Die RAF und der Deutsche Herbst (1. Teil) / Tage des Terrors
Die Entdeckung und Festnahme der mutmaßlichen Ex-Terroristin Daniela Klette in Berlin hat bei dem Autor die Erinnerung an den RAF-Terror der 70er und 80er Jahre geweckt, den er in Südwestdeutschland aus der Perspektive eines Kindes und Jugendlichen erlebte. Und auch daran, wie repressiv der deutsche Staat damals reagierte.
Als Daniela Klette, die ehemalige Terroristin, am 26. Februar in ihrer Wohnung in Berlin Kreuzburg gefasst wurde, wurde nach langer Zeit wieder ein Kapitel in der deutschen Geschichte aufgeschlagen, das längst beendet zu sein schien – was es aber nie wirklich war. Die heute 65-jährige Frau und ihre beiden Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg, nach denen noch gefahndet wird, gelten als frühere Mitglieder der linksextremistischen Terrororganisation Rote Armee Fraktion (RAF), die laut Angaben der deutschen Bundesanwaltschaft in den Jahren von ihrer Gründung 1970 bis 1998, dem Jahr ihrer Selbstauflösung, insgesamt 34 Menschen ermordete.
Ich kann mich noch gut an die Fahndungsplakate in den 70er Jahren erinnern, nachdem der Terror der RAF begonnen hatte. Sie hingen im Postamt des badischen Dorfes, in dem ich aufwuchs, etwa 15 Kilometer Luftlinie von Karlsruhe entfernt, sowie in den zwei Banken der Ortschaft und auf einer Litfaßsäule, und wenn ich mich nicht irre, sogar an einer Bushaltestelle. Die Fahndungsplakate sorgten dafür, dass die terroristische Bedrohung im Alltag der Bürger gegenwärtig war. Sie prägten nicht nur den öffentlichen Raum, sondern auch meine politische Wahrnehmung jener Zeit. Von sozialliberalem Flair und Willy Brandts Mehr-Demokratie-Wagen keine Spur. Der Staat konnte nur repressiv sein: Während unter den Talaren der Muff von tausend Jahren stank, roch es in den Amtsstuben der Bürgermeister nach dem Mief der 50er.
Im Gegensatz zu Fahndungsfotos, die ich aus dem Fernsehen kannte, sahen die Personen auf den schwarz-weißen Porträts eher harmlos aus. Gesucht wurde nach den „anarchistischen Gewalttätern“ der sogenannten Baader/Meinhof-Bande, später nach „dringend gesuchten Terroristen“. Das Bundeskriminalamt (BKA) hatte Hunderttausende Plakate drucken lassen. Wer gefasst worden war, dessen Foto wurde durchgestrichen. Dieses Räuber-und-Gendarm-Spiel übte auf mich eine Faszination mit Gänsehautfaktor aus, mehr nicht. Bis zu jenem Tag kurz vor meinem zehnten Geburtstag, als ich erfuhr, dass die Anschläge der Terroristen in der näheren Umgebung stattfanden.
So etwa in Karlsruhe: Der „Deutsche Herbst“ beginnt im April. Gründonnerstag – am Morgen des 7. April 1977 fährt Generalbundesanwalt Siegfried Buback mit seinem Chauffeur von seiner Wohnung in Karlsruhe-Neureut zum Bundesgerichtshof ins Zentrum der badischen Metropole. Als sein Mercedes 230 an einer roten Ampel warten muss, hält rechts neben ihm eine Suzuki GS 750 mit Fahrer und Sozius. Die Person auf dem Rücksitz des Motorrads feuert mit einem halbautomatischen Gewehr 15 Schüsse auf den Mercedes ab. Buback auf dem Beifahrersitz und sein Chauffeur, der 30-jährige Wolfgang Göbel, sterben noch am Tatort. Die dritte Person im Auto, Justizhauptwachmeister Georg Wurster, erliegt knapp eine Woche später seinen Verletzungen.
Zu der Tat bekennt sich das „Kommando Ulrike Meinhof“. Die Attentatsserie, mit der die mittlerweile schon zweite Generation der RAF ihre gefangenen Mitglieder der ersten Generation, die vor allem in der JVA Stuttgart-Stammheim inhaftiert sind, freizupressen versucht, wird von ihnen als „Offensive 77“ bezeichnet. Das Kommando, das Buback und seine zwei Begleiter ermordet, ist nach der früheren Journalistin der linken Zeitschrift konkret benannt, die sich 1965 der Außerparlamentarischen Opposition (APO) anschloss. Meinhof beteiligte sich im Mai 1970 an der Befreiung von Andreas Baader, der wegen einer Kaufhaus-Brandstiftung vom April 1968 im Gefängnis einsaß.
Die erste Generation
Baaders Befreiung gilt als Geburtsstunde der RAF, die sich nach südamerikanischen Vorbildern wie etwa den uruguayischen Tupamaros als eine antiimperialistische Stadtguerilla gegründet hat. Meinhof verfasste deren ideologisches Konzept und nahm an der „Mai-Offensive“ der Terrororganisation 1972 teil, einer Reihe von sechs Sprengstoffanschlägen, bei denen vier Menschen getötet und 74 verletzt wurden. Meinhof wurde verhaftet. Sie nahm sich im Mai 1976 in Stammheim das Leben.
Die RAF verstand sich als Avantgarde des linken Widerstands gegen den Kapitalismus, zu denen die „Bewegung 2. Juni“, benannt nach dem 2. Juni 1967, an dem in Westberlin der Student Benno Ohnesorg von einem Polizisten erschossen wurde, und die sich als Teil der Autonomen-Bewegung begreifenden „Revolutionären Zellen“ (RZ) zählen. Mehr noch als die beiden zuletzt Genannten wurde die RAF zum Staatsfeind Nummer eins.
Den staatlichen Behörden war daran gelegen, den „Sympathisantensumpf“ der Terroristen trockenzulegen, indem sie Personen aus dem Milieu kontrollierten, verhörten oder vorübergehend festnahmen. Dadurch entstand eine regelrechte Paranoia, eine „Pogromstimmung“ in der Bevölkerung, wie es der Journalist und Schriftsteller Helmut Höge in der taz nannte – „so als hätte die Handvoll RAFler nicht führende Vertreter des deutschen Kapitals im Visier, sondern jeden ‚kleinen Mann‘ auf der Straße“.
In der Tat waren es keine hohen Vertreter von Staat und Wirtschaft, die zuerst ins Visier der Terroristen gerieten. So zum Beispiel drei amerikanische Soldaten auf dem Gelände des US-Militärhauptquartiers in Heidelberg am Mai 1972. Die USA waren wegen des Vietnamkriegs und der Unterstützung Israels, aber auch als Zentrum des sogenannten Imperialismus und des Kapitalismus der Hauptfeind, die Bundesrepublik betrachteten sie nur als eine Kolonie der Amerikaner.
„Aktion Wasserschlag“
Die Gewalttaten der RAF beantwortete der Staat mit den größten Fahndungsaktionen seit Kriegsende. Obwohl die Terrororganisation nur rund 50 Mitglieder zählte, wurden die Anschläge als eine Bedrohung des demokratischen Rechtsstaates betrachtet. In einer Dokumentation des Bundesinnenministeriums von 1974 heißt es: „Die Mitglieder der kriminellen Baader-Meinhof-Vereinigung streben den radikalen Umsturz der gesellschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland an. Sie erblicken in unserer Gesellschaft ein ‚System der Klassenherrschaft und der Unterdrückung‘.“
Die Staatsmacht in Person von BKA-Chef Horst Herold, SPD-Mitglied und einst selbst in der APO engagiert, reagierte auf die Mai-Offensive mit einer bundesweiten Fahndung unter dem Namen „Aktion Wasserschlag“. Inspiriert von Mao, wollte Horst Herold das Umfeld in Bewegung bringen, in dem sich die Terroristen wie Fische im Wasser tummelten. Tausende von Polizisten kontrollierten an Flughäfen, Bahnhöfen und Straßen Reisende, Gepäck und Fahrzeuge. Alle verfügbaren Hubschrauber waren im Einsatz. Die „Aktion Wasserschlag“ hatte Erfolg: Die Verantwortlichen der Bombenanschläge wurden entdeckt, observiert und verhaftet. Die Protagonisten der ersten RAF-Generation, darunter Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof, Holger Meins und Jan-Carl Raspe, waren Herolds Leuten ins Netz gegangen.
Bundesweite Großfahndungen galten bis Mitte der 70er Jahre als geeignetes Mittel, das staatliche Gewaltmonopol zu demonstrieren. Doch der personelle und materielle Aufwand beispielsweise der „Aktion Frühlingssturm“ am 15. April 1975 war riesig. Das Ergebnis rechtfertigte jedoch nicht die Mittel. Die Medien sprachen sogar von einer „großen Pleite“. So konnte etwa der Anschlag auf die deutsche Botschaft in Stockholm vom 24. April 1975 nicht verhindert werden. Als geeigneter erschienen dagegen regionale Großfahndungen sowie ein abgestuftes System unter anderem von beobachtender und verdeckter Fahndung. Dazu gehörte, dass junge Erwachsene überwacht wurden, die seit 1973 an den Demonstrationen für bessere Haftbedingungen der RAF-Gefangenen teilgenommen hatten. Hinzu kam die sogenannte Rasterfahndung, etwa der Abgleich von Meldedaten mit der Barzahlung von Mieten oder Stromrechnungen.
Baden-Württemberg galt einem Bericht des Landeskriminalamtes zufolge bis Anfang der 80er als bevorzugtes Operationsgebiet der RAF. Potenzielle Tatorte waren die „Residenz des Rechts“ in Karlsruhe und das Hauptquartier der US-Armee in Heidelberg. Die JVA Stuttgart-Stammheim diente ab 1974 als zentrales Gefängnis für politisch motivierte Gewalttäter. Außerdem stammte ein großer Teil der RAF-Täter aus dem Südwesten, die meisten aus situierten Verhältnissen: Christian Klar, mit Brigitte Mohnhaupt eine der Schlüsselfiguren der zweiten RAF-Generation, besuchte das Gymnasium in Ettlingen, sein Vater war Vizepräsident des Oberschulamtes Karlsruhe, seine Mutter Gymnasiallehrerin in Karlsbad, nur ein paar Ortschaften von meinem Heimatdorf entfernt. Mit Adelheid Schulz, Günter Sonnenberg und Knut Folkerts lebte Klar in einer Wohngemeinschaft in Karlsruhe. Stefan Wisniewski kam aus dem nahen Freudenstadt.
Rasterfahndung
Daher konzentrierten sich die Fahndungen auf die Regionen um Karlsruhe, Heidelberg, Mannheim und Südbaden. Die Bundeskanzler Willy Brandt (bis 1974) und Helmut Schmidt (ab 1974) riefen in Fernsehansprachen dazu auf, der Polizei bei der Aufklärung und bei der Suche nach den Terroristen zu helfen. Mit den Appellen sollte die Distanz der Bürger zur RAF vergrößert und ein klarer „Trennungsstrich“ zu Sympathisanten und Terroristen gezogen werden, wie es der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Hans Filbinger ausdrückte. Volk und Staat müssten eine gemeinsame Front bilden, um „das Geschwür“ herauszuschneiden.
Jeder Streifenpolizist besaß ein Fahndungsmäppchen, Karten mit „Fahndungsrastern“ enthielten Bilder und Merkmale der Gesuchten. Dabei kam es auch zu Ermittlungspannen, ein ums andere Mal gerieten Unbeteiligte unter Verdacht. Das Denunziantentum blühte auf, verstärkt durch die Berichte der Boulevardpresse. So wurde zum Beispiel einem Polizeirevier in Karlsruhe gemeldet, dass „junge Leute beiderlei Geschlechts“ in einer Dachgeschosswohnung auf Matratzen schliefen und Ofenrohre nach oben geschleppt hätten, um womöglich Bomben zu bauen. Verdächtig waren auch Wohnungen mit geschlossenen Rollläden oder Besucher mit Autokennzeichen aus anderen Städten, nächtliche Musik und „reges Kommen und Gehen zwielichtiger Leute“. Zahlreiche Hinweise auf Hippies und „Gammlertypen“ gingen ein.
Trotz ihrer Brutalität und Grausamkeit seien die terroristischen Aktionen der RAF nicht mehr als eine „Provokation der Macht“ gewesen, schreibt der Terrorismusexperte Peter Waldmann in seinem gleichnamigen Buch von 2011. Zwar stellte jeder Anschlag das Gewaltmonopol des Staates infrage, doch selbst der damalige Bundeskanzler Schmidt sprach am 5. September 1977 nur von der „blutigen Provokation von Köln“. An jenem Tag entführte ein RAF-Kommando den deutschen Arbeitgeberpräsidenten, Vorsitzenden des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und ehemaligen SS-Untersturmführer Hanns Martin Schleyer. Seine drei Leibwächter wurden ermordet.
„Big Raushole“
Die Entführer fordern die Freilassung aller zu diesem Zeitpunkt inhaftierten RAF-Mitglieder. Die „Offensive 77“ war als die „Big Raushole“ gedacht. Die Bundesregierung ging nicht auf die Forderungen ein. Zuvor war am 30. Juli 1977 Jürgen Ponto, der Vorstandssprecher der Dresdner Bank, in Frankfurt von der RAF ermordet worden. Ein Anschlag auf die Bundesanwaltschaft am 25. August 1977, wiederum im Zentrum von Karlsruhe mit einem selbstgebauten Raketenwerfer, einer „Stalinorgel“, misslang.
Die Staatsmacht habe zunächst keine Antwort auf die Attentate gewusst, schrieb der Jurist, Politologe, Publizist und Zeithistoriker Arnulf Baring 1982, weil „sich die Terroristen inmitten eines breiten, schützenden Umfelds von nachsichtiger Duldung, verständnisvoller Sympathie, ja aktiver Unterstützung aufhielten, so dass es ihnen immer wieder gelang, der Verhaftung auszuweichen“. Und der Bielefelder Staatsrechtler und Verfassungshistoriker Christoph Gusy konstatierte etwa 25 Jahre später, die RAF habe dem „Rechtsstaat die Maske herunterreißen“ und ihn dazu zwingen wollen, „gegen sein eigenes Recht zu handeln“. Der republikanische und demokratische Rechtsstaat „sollte als der alte, autoritäre und letztlich entfesselte Staat entlarvt werden“.
Die RAF-Unterstützer beklagten die „mörderischen“ Haftbedingungen, „unwürdigen“ Zelldurchsuchungen und „inhumanen“ Kontaktsperren, denen die Inhaftierten um Baader, Ensslin und Raspe ausgesetzt gewesen seien. Der Philosoph Jean-Paul Sartre, Ikone des Existenzialismus, besuchte Baader im Stuttgarter Gefängnis. Der Tod von Holger Meins, der in den Hungerstreik getreten war, mobilisierte die Sympathisanten noch mehr und brachte einige dazu, die Schwelle zur Illegalität zu übertreten.
Die Nachricht, dass der Untersuchungsgefangene am 9. November 1974 in der JVA Wittlich gestorben war, verbreitete sich schnell und führte zu Demos in unter anderem Freiburg, Heidelberg, Mannheim, Stuttgart und Tübingen. Von Meins „Ermordung“ war die Rede. RAF-Mitglieder erklärten später, dass sie vor allem der Hungertod des Inhaftierten radikalisiert hatte. Dabei genossen die Untersuchungshäftlinge in Stammheim etliche Freiheiten. Die Anwälte von Baader, Meinhof, Ensslin und Raspe schmuggelten Elektroteile ein, die Raspe zu einer Wechselsprechanlage zusammenbaute, damit die Inhaftierten miteinander kommunizieren konnten. In Hohlräumen von Aktenordnern versteckt, gelangten sogar Pistolen ins Gefängnis. Der zweiten Generation ging es weniger um politische Forderungen als um die Freipressung ihrer inhaftierten Genossen. Das Bindeglied zwischen der ersten und zweiten Generation bildete Brigitte Mohnhaupt, die nach ihrer Haftentlassung im Februar 1977 sofort wieder in den Untergrund ging.
Die RAF pflegte internationale Verbindungen wie etwa zur „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP), zur französischen „Action Directe“ (AD) oder zu den italienischen „Roten Brigaden“. Am 13. Oktober wurde die Lufthansa-Maschine „Landshut“, die mit 91 Passagieren und Crew-Mitgliedern von Mallorca nach Frankfurt fliegen sollte, von der palästinensischen PFLC-SC, einer Abspaltung der PFLP, entführt. Die Entführer arbeiteten mit der RAF zusammen und verlangten die Freilassung der elf RAF-Gefangenen. Das Flugzeug flog zuerst Rom an, dann Larnaka, Dubai und Aden. Dort erschossen die Geiselnehmer den Flugkapitän Jürgen Schumann. Schließlich landete die Maschine in der somalischen Hauptstadt Mogadischu, wo sie in der Nacht zum 18. Oktober von der Spezialeinheit GSG9 des deutschen Bundesgrenzschutzes gestürmt wurde. Alle Geiseln kamen frei, drei der vier Terroristen wurden getötet. Am selben Tag wurden Baader, Raspe und Ensslin in ihren Zellen gefunden: Raspe und Baader hatten sich erschossen, Ensslin hatte sich mit einem Lautsprecherkabel erhängt. Die Entdeckung der Sprechanlage bestätigte, dass die Häftlinge den kollektiven Suizid miteinander abgesprochen hatten. Lange Zeit hielten sich die unter RAF-Sympathisanten gestreuten Zweifel am Selbstmord.
Ende der zweiten Generation
Einen Tag später wurde die Leiche von Schleyer im Kofferraum eines Autos im elsässischen Mulhouse gefunden. Die Bilder von der ersten und zweiten Generation der RAF „haben sich im kollektiven Gedächtnis der Bundesrepublik Deutschland festgesetzt“, schreibt der Politologe und Extremismus-Experte Eckhard Jesse. Gewalttaten im sogenannten „Deutschen Herbst“ haben die Gesellschaft der Bundesrepublik weiter polarisiert. „Nach mehreren Fahndungspannen kam es im Herbst 1982 zur Verhaftung führender RAF-Täter“ (wie etwa Adelheid Schulz, Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar), schreibt Sabrina Müller, Kuratorin (neben Rainer Schimpf) der Ausstellung „RAF – Terror im Südwesten“, die vor zehn Jahren im Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Stuttgart gezeigt wurde.
Der Beginn der dritten Generation wird, rückblickend betrachtet, auf das Jahr 1982, mit dem Ende der zweiten Generation datiert. Ziele ihrer Attentate waren Prominente aus Politik und Wirtschaft. Der Politologe Alexander Straßner stellt bei ihnen unter anderem eine Entideologisierung, Professionalisierung und Internationalisierung, aber auch eine Isolierung fest. 1985 wurde der MTU-Chef Ernst Zimmermann ermordet, 1986 das Siemens-Vorstandsmitglied Karl-Heinz Beckurts, 1989 der Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen, 1991 der Vorsitzende der Treuhandanstalt, Detlev Karsten Rohwedder.
Bundesjustizminister Klaus Kinkel setzte 1992 mit seiner Initiative zu Gesprächen mit RAF-Häftlingen einen Prozess in Gang, der die Auflösung der Roten Armee Fraktion beförderte. Kinkel ging sogar so weit, von der Bereitschaft zur „Versöhnung“ mit den Terroristen zu sprechen. Überraschenderweise hatte die RAF am 10. April 1992 erklärt, sie wolle „die Eskalation zurücknehmen“ und die Angriffe auf Vertreter von Staat und Wirtschaft einstellen. Zwar wurde 1993 der Neubau des Gefängnisses in Weiterstadt in die Luft gesprengt. Fünf Jahre später jedoch, im April 1998, gab die RAF bekannt: „Die Stadtguerilla in Form der RAF ist nun Geschichte.“
Am Donnerstag erscheint der zweite Teil der Erinnerungen an den Deutschen Herbst. Darin geht es um das Schweigen der Täter und das Leiden der Opferangehörigen.
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