Editorial / Die Kuschel-Islamisten – Warum wir den Taliban nicht trauen dürfen
Die Taliban haben die Macht in Afghanistan übernommen. Aber statt blutiger Massaker und brutaler Racheaktionen scheint – außer am Kabuler Flughafen – am Hindukusch die Sonne. Menschenmassen begrüßen die neuen alten Herrscher, Guerilla-Kämpfer regeln den Verkehr, Islamisten-Führer kündigen eine „inklusive“ Regierung und eine tolerante Linie gegenüber den Frauen an.
Besonders kurios sind Berichte über die sogenannte „Taliban-Hotline“. Klingelt an der Haustür ein Trupp bärtiger Bewaffneter und fordert Einlass zwecks Plünderung, kann der skeptische Bürger dort anrufen. Hotline-Mitarbeiter informieren ihn dann darüber, ob die Herren vor der Tür tatsächlich zu den Taliban gehören und er Ziel einer legitimen Strafaktion ist. Falls nicht, kommen die „richtigen“ Taliban vorbei. Und dann: Gnade den Ganoven Allah, denn die Islamisten sorgen für Recht und Ordnung.
Geschichten wie diese wurden in der vergangenen Woche eifrig gestreut, nicht zuletzt natürlich von den Taliban selbst. Sie sollen den kleinen Samen Hoffnung im Moralzentrum unseres Großhirns nähren. Jene Idee nämlich, dass das, was derzeit in Afghanistan passiert, Teil eines natürlichen und guten Prozesses ist. Dass die Afghanen froh sind, dass die Hardcore-Islamisten zurück sind – und die Zeiten des Chaos vorbei sind.
Das zeugt von einem Ausmaß an Verblendung, das sich einem die Nackenhaare aufstellen. Ja, die Zeiten des „Chaos“ sind wohl tatsächlich erst einmal vorbei in Afghanistan. Denn es waren die Taliban, die es verursacht haben. Anschlag um Anschlag verübten die Terroristen über die vergangenen 20 Jahre hinweg, um das Land instabil zu halten, schossen mit Mörsern in Wohngebiete, sprengten sich auf Märkten in die Luft, legten Bomben an den Straßenrand. Tausende Zivilisten, Frauen, Kinder starben.
Während ihrer Schreckensherrschaft Ende der 90er-Jahre verübten die Taliban zahlreiche Massaker. Sie zerstörten jahrtausendealte Buddha-Statuen. Sie handelten mit Drogen. Sie gewährten Terroristen-Kollegen wie Al-Kaida Unterschlupf. Die Taliban sind keine rechtschaffenen Gotteskrieger, die das Volk zurücksehnt. Die Taliban sind ein krimineller, von anderen Mächten unterstützter Mafia-Clan, der unter dem Deckmantel des Islamismus die Bevölkerung züchtigt, damit er sich in Ruhe bereichern kann.
Die Diskussionen über die „gewandelten“ Taliban grenzen an Geschichtsrevisionismus. Sie verharmlosten die barbarischen Verbrechen der Terrorgruppe in den vergangenen Jahrzehnten und dass permanente Menschenrechtsverletzungen zu ihrem Grundsatzprogramm gehören. Und ja: Auf Menschenrechte (dazu gehört übrigens auch jenes auf Asyl oder das auf Gleichbehandlung egal welchen Geschlechts) haben auch Menschen in Afghanistan Anspruch.
Das Einzige, was bei den Taliban einen Schritt nach vorne gemacht hat, ist offensichtlich ihre Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit. Denn die weiß sehr genau, dass der „Kuschelkurs“ dem Westen die Möglichkeit gibt, sich mehr oder weniger geordnet und unblutig zurückzuziehen. Bis jetzt hat das nur am Flughafen nicht funktioniert – und da ist die Allianz vermutlich selbst schuld. Die Illusion der geläuterten Barbaren soll dem Westen eine Entschuldigung für seinen unerhörten Selbstverrat liefern.
All den „Ortskräften“, den Oppositionellen, den Gemäßigten und den Frauen wird Schlimmes geschehen, wenn die „Evakuierung“ abgeschlossen ist – und das Auge der Weltöffentlichkeit wieder woanders hinblickt.
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Interessant ist bei solchen Artikel immer, dass vorausschauend über etwas diskutiert wird, was noch nicht passiert ist, nämlich ein bevorstehender Terror der Taliban an der afghanischen Bevölkerung. Mit keinem Wort wird aber der Massenmord der afghanischen Bevölkerung durch beispielsweise amerikanische Soldaten erwähnt! Die vielen abertausende ermordete afghanische Zivilisten durch die USA waren dann wohl nur ein negativer Nebeneffekt? Heuchelei pur solche Artikel! Der gute Westen und der böse Islam. Würden wir mal reflektiert die letzten 100 Jahre betrachten wie viele unschuldige Menschen durch westliche Mächte umgekommen sind und diese Zahl vergleichen mit den Opferzahlen sogenannter „Islamisten“, würde das eine ganze Bandbreite an Heuchelei offenbaren
Die Taliban gehören der Volksgemeinschaft der Paschtunen , wo sogar bei den gemäßigten Mitglieder bestimmte kulturelle Traditionen ,Grenzen nicht überschritten werden. Man lese die Aussagen von G.Mulack, Ex Diplomat, Ex Botschafter in Pakistan , auf NTV nach. Effektiv die Taliban haben vor Jahren an der Macht eine grausame Politik der Macht betrieben . Doch kann man sie aktuell der Barbarerei bezichtigen? Kriege sind kein Honiglecken.Ob nun Bombenattentate,Terror ( früher wohl als Widerstand, Partisanenkrieg bezeichnet ) Attacken gegen den Gegner, das Töten , Kolateralschäden, Zerstörug gehören wohl zu den alltäglichen Dingen jedes Krieges . Einen Krieg überleben, heißt für den Soldaten seine Gegner nicht zu schonen. Was nun die Barbarerei anbelangt , hat die Zeitgeschichte bewiesen Deutschland, Frankreich, Algerien, Vietnam, Jugoslawien,…….. auch als sogenannte demokratische Völker sich dieser schuldig machen können. Hören wir doch auf anderen Kulturen, Völkern unsere demokratischen Werte aufzuzwingen.
@wieder…….“Hören wir doch auf anderen Kulturen, Völkern unsere demokratischen Werte aufzuzwingen.“
Frauen foltern und steinigen, ihnen das Lernen verbieten oder Sport zu treiben das nennt also man Kultur, ist bestimmt auch kein demokratischer Wert. Mir fällt nur noch die Inquisition dazu ein.
@Weber: „ Heuchelei pur solcher Artikel“, schreiben Sie. Ich möchte Ihnen beipflichten und ein Beispiel solch politischen Heuchlertums hervorheben . Seit Jahren klagt unser Herr Außenminister , verschiedene Medien die Siedlungspolitik des Staates Israel an. Allerdings haben Sie jemals ein Wort unseres Außenminister , verschiedener Medien gehört , sie auch die Türkei ihrer Siedlungspolitik in Nordzypern anklagen. Die Türkei siedelt aus der Türkei Bürger nach Nordzypern um, instruiert dort die türkische Politik und macht eine Lösung des Zypernproblems unmöglich. Diese vollendete Tatsache seitens der Türkei wird hingenommen , obschon auch zypriotisch türkische Einwohner diese Politik der türkischen Kolonialisation ablehnen. ( Zu diesem Thema hat Histoire „ Derrière les murs „ eine interessante Reportage gesendet.)
Diese Taliban sind nicht mehr das brutale, mörderische Regime aus den 90ern, dies ist ein ganz neues brutales, mörderisches Regime.
@Grober: Was die westliche Welt heute verpönen tut , wie sie in den ehemaligen Kolonien den dortigen Bewohner ihre Werte , ihre Kultur aufzwang , wird wieder versucht in Unkenntnis der in verschiedenen Ländern herrschenden Traditionen,Kulturen , Religion , unsere Werte , Ansichten durchzusetzen.Mit Ihrer Auffassung wird die Welt wohl nie befriedet.Lernen Sie endlich die Ansichten, die Kulturen, die Traditionen, die Religion anzuerkennen, zu respektieren auch Sie Ihnen nicht passen tut, dann sind wir einen Schritt weiter .Solange keine terroristische, militärische Bedrohung für den Westen besteht , haben wir uns nicht um die inneren Angelegenheiten zu kümmern.Würde das Gegenteil eintreffen ist ein mit aller Wucht gerechtfertigter Militärschlag richtig , aber da heben Sie wieder den Finger der vielen Opfer.Oder würden Sie es tolerieren die Herren Kim , Putin, Lukaschenko , XI in die inneren Angelegenheiten unseres Landes einmischen?
Der Wiedermann antwortet nicht auf die Fragen. Er lebt in seinen Vorstellungen. Und dann noch die besten Diktatoren hier anzuführen, Putin z.B. ist ja der reinste Demokrat, hätte nichts dagegen wenn er uns mal „unterrichten“ würde.
Welche WERTE vetreten denn die Taliban Ihrer Meinung nach, vielleicht die vom heiligen Innozenz?
@Grober:Wer nicht verstehen will, auf seinem Standpunkt harrt, dem ist nicht zu helfen. Ich habe Putin und co nicht als Vorbilder angepriesen , nur die Fiktion in den Raum gestellt, diese Herren würden uns Westler nach ihren Leitlinien umerziehen. Ich lebe nicht in meinen Vorstellungen , ich bin Realist genug einzusehen eine Umerziehung einer anderen Kultur nichts bringt, die Bekämpfung von Guerilla Armeen , ob wie in Vietnam, Kuba, …. für reguläre Interventionsarmeeen unmöglich , mit vielen Verlusten verbunden ist.Auch der Meinung ich bin , bei einer Bedrohung unserer westlichen Welt mit allen verfügbaren Mitteln, Konsequenzen ob Verhandlungen, aber auch atomare Abschreckung ,militärische , geheimdienstliche Intervention unsere Freiheiten zu verteidigen sind Die Nato Staaten haben während des Kalten Krieges mit dieser Taktik sehr gute Arbeit geleistet . Ich habe meinen Teil für Ihre westliche Freiheit während des Kalten Krieges in einer Spezialeinheit beigetragen, aber Afghanistan ist verlorenes Terrain für diese westliche Freiheit.
@Wieder Mann: Das haben wir doch schon an anderer Stelle diskutiert.
Daneben verdrehen sie die Fakten: Die Taliban haben keineswegs (nur) in einer Kriegssituation gewütet. Sie haben ein Terrorregime errichtet, in dem sie – zwei Beispiele sollen genügen – Homosexuelle von Hausdächern warfen und Frauen und Männer steinigten.
Wenn Sie die Befreiung des Landes von diesen Brutalos als kolonialistische Aggression bezeichnen, offenbaren Sie höchst merkwürdige Moralvorstellungen.
Frauen und Kindern Zugang zum Arbeitsmarkt bzw. zu Bildung zu gewähren zeugt offensichtlich von einem besonders düsteren Kapitel kolonialer Geschichte…..
Sie sollten aufhören, in Schächtelchen zu denken, und ihre höchst fragwürdige, anti-westliche Einstellung überprüfen.
Und sich vielleicht informieren, was in Kolonien tatsächlich geschah: Die betroffenen Länder wurden ihrer Rohstoffe beraubt, die Verwaltung der Kolonie direkt von der Kolonialmacht (mit Hilfe von Kollaborateuren) übernommen.
Nichts davon ist in Afghanistan passiert.
Aber richtig ist: In Afghanistan hat die demokratische Welt ihre Schwäche gezeigt. Wobei man sagen muss: Die katastrophale Entscheidung über den Abzug der Truppen geht auf den Willen der Bevölkerung in den Entsendestaaten zurück. Der im Westen dominierende Egoismus pfeift auf das Los der Menschen in anderen Regionen.
Der Niedergang der Demokratien ist in vollem Gang. Von einer satten und egoistischen Bevölkerung beschleunigt.
@grenzgegner: Der Niedergang unserer Demokratien wird beschleunigt weil eine mit sozialistischen Gedankengut durchzogene Gesellschaftsform sich immer mehr breit macht. Was andere Regionen angeht , hat es mich nicht zu kümmern, mir sind unsere Werte und Freiheiten des kapitalistischen Systèmes wichtiger. Mauern und Grenzen können manchmal nicht hoch genug sein, eine Destabilisierung unseres Systems zu schützen. Übrigens Sie liegen falsch mit Ihrer Bemerkung über die Bodenschätze in Afghanistan. Hintergedanke unserer Politik sich diese zu sichern , wie auch China in Relation mit den Taliban angeht. Was Afghanistan angeht , einzig alleine mein Mitgefühl mit den Soldaten der westlichen Allianz ist, die auf Geheiß der Politik ihr Leben , ihre Gesundheit , ihre Zeit in einem unnützen Abenteuer opferten und auch jetzt nach der politischen Misswirtschaft die heißend Kohlen aus dem Feuer nehmen müssen, dies aber bitte sie auch schön nach den Regeln der guten ,fortschrittlichen Befürworter menschengerechter militärischer Interventionen.
@Wieder Mann: Was denn, Sie bedienen eine „Leiche“, um das von Ihnen gepriesene kapitalistische System vor möglicher Kritik in Schutz zu nehmen?
Der „real existierende Sozialismus“ hat zweifelsfrei verbreitet Leid verursacht. Allerdings wurde er vor 40 Jahren zu Grabe getragen.
Nein, der zunehmende Verfall (auch Dekadenz genannt) der westlichen Welt liegt in einem exzessiven Egoismus begründet, von Verfechtern eines solchen auch als „Freiheit“ oder „Liberalismus“ verkauft – was interessiert uns der Rest der Welt, außer vielleicht als Touristen?
Und schon gar nicht interessiert uns das Leid anderer Menschen, die irgendwo gesteinigt oder zu Tode gefoltert werden, denen Bildung, Arbeit und Kultur vorenthalten werden.
Sollen die doch alleine mit ihren Problemen fertigwerden. Denen zu helfen, kann ja nur falsch sein!
Aber wir empören uns, wenn z.B. die Steuern ein paar Euros erhöht werden. Da können wir richtig sauer werden.
Mauern bauen, um uns vor „feindlichen Eindringlingen“ zu schützen?
Das Mittelalter geht nie vorbei! Weder das gesellschaftlich
Sollen die doch zurück in ihr Afghanistan. Was interessiert uns das schon.
Die menschliche Rasse bildet eben keine Gemeinschaft, sondern eine zerstrittene, zänkische Spezies.
Der Westen ist da keine Spur besser. Wie man jetzt weiß.
@grenzgegner: Sie können sich ja mal in die Situation der Jugend hineinversetzen, die sich ohne Uni-Abschluss nichts mehr leisten kann. Und sogar mit Uni-Abschluss muss man noch im öffentlichen Dienst unterkommen. Früher hat ein einziger Mensch sich mit seinem Gehalt noch ein Haus leisten können, heute höchstens noch eine Etagenwohnung, und nicht mal ein Penthouse oder ein Duplex. Zu zweit reicht es noch, aber die Kinder muss man dann in die Ganztagsschule schicken. Ich bleib bei meiner Meinung: Wenn’s so weitergeht, gibt’s Randale.
@Sepp: Ohne das vielleicht zu wollen, stützen Sie ja nur meine Aussage.
Was sind denn die Gründe für die von Ihnen geschilderten Fehlentwicklungen?
Etwa irgendein Sozialismus? Natürlich nicht, dummes Zeug.
Der westliche Materialismus, der Markt, der menschliche Egoismus, der in unserer Gesellschaft leider nur noch bedingt produktiv (zu Investitionen) genutzt wird. Mehr, mehr, und noch mehr…was interessieren uns Andere? Jeder ist sich selbst der Nächste.
Nehmen Sie doch mal die Finanzkrise. Vorher wollten viele Menschen auch mit Lehman mal eben schnell möglichst viel Geld verdienen.
Nachher haben sie gejammert, dass sie bei der Zockerei Geld verloren haben.
Falsches Anspruchsdenken!