Nebenwirkungen der Krise / Die „OUNI“-Läden stecken in finanziellen Schwierigkeiten
Die Zukunft der ersten Läden, in denen man im Großherzogtum verpackungsfrei einkaufen kann, ist ungewiss – darüber informierte die Kooperative „OUNI“ Anfang November in einer Pressemitteilung. Denn nicht nur die Kunden, sondern auch die freiwilligen Helfer bleiben seit der Pandemie aus.
Ein später Nachmittag im November in der Hauptstadt von Luxemburg. Im Bahnhofsviertel hat für viele Menschen der Feierabend eben erst begonnen und manche nutzen das, um schnell auf einen Sprung bei „OUNI“ (Organic Unpackaged Natural Ingredients) Einkäufe zu erledigen. Reis und Körner in großen Spendern, loses Gemüse und Obst, aber auch einzelne Seifenstücke werden in dem einladenden Geschäft in der Glesener-Straße 55 angeboten – alles ohne Verpackung. Denn hier können Kunden Nahrungsmittel sowie Drogerieartikel kaufen und dabei weitestgehend auf Plastikmüll verzichten.
Und viele Kunden tun das – haben es zumindest seit der Eröffnung des ersten Ladens in der Glesener-Straße vor fast fünf Jahren so getan. Bis die Pandemie kam. Denn laut einer Anfang November veröffentlichten Pressemitteilung steckt die Kooperative, die seit Ende September auf der Suche nach einem neuen Geschäftsführer ist, in finanziellen Schwierigkeiten. „Das Geschäft ist ins Stocken geraten. Viele sind immer noch im Homeoffice, kommen für die Arbeit nicht mehr in die Stadt und damit auch nicht mehr zu uns“, erklärt Anne-Claire Delval, die Kommunikationsbeauftragte von OUNI. Seit den Anfängen ist die 51-Jährige bei der Kooperative dabei und stellt fest, dass sich einiges verändert hat.
Schwerer Start in Düdelingen
Vor der Pandemie sei der Laden stets gut besucht gewesen, aktuell kommen die Kunden eher vereinzelt. Anne-Claire Delval geht davon aus, dass manche Menschen auch aus Angst und wegen Bedenken hinsichtlich der sanitären Maßnahmen nicht zurückgekommen sind. „Dabei fasst man bei uns nur die Hebel an den Spendern an – die regelmäßig gesäubert werden. Das ist meiner Meinung nach hygienischer, als wenn in großen Supermärkten Menschen Produkte immer wieder aus den Regalen nehmen und dann wieder zurückstellen“, sagt die Kommunikationsbeauftragte. Viele Kunden würden zudem immer noch auf den Online-Handel ausweichen.
Erschwert wurde auch die Eröffnung des neuen Unverpackt-Ladens in Düdelingen. Im März 2020 wurde das Geschäft in der rue de la Libération eröffnet, um nur drei Tage später wegen des Lockdowns wieder zu schließen. Auch wenn die Gemeinde die Miete für das Ladenlokal erließ, hat sich der Lockdown trotzdem bemerkbar gemacht: „Letztendlich konnte Düdelingen keinen festen Kundenstamm aufbauen“, stellt Delval etwas bedrückt fest. Eine Baustelle in Düdelingen hätte nun zudem Einfluss auf das Geschäft – das, nachdem die Besucherzahlen des hauptstädtischen Ladens bereits unter den Arbeiten für die Tram im „Garer Quartier“ gelitten hätten.
Helfende Hände fehlen
Aber nicht nur die Kunden, sondern auch freiwillige Helfer kommen weniger, stellt Sam Wiscourt fest. Als einer von neun Festangestellten steht der 30-Jährige seit rund vier Jahren in dem hauptstädtischen Lokal an der Kasse, kümmert sich um die Bestellung der Ware, ist aber auch für Kunden sowie für die Freiwilligen da. Wer will, kann nämlich aktives Mitglied der Kooperative werden und jeden Monat während zwei Stunden im Laden mit anpacken. „Viele kamen davor regelmäßig, aber seitdem wir in der Pandemie zwei Monate geschlossen hatten, sind es weniger geworden“, erklärt Sam Wiscourt. Auch hier wieder das Problem: Viele kommen für die Arbeit nicht mehr in die Hauptstadt und damit auch nicht mehr in den Laden.
Dass es auch anders geht, zeigt das Gespräch mit Sylvie Blasczyk aus Diekirch. Da sie Verpackungsmüll reduzieren will, fährt sie seit einigen Jahren regelmäßig mit dem Zug in die Hauptstadt, um ihre Einkäufe in der rue Glesener zu erledigen. Dass die Kooperative sich aktuell in finanziellen Nöten befindet, ist für die Kundin schon fast ein Schock: „Im Norden gibt es keinen Unverpackt-Laden und ich warte schon sehnsüchtig darauf, dass OUNI dort eine Filiale eröffnet. Es gibt kaum Alternativen in Luxemburg“, sagt die 45-Jährige.
Idoia Bengoa wohnt gleich in der Nähe des Ladens und kommt ein- bis zweimal in der Woche zum Einkaufen. „Es hat bereits ein Bio-Laden hier in der Straße während der Pandemie geschlossen. Wenn jetzt auch noch dieses Geschäft verschwinden würde, wäre das wirklich ein Verlust für das Viertel“, sagt sie, während Salat, Möhren und Petersilienwurzel in ihren Einkaufskorb wandern. Sie will so umweltfreundlich wie möglich einkaufen und schätzt laut eigener Aussage an dem Unverpackt-Laden, dass es dort leckere Produkte aus der Region zu kaufen gibt.
Unterstützung benötigt
Das herzliche Miteinander von Freiwilligen, Arbeitskollegen und der Kundschaft vor Ort zeigt, dass das Geschäft viel mehr als nur eine Einkaufsmöglichkeit ist. Es ist auch ein Ort, an dem Menschen zusammentreffen. Die Unterstützung der rund 1.400 Mitglieder und der Kunden wird die Kooperative nun brauchen, denn laut Anne-Claire Delval müssen alleine bis zum Jahresende rund 100.000 Euro zusammenkommen. Deshalb wird es im Dezember auch keine Ausgaben für eine Veranstaltung zum fünfjährigen Bestehen geben. „Anfangs wollten wir das natürlich feiern, aber wir haben die Mittel nicht und könnten nicht so feiern, wie wir gerne gewollt hätten“, erklärt Delval. Eine Crowdfunding-Kampagne ist in Arbeit.
Zudem müsse die Kooperative laut der Kommunikationsbeauftragten nun die eigene Organisation überdenken und sich erneuern. Entscheidungen dazu würden die Mitglieder gemeinsam treffen. Auch ein neuer Geschäftsführer könnte frischen Wind bringen. „Die Gespräche laufen noch, aber es gab viele Bewerbungen. Viele ziehen sich allerdings wieder zurück, da die Herausforderung ihnen zu groß ist“, berichtet Delval. Sie glaubt weiterhin fest daran, dass man mit Hilfe die Krise gemeinsam meistern kann und erklärt energisch: „Denn niemand will, dass die Läden verschwinden.“
Das Konzept und die Geschäfte
Die ersten Läden für einen verpackungsfreien Einkauf wurden in Luxemburg von der Kooperative OUNI (Organic Unpackaged Natural Ingredients) eröffnet – im Dezember 2016 in der Stadt Luxemburg und im März 2020 in Düdelingen. Die Öffnungszeiten des Ladens in der hauptstädtischen Glesener-Straße 55 sind montags von 12.30 bis 20.00 Uhr sowie dienstags bis samstags zwischen 10.00 und 20.00 Uhr. Die Filiale in Düdelingen, 14-16, rue de la Libération, ist von Dienstag bis Samstag zwischen 8.30 und 19.30 Uhr offen. OUNI funktioniert als Kooperative, die den Mitgliedern gehört und von diesen auch verwaltet wird. Teil davon wird man durch den Kauf mindestens eines Anteils von 100 Euro. Dafür erhält man unter anderem ein Stimmrecht bei der Mitgliederversammlung. Zusätzlich kann man sich als aktives Mitglied engagieren und den neun Festangestellten jeden Monat während zwei Stunden im Laden helfen. Aktuell sind rund 1.400 Menschen an der Kooperative beteiligt, ungefähr 250 davon als aktive Mitglieder. Wer selbst Teil werden und so OUNI in einer schwierigen Lage unterstützen will, findet mehr Informationen dazu unter www.ouni.lu.
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Die Zukunft der Konsum und Wegwerfgesellschaft ist sehr düster!
Das kapitalistische System fußt auf Angebot und Nachfrage .Die Krise als Schuldigen auszumachen ist unsinnig. Bei „ Ouni“ ist das Angebot da , aber die Nachfrage gering , was zur logischen Konsequenz des Kapitalismus als Konkurs zu werten ist. Verpackung , gerade in Pandemie -Zeit, ist hygienischer. Auch Grünkapitalisten müssen sich der Nachfrage strecken und nicht nach Ökosozialismus – System auf staatliche Steuerhilfen zurückgreifen. Nun solle keiner kommen der Umwelt zuliebe, denn auch in diesem Business zählen nur die Gewinne , die grünen Betreiber ihr Leben gut finanzieren können. Pure Nächstenliebe , Brüderlichkeit und Teilen haben andere Religionen schon gepredigt und sich ihre Taschen prall gefüllt.
Schade, der Ouni-Buttik wird Opfer seines eigenen Erfolgs habe ich den Eindruck. Mittlerweile kopieren Supermärkte das Konzept und bieten z.T. auch unverpackte Lebensmittel an.
Logo, de Mëttelalter ass jo schon lâng eriwwer.