Esch / Die place des Remparts der Zukunft, entwickelt von ausländischen Architektur-Studenten
Die place des Remparts in Esch soll neu gestaltet werden. Erste Pläne wurden bereits in den zuständigen Diensten der Gemeinde ausgearbeitet. Aber auch neun Architekturstudenten der Universität Luxemburg beschäftigten sich mit der Neugestaltung und präsentierten unlängst ihre Ergebnisse und Ideen, den Platz menschenfreundlicher zu gestalten.
Anne Diderich und Philippe Boisserie von der Librairie Diderich blicken an diesem Morgen in der Aula der Universität auf Belval etwas skeptisch drein. In wenigen Minuten werden neun Architekturstudenten ihre Semester-Abschlussarbeit vorstellen. Thema: Die Neugestaltung der place des Remparts, an der die traditionsreiche Buchhandlung mit angeschlossenem Café beheimatet ist. Zwei Stunden später ist die Skepsis bei Diderich und Boisserie mehr oder weniger gewichen: „Man muss das im Gesamtkontext sehen“, bilanziert Anne Diderich, „die Leute müssen Lust haben, in die Stadt zu kommen. Da braucht es auch neue Ansätze.“
Die hatten die neun Studenten zuvor geliefert. Sie kommen aus Pakistan, Brasilien, Indien, Nigeria, Peru, Frankreich und Luxemburg. Zwei Jahre verbringen sie (mindestens) im Land und kümmern sich dabei in erster Linie um Esch. Denn sie gehören dem Studiengang von Markus Miessen an, dem von der Gemeinde finanzierten Lehrstuhl zur Stadterneuerung Eschs. In anderen Worten: Sie blicken mit den Augen eines Außenstehenden auf die zweitgrößte Stadt des Landes.
Mehr als Mobilität
Kein Wunder also, dass ihre Arbeit mit einer Bestandsaufnahme begann. Zunächst sahen sie sich die Historie des Platzes anhand von Bildmaterial genauer an. Sie zeigen ein Foto von 1905, auf dem das Haus zu sehen ist, das heute das „Café Pitcher“ beherbergt. Dann analysierten sie die Verkehrsströme. Nicht nur die des motorisierten Verkehrs, sondern auch die von Fußgängern oder Radfahrern. Anschließend kamen die Begegnungsplätze dran. Sie erstellten eine Sound-Karte, maßen die Versieglung, katalogisierten die Bausubstanz, kontaktierten die am Platz angesiedelten Geschäftsleute, analysierten die soziale Durchmischung des Viertels und sprachen mit Anwohnern und Passanten.
„Die Idee kam aus dem lokalen Mobilitätsplan PLM, dort ist der Entwurf der Gemeinde zur Neugestaltung der place des Remparts abgebildet“, sagt der Pakistaner Muhammad Hamza. Für die Studenten ist der dafür gewählte Ansatz allerdings der falsche, denn er basiert auf der Mobilität. Dabei gehe es um viel mehr. Auf der Mauer haben sie ihre Entwürfe aufgehängt. Neben den Zeichnungen sind dort auch klare Forderungen zu lesen: „We demand being there over getting there“. Dort zu sein ist also wichtiger als dorthin zu kommen. Der Ansatz kann demnach nicht die Mobilität sein, weshalb die Studenten den Mobilitätsplan der Stadt eher kritisch sehen. Sie wollen den Menschen und das Zusammenleben in den Mittelpunkt rücken. Wie man es nicht macht, zeige die Neugestaltung des Brillplatzes, so ein Student. Den hätten die Menschen nicht als Ort des Zusammenkommens angenommen, er biete kaum Aufenthaltsmöglichkeiten.
Für ihre Arbeit betrachten sie die place des Remparts nicht isoliert, sondern beziehen die Gegend drumherum mit ein. Das geht den Breedewee bis zum Schwimmbad hinauf und die Grand-rue bis zur Schule hinunter. Die „Groussgaass-Schoul“ spielt eine wichtige Rolle in den Überlegungen und wurde in das Projekt mit integriert. Der Schulhof ist zwar zugänglich, werde aber kaum genutzt, so das Argument der Studenten. Und die Frage der Sicherheit der Kinder stelle sich auch. Die Idee dahinter: Wenn der Verkehr sicher ist und die Kinder auch, dann kann die place des Remparts zu einer echten Versammlungsstelle für die Menschen werden.
Auf ihren Projektionen sieht man kaum mehr Parkplätze. Dagegen einen grünen Korridor. Der Platz wird also zu so etwas wie einem Shared Space, in dem das Auto nicht zwangsläufig Vorrang hat. Dass der Verkehr aber nicht ganz wegzudenken ist, liegt am Buskorridor, der hier vorbeigeht und das auch in Zukunft tun wird. Der Busverkehr soll laut den Studenten nur noch eine Fahrspur einnehmen. Damit das funktioniert, müsste er zumindest auf der Kreuzung halbiert werden. „Wir haben uns an vergleichbaren, also kleineren Projekten wie in Malmö/Schweden inspiriert, wo ein Parkplatz umgewandelt wurde“, sagt Mohammad Hamza, „davon haben alle profitiert, die Anwohner, Besucher und die Geschäftsleute.“
Platz für Autos könnten durch Mobility-Hubs am Friedhof, beim Schwimmbad oder am Victor-Hugo-Platz entstehen. Zu weit entfernt? Für die Studenten nicht, denn der Breedewee oder die Victor-Hugo-Straße sind Teil des Projekts. Auch hier soll in Zukunft der Mensch und nicht das Auto im Mittelpunkt stehen. Genau wie an der place de Remparts mit seinen „Hotspots“ Pitcher, Babbocaffè oder Diderich, deren Terrassen wesentlich größer werden sollen. Zumindest ist das die Idee der Architektur-Studenten. Ob ihre Arbeit als Inspirationsquelle für eine eventuelle Neugestaltung der place des Remparts gelten kann, müssen letzten Endes die Escher Lokalpolitiker entscheiden.
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