ArcelorMittal / Die Lage ist nicht mehr ganz so glänzend wie noch zu Jahresbeginn
Nach einem außergewöhnlich guten Jahr 2021 und weiteren überdurchschnittlich guten Monaten zu Jahresbeginn 2022 hat sich die Lage auf dem Stahlmarkt mittlerweile wieder eingetrübt. Erwirtschaftet hat ArcelorMittal in den letzten drei Monaten nur noch einen Gewinn von rund einer Milliarde Dollar.
Nach einem schwierigen Jahr 2020 liefen die Geschäfte des größten europäischen Stahlherstellers seit 2021 wieder rund. Stand am Ende des Pandemiejahres 2020 noch ein Verlust von 733 Millionen Dollar in den Büchern, so war es Ende 2021 ein rekordträchtiger Nettogewinn von fast 15 Milliarden Dollar.
Auch in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 liefen die Geschäfte weiter überaus gut. Trotz Inflation, Krieg in der Ukraine und rückläufigen Wachstumserwartungen. Es war das beste Halbjahresergebnis seit mehr als zehn Jahren.
Doch damit ist es nun erst mal wieder vorbei. In den Monaten Juli bis September 2022 hat der Konzern Verkäufe von insgesamt fast 19 Milliarden Euro verbucht. Das ist leicht weniger als in den drei Monaten davor und auch leicht weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Zusammengerechnet liegen die Verkäufe in den ersten neun Monaten 2022 (63 Milliarden Dollar) jedoch weiterhin über denen des Vorjahreszeitraums (55,68 Milliarden Dollar).
Umsatz und Gewinn gehen leicht zurück
Noch deutlicher zurückgegangen als der Umsatz ist der Gewinn, wie aus der betreffenden Pressemeldung hervorgeht. Das operative Ergebnis war mit 2,7 Milliarden Dollar nur noch halb so hoch wie in den drei Monaten zuvor. Das Nettoresultat in den vergangenen drei Monaten betrug mit rund einer Milliarde Dollar nur noch ein Viertel des Ergebnisses des zweiten Quartals bzw. des Vorjahreszeitraums. Zusammengerechnet liegt das Nettoresultat in den ersten neun Monaten 2022 nun bei rund 9 Milliarden Dollar, verglichen mit 10,9 Milliarden in den ersten neun Monaten des Jahres 2021.
Die Verschuldung des Konzerns ging derweil weiter zurück. Ende September 2022 lag sie bei 3,9 Milliarden Dollar. Nach der Fusion von Arcelor mit Mittal Steel lag die Verschuldung im dritten Quartal 2008 bei 32,5 Milliarden Dollar. Seitdem arbeitet der Konzern an einer Entschuldung. Mit dem schrumpfenden Schuldenstand sind auch die Kosten der zu zahlenden Zinsen spürbar zurückgegangen.
„Die guten Marktbedingungen der letzten zwei Jahre haben sich im dritten Quartal verschlechtert“, wird das Quartalsresultat von Aditya Mittal kommentiert. Dies liege gleich an mehreren Faktoren, was zusammengenommen die Gewinne unter Druck gesetzt habe, so der Geschäftsführer. Dazu zählen: saisonal bedingt niedrigere Lieferungen, ein Rückgang des außergewöhnlich hohen Preisniveaus, ein Abbau von Lagerbeständen bei den Kunden und höhere Energiekosten.
Gasverbrauch europaweit um 30 Prozent reduziert
Das Unternehmen habe jedoch schnell auf das veränderte Umfeld reagiert, so Mittal weiter. Kostspieligere Kapazitäten wurden abgebaut, um die adressierbare Nachfrage zu steuern und Fixkosten zu senken. Gleichzeitig habe man den Gasverbrauch europaweit um 30 Prozent reduziert. Mit anderen Worten: Der Konzern entscheidet mittlerweile gezielt, wann er welche Maschinen laufen lässt – zu den Tageszeiten, wo die Energie am teuersten ist, ruhen die Maschinen mit dem höchsten Energieverbrauch. Auch in Luxemburg wird diese Taktik angewendet.
Das Unternehmen bleibt somit, auch wenn die „kurzfristigen Aussichten für die Branche ungewiss sind und Vorsicht angebracht ist“, langfristig optimistisch. ArcelorMittal hat die Stärke, Widerstandsfähigkeit und Erfahrung, um der Zukunft mit Zuversicht entgegenzusehen“, so Aditya Mittal.
„Gestützt auf eine starke Bilanz, werden wir uns weiterhin auf die Umsetzung unserer Strategie konzentrieren, die darauf abzielt, unsere langfristige Führungsposition im Sektor zu sichern und nachhaltige Renditen für die Anleger zu erzielen“, sagt er weiter. Mittels Dividenden und Aktienrückkäufen hat der Konzern seit September 2020 insgesamt 10,2 Milliarden Dollar an die Aktionäre zurückgegeben.
An der Börse in Luxemburg ging der Kurs der Aktie des Stahlherstellers am Donnerstag leicht zurück. Am frühen Nachmittag lag der Kurs eines Anteilsscheins etwa 1,5 Prozent tiefer als am Vortag, bei 23,68 Euro. Und trotzdem: Vor rund zehn Tagen lag er bei 22,7 Euro. Anfang April 2020 betrug der Wert eines Anteilsscheins lediglich 7,9 Euro.
3.400 Arbeitsplätze in Luxemburg
Der hierzulande beheimatete Konzern gilt als zweitgrößter Stahlhersteller der Welt. Gemessen an der Produktionsmenge wurde er 2020 von der China Baowu Group überholt.
Auch in Luxemburg selbst scheint der Stahlkonzern wieder in ruhigeren Gewässern unterwegs zu sein als noch vor zwei Jahren: Als Folge der zahlreichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Pandemie-Jahr 2020 hatte ArcelorMittal damals im Land einen Abbau von 15 Prozent der Arbeitsplätze angekündigt. Der Konzern sprach von künftig nur noch 3.000 Mitarbeitern hierzulande. Jedoch hat es (zumindest bisher) deutlich weniger Stellenstreichungen gegeben als ursprünglich geplant. Zum Ende des dritten Quartals 2022 beschäftigte das Unternehmen im Großherzogtum immer noch rund 3.400 Mitarbeiter.
Derzeit spüre man jedoch auch in Luxemburg, nach zwei sehr guten Jahren, den Rückgang der Nachfrage, so ein Sprecher des Unternehmens gegenüber dem Tageblatt. Man hoffe, dass sie wieder zulegen werde, sobald die Lager der Kunden leer seien. Man bleibe zuversichtlich, sei solide und flexibel ausgestellt. Zudem sind hierzulande eine ganze Reihe von Zukunftsprojekten am Laufen (siehe unten stehenden Artikel).
LINK Unternehmen / ArcelorMittal: Viele neue Projekte am Standort Luxemburg
- Elektroautos haben ihren Marktanteil in Luxemburg weiter ausgebaut - 10. Januar 2025.
- Die Zahl der Firmenpleiten ist 2024 deutlich gestiegen - 9. Januar 2025.
- Die Inflationsrate ist im Jahr 2024 deutlich zurückgegangen - 9. Januar 2025.
Die arme ArcelorMittal: Hat letztes Quartal NUR 2,7 Milliarden operatives Resultat. Das wird wohl noch schlecht ausgehen. Fragt sich bloss für wen?