Industriestandort / „Die Regierung muss wissen, was ihr Düdelingen wert ist“: Bürgermeister Dan Biancalana im Gespräch
Die Unternehmen Guardian, Liberty Steel oder auch Eurofoil standen in den letzten Monaten in den Schlagzeilen. Dazu kommt der Flop um den griechischen Joghurtbetrieb Fage. Der Industriestandort Düdelingen befindet sich derzeit in einer fragilen Lage, wie Bürgermeister Dan Biancalana (LSAP) im Gespräch sagt.
Tageblatt: Wie sieht es mit dem Industriestandort Düdelingen aus? Es hat in letzter Zeit einige Schlagzeilen dazu gegeben – jedoch keine guten.
Die Situation ist schwierig. Dennoch ist, war und bleibt Düdelingen ein Industriestandort. Hier spielt auch der historische Kontext eine Rolle. Die beiden nationalen Industriezonen sind in den 1980er Jahren als nationale Antwort auf die Stahlkrise gegründet worden. Auf diese Weise sollten im Raum Düdelingen/Bettemburg neue Arbeitsperspektiven geschaffen werden. Eine Reihe jener Beschäftigten, die vorher bei der Arbed angestellt waren, konnten dadurch eine neue Stelle finden. Damals haben sich große Industriebetriebe hier niedergelassen wie Husky, Galvalange oder auch John Zink.
Seit einiger Zeit sehen die Perspektiven nicht mehr so rosig aus.
Um 2018 gab es die Diskussionen um ArcelorMittal und Liberty Steel, dann die Geschichte mit Guardian und jetzt noch Eurofoil. In Sachen Guardian ist es gut, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben, doch diese werden von Düdelingen nach Niederkerschen verlegt und gehen uns damit verloren. Wie es mit Liberty Steel weitergeht, wissen wir noch nicht und bei Eurofoil wurde schlussendlich eine Einigung zwischen Gewerkschaft und Direktion gefunden.
Positiv zu sehen ist, dass sich Goodyear hier ein zweites Standbein aufgebaut hat. Damit sind 100 neue Arbeitsplätze geschaffen worden. Weitere Stellen sind beim Logistikzentrum Eurohub Süd und beim CFL Multimodal entstanden. Nach dem Aus des Projektes Fage gehen dort jedoch die potenziellen 100 neuen Arbeitsplätze verloren.
In nächster Zukunft kommt auch ein neues Gewerbegebiet hinzu.
Als neues Standbein entsteht die neue „Zone d’activité économique“ in der Nähe des „Laboratoire national de santé“ (LNS). Dorthin sollen sich Unternehmen in den Bereichen der Gesundheitstechnologie sowie der Informations- und der Kommunikationstechnologien niederlassen.
Für die viertgrößte Stadt des Landes ist es wichtig, die Diversifizierung weiterzutreiben. Deswegen mache ich hier einen Aufruf an den Staat, weiter in die Stadt Düdelingen zu investieren. Egal ob dies jetzt ein zukünftiges Projekt ist, bei den Diskussionen um Liberty Steel oder bei Guardian.
Wie geht es nun bei der Entwicklung dieses neuen Gewerbegebietes weiter?
Wir hatten bereits einige Diskussionen mit dem Wirtschaftsministerium. Ein paar Grundstücke sind in staatlicher oder Gemeindehand, andere haben private Eigentümer. Jetzt müssen wir gemeinsam an diese Privateigentümer herantreten. Und dann ist das Wirtschaftsministerium am Zug, um zu schauen, welche Unternehmen zu dem Profil passen und sich dort ansiedeln können.
Dabei wartet die Stadt bereits auf ein nationales Projekt, das auf „Neischmelz“ entstehen soll.
Die Regierung ist hier immer noch in der Bringschuld. Als 2005 die „Schmelz“ geschlossen wurde, soll als Ersatz für die verloren gegangenen Arbeitsplätze ein nationales Projekt entwickelt werden. Die Regierung muss wissen, was ihr die Stadt Düdelingen wert ist. In den letzten Jahrzehnten waren die Stadt, meine Vorgänger und ich immer ein zuverlässiger Partner in vielen Hinsichten – und das stellt sicherlich einen Mehrwert für die Regierung dar.
Fühlt sich Düdelingen etwas von der Regierung im Stich gelassen?
Nein, nicht im Stich gelassen. Ich weiß, dass sie Bestrebungen unternimmt, wie etwa jetzt mit dem Vorhaben um die Nationalgalerie. Hier laufen gerade die Machbarkeitsstudien. Auch wenn ich nicht „amused“ war, als aus dem Projekt um die Filmindustrie nichts wurde. Doch wenn das Wirtschaftsministerium im Ausland nach neuen Unternehmen sucht, dann muss Düdelingen auf dem Radar sein. Das Wirtschaftsministerium, die Regierung haben ganz klar die Mission, neue Industrieunternehmen nach Düdelingen zu bringen.
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