Tokyo 2020 / Die nächsten Jahre vorbereiten: Bob Bertemes über Olympia und die Zukunft
Am Tag nach der verpassten Qualifikation hat Kugelstoßer Bob Bertemes seinen Wettkampf noch einmal analysiert. Nach Entschuldigungen sucht der Luxemburger nicht. Die schwache Leistung war selbstverschuldet, so der 28-Jährige, der nun bereits an die kommenden drei Jahre denkt.
Tageblatt: Hat der Wettkampf Sie um den Schlaf gebracht?
Bob Bertemes: Nein, ich bin zwar erst sehr spät ins Bett gekommen, aber ich konnte recht ruhig schlafen.
Haben Sie bereits analysiert, wieso die Qualifikation nicht nach Plan lief?
Es würde jetzt schneller gehen, das aufzuzählen, was geklappt hat, als all die Sachen, die nicht geklappt haben. Ich war einfach schlecht. Ich habe keinen technisch sauberen Versuch hinbekommen und habe zu sehr forciert. Beim ersten Versuch habe ich noch gedacht, dass es o.k. wäre und ich mich steigern kann. Das war aber nicht der Fall. Ich konnte meine Schnelligkeit absolut nicht nutzen. So, wie ich in der Qualifikation gestoßen habe, müsste ich im Bankdrücken schon 500 Kilo stemmen, um eine halbwegs anständige Weite hinzubekommen. Das ist aber leider nicht der Fall.
Es war nicht mein erster schlechter Wettkampf und wird wohl auch nicht der letzte bleibenKugelstoßer
Olympia war das große Saison-Highlight. Haben Sie größeren Druck verspürt als bei anderen Wettkämpfen?
Eigentlich nicht, ich war recht locker. Das ganze Drumherum hat mich jetzt auch nicht so beeindruckt, dass es mich irgendwie gehemmt hätte oder so. Ich war einfach nicht gut und habe mein Ziel verfehlt. Ich bin nicht hierhin gekommen um 20,16 m zu stoßen. Aber so ist es im Sport nun einmal. Es war nicht mein erster schlechter Wettkampf und wird wohl auch nicht der letzte bleiben. Für meine verpatzte Qualifikation gibt es keine Entschuldigung. Ich würde gerne behaupten können, dass die Hitze schuld war oder etwas mit dem Kreis nicht stimmte oder es sonst irgendeine Erklärung gäbe. Aber es war selbstverschuldet, so ehrlich muss man sein.
Die kommenden Jahre vorbereiten
Bei anderen großen Events, wie Weltmeisterschaften, sind Sie bislang auch hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Hat man das im Hinterkopf?
Nein, das spielte keine Rolle. Ich bin niemand, der einer verpassten Chance lange nachtrauert und sich noch lange damit beschäftigt. Das gilt jetzt auch für Olympia. Natürlich beschäftigt mich das Ganze jetzt noch, aber wenn wir bis abreisen, dann blicke ich wieder nach vorne. Die Saison ist noch lang. Jetzt geht es darum, die richtigen Schlüsse aus Olympia zu ziehen, und dann geht es weiter. Aus schlechten Wettkämpfen zieht man in der Regel mehr Erkenntnisse als aus guten Auftritten.
Werden Sie nach der Saison noch einmal alles analysieren?
Ich werde gemeinsam mit meinem Trainer die vergangenen vier bis fünf Jahre analysieren. Ich denke, jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um eine Bilanz zu ziehen. Was ist gut gelaufen, was muss verbessert werden? So kann man die kommenden drei Jahre in Angriff nehmen.
Sie haben also das Gefühl, dass es noch Verbesserungspotenzial gibt?
Auf jeden Fall, sonst würde das ganze Training keinen Sinn mehr ergeben. Vor allem an der Technik kann ich noch arbeiten.
Ihr Landesrekord von 22,22 m ist also nicht das Ende der Fahnenstange?
Ich glaube, dass da durchaus noch mehr drin ist. Es muss ja nicht mit einer Schnapszahl aufhören. (lacht)
Die große Analyse steht zwar noch aus, aber in welchen Bereichen haben Sie sich in den vergangenen Jahren am meisten verbessert?
Es sind viele Bereiche, in denen ich Fortschritte gemacht habe. Seitdem ich zur Drehstoß-Technik übergegangen bin, bin ich konstanter geworden. Als Angleiter hatte ich den einen oder anderen Ausreißer nach oben, aber dann auch wieder viele schwächere Wettkämpfe. Ansonsten habe ich mich auch menschlich weiterentwickelt, seitdem ich nach Mannheim umgezogen bin, und bin mental stärker geworden.
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