eine Ermächtigungsgrundlage für ein Polizeiregister.“
Ferner würde Artikel 3 sogar explizit darauf hinweisen, dass ein spezifisches Gesetz vom Parlament verabschiedet werden muss, um Existenz, Zweck und Nutzung einer solchen Datenbank zu autorisieren. „Ohne entsprechendes Gesetz sind die Register von Justiz und Polizei illegal“, so die klare Aussage von Braum. „Da gibt es auch keine Interpretationsmöglichkeit.“
Das heißt im Konkreten, dass sämtliche Daten, mit denen die Justiz gerade arbeitet, sich in einem rechtswidrigen Zustand befinden: „Die müssen gelöscht werden“, so Braum. Der Strafrechtsexperte kann das Handeln der Regierung deshalb nicht nachvollziehen. „Das ist keine Trivialität.“
Was geschieht mit den gesammelten Daten?
Es sei geradezu abenteuerlich, dass die Regierung eine indirekte Autorisierung erfinden würde, um im Nachhinein eine unsaubere Rechtsgrundlage zu verdecken. Seiner Auffassung zufolge müsste in der Not sofort ein zusätzliches Gesetz verabschiedet werden, um einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, damit Justiz und Polizei ihre Arbeit ordentlich ausführen könnten.
Und dann stellt sich noch die Frage, was mit den bisher gesammelten Daten passiert. „Grundsätzlich sind die Daten rechtswidrig erlangt und müssten gelöscht werden“, so Braums Fazit.
Auch der Anwalt und Menschenrechtsaktivist Frank Wies hält die aktuelle Rechtsgrundlage für unzureichend. Er will sich in seiner Analyse weit weniger aus dem Fenster lehnen wie der Juraprofessor, ist jedoch auch der Überzeugung, dass ein Zusatzgesetz den Umgang, die Nutzung und Archivierung dieser Daten klar regeln muss. „Das halte ich für notwendig.“
Geschlossene Opposition
Die Opposition kann über den Brief der beiden Minister nur ihre Verblüffung zeigen. Laurent Mosar (CSV) spricht von einer „Verzweiflungstat, die tief blicken lässt“, Marc Baum („déi Lénk“) fragt sich, ob es nicht „politischer Selbstmord“ ist. Bereits in der vergangenen Woche ist es im Justizausschuss heiß hergegangen. Über dreieinhalb Stunden haben die Parlamentarier den beiden zuständigen Ministern Braz und Bausch sowie der Polizeidirektion und Generalstaatsanwältin Martine Solovieff Fragen gestellt.
Die Polizeidirektion sowie ihr Minister Bausch sollen sich laut Baum dabei kooperativ verhalten haben und an Lösungen interessiert gewesen sein. Braz und Generalstaatsanwältin Solovieff hätten hingegen kategorisch Verfehlungen verneint und überhaupt „kein Problembewusstsein“ gezeigt. Dabei geht die Affäre, die mittlerweile eine staatsrechtliche Dimension hat, in ihrem Ursprung auf einen Zwischenfall in der Staatsanwaltschaft zurück.
Ein Jobanwärter ist laut eigenen Angaben mit Informationen aus dem unbekannten Register konfrontiert worden – eine illegale, aber gängige Praxis, die dem Tageblatt mittlerweile von hochrangigen Juristen der Staatsanwaltschaft bestätigt worden ist.
Präsidentin der Datenschutzkommission wird gehört
Das Wortprotokoll der vergangenen Sitzung soll im heutigen Justizausschuss angenommen und veröffentlicht werden. Zudem soll die Präsidentin der Datenschutzkommission Tine A. Larsson gehört werden, die den Parlamentariern wohl eine ähnliche Analyse darlegen dürfte wie Juraprofessor Stefan Braum.
Ob es allerdings überhaupt zu einer Sitzung kommt, war gestern kurze Zeit fraglich: Denn bar jeder Ankündigung hatte der Präsident des Justizausschusses, Charles Margue („déi gréng“), Generalstaatsanwältin Solovieff sowie die Polizeiinspektion als „Beobachter“ in die Sitzung eingeladen. Ein Verfahren, das mit der Opposition nicht abgesprochen war und für diese ein „absolutes No-Go“ darstellte. „Der Justizpräsident kann doch nicht eigenhändig Aufpasser in die Kommission einladen“, so ein aufgebrachter Mosar. „Wenn das tatsächlich der Fall sein soll, werden wir geschlossen mit den anderen Oppositionspolitikern den Ausschuss verlassen.“ Diese Aussage bestätigte auch Marc Baum.
Auf Nachfrage teilte Ausschusspräsident Margue gestern Abend jedoch mit, dass er die Generalstaatsanwältin wieder ausgeladen habe. Es habe sich um ein Missverständnis gehandelt, so Margue.
Und wie steht der Präsident der parlamentarischen Justizkommission zu der ganzen Affäre um die Datenbanken? „Ich bin kein Jurist und habe auch keine Ahnung von Justiz, aber ich glaube, dass wir im Ausschuss Antworten auf die offenen Fragen finden werden.“
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Soso. Braz und Bausch „fordern Ruhe“. Sonst noch was? Ich bin kein Jurist und masse mir daher nicht an, stante pede beurteilen zu können, ob und falls ja inwiefern der sog. „Casier secret“ gegen Gesetze verstösst oder eben nicht. Da es hier aber um grundsätzliche Bürgerrechte geht, erscheint mir als Bürger und Steuerzahler eine genauere – öffentliche! – Untersuchung des Ganzen angemessen. Also nix mit „Ruhe“. Wir verlangen Aufklärung, keine launigen Macho-Sprüche à la Erdogan. Die passen eh nicht zu diesen beiden Herren.
Genee, géif ech och esou soen. Wuel matt aneren Wieder, mais vum Inhalt hier sollt alles gesot sinn. Elo muss een dann kucken wat dann och konkret vunn Handungen nokënnt.
So wie es dargestellt wird sei im Sommer 2018 durch Datenschutz- und Polizeigesetz alles geregelt worden, das sei auch damals bekannt gewesen und die Chamber hätte schliesslich diese Gesetze auch gestimmt. Wenn das so so wäre, müsste ja – wenn schon nicht in den Gesetzestexten selbst, A.Bodry sprach ja als erster davon diese würden alles „indirekt“ klarstellen (kann ein Gesetz etwas indirekt regeln…?) – zumindest im Exposé des motifs und/oder Commentaire des articles von beiden/einem der beiden Gesetze dies so stehen. Tut es aber nicht. Der Justiz-Fichier („chaîne pénale“) wird einmal als Beispiel (!) erwähnt, die Suche nach „fichier central“ ergibt … nichts. Dafür liest man aber im Schnelldurchgang im Polizeigesetz, da wo es um Datenschutz geht, auf welche externen Datenbanken die Polizei Zugriff hat (Führerschein, CCSS, Handelsermächtigungen, etc.) und wie das geregelt werden soll – aber kein Wort über Polizei-interne Datenbanken. Da wo das SREL-Gesetz wegen Datenschutz abgeändert wird, liest man dann aber interessanterweise von „la partie „recherche“ de la banque de données nominatives de police générale“, auf die der SREL Zugriff hat. Ist das der „fichier central“? Oder noch was anderes?
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Woher nehmen sich die beiden Herren das Recht, im Oberlehrerton, Ruhe in dieser heiklen und undurchsichtigen Angelegenheit zu fordern?
Also, ‚do iwwer‘ hunn se alles gereegelt mä bei eis natierlech erëm net.
https://de.wikipedia.org/wiki/Polizei-IT-Anwendungen
Och wa Leit net veruerteelt oder ugeklot gi sinn, gëtt alles wat en Zesummenhang zum Fall huet do gespäichert.
Och wa keng Uklo gemaach gëtt oder se spéider fale gelooss gëtt.
Wéi mengt Der, dass al Fäll opgekläert ginn?
D’Police gesäit, dass verschidde Leit all Kéier bei ähnleche Verbriechen iergendwéi verwéckelt sinn, sief dat als Zeien, angeblecht Affer, ‚onschëllegen‘ Zuschauer etc.
Da kann een déi beobachten an erausfannen, ob dat tatsächlech dee berüchtegte Massemäerder oder Seriendéif ass.
D’Police weess ganz genee wien zum 250ten reklaméiere kënnt, och wann deen am Accueil an d’Pensioun geet.
Mä wann dat bei eis just e Sammelsurium vun kopéierte ‚Fakte‘ sinn an de Gros ‚règlement de compte‘ mat angebleche ‚Widersacher‘, Ex-Loverë, Noperen an anere ‚Feinden‘ vun deene jeeweilege Polizisten sinn, da muss dat Ganzt natierlech mat Romp a Stomp ausgerott a geläscht ginn.
Grünes Wirken
Wie es aussieht braucht der Polizeiminister sowie der Justizminister und Vizepremier dringend juristischen Beistand in dieser Affäre, vielleicht kann der Präsident der Justizkommission aus der eigenen Partei ja aushelfen.
Die Affäre damals wo Herr Wolter die Presse belehren wollte, hatte wenigsten noch Unterhaltungswert, mit seinen lustigen Pressekonferenzen.
Dazu fehlt den grünen Besserwisser aber anscheinend die gute Figur.
„Die kennen das Gesetz nicht“ Fakt ist , dass keiner der beiden Minister selbst Jurist ist, sie verlassen sich ausschliesslich auf das was ihre Beamten ihnen sagen.
Beide verlassen sich eher auf das Gutachten ihrer Fachberater, hohe Staatsangestellte ( Conseillers de gouvernement ).
Et hue tbis elo nach keen Journalist gesôt, ween do Premier woar, si schoadroderen do erem,da sollen se Emil soen eneret Weng enger Regierung dat Gesetz kom ass.