OGBL-Protest während SIGI-Day / Die Respektlosigkeit eines Gemeindesyndikats
Eine Art Tag der offenen Tür stellt der jährliche „SIGI-Day“ dar, bei dem sich das interkommunale Syndikat zur Zusammenarbeit und digitalen Verwaltung den Besuchern in bestmöglichem Licht präsentieren möchte, Feinkost-Schnittchen, -Teilchen und -Häppchen inklusive. Dass reines Marketing nicht ausreicht, um dieses Ziel der Image-Pflege zu erreichen, merkte die SIGI-Direktion am Donnerstag spätestens, als Gewerkschafter vor der Zentrale in Contern ihre Fahnen entrollten.
Geklaute Arbeitsstunden, prekäre Arbeitsverhältnisse, das Fehlen eines Kollektivvertrags – solche Vorwürfe seitens der Gewerkschaften sind vor allem in halbseidenen Privatunternehmen bekannt. Dass einem öffentlichen Syndikat, finanziert durch Steuergelder und kommunale Mittel, solches Gebaren vorgeworfen wird, ist die Ausnahme. Das „Syndicat intercommunal de gestion informatique“ scheint sich, so jedenfalls einer der Vorwürfe der Sprecherin des Syndikats öffentlicher Dienst OGBL-Landesverband, Milena Steinmetzer, in privatwirtschaftlichen Gewässern nicht unwohl zu fühlen, immerhin haben etwa die Hälfte der 140 Beschäftigten einen solchen Status, sind weder beamtet noch sonst wie staatlich angestellt, sondern werden von Privatfirmen an das Syndikat ausgeliehen, und das in Einzelfällen seit sieben oder gar zehn Jahren (vergl. auch den Beitrag in unserer gestrigen Ausgabe). In einigen Fällen habe das Einstellungsgespräch dieser Mitarbeiter sogar direkt in den SIGI-Räumen stattgefunden.
Dass die Gewerkschaft diese Praxis in einem Beitrag der OGBL-Zeitschrift Aktuell monierte, rief die Juristen des Unternehmens auf den Plan, die in einem Schreiben u.a. erklärten, die Einstellungspolitik einer Firma gehe die Gewerkschaft nichts an.
Privatisierung öffentlicher Dienste
Für den OGBL bedeutet diese Praxis nichts anderes als eine Privatisierung eines öffentlichen Dienstes, oder anders ausgedrückt: die Umlenkung öffentlicher Gelder in private Taschen. So lautete der Slogan eines der gestern mitgeführten Protestplakate denn auch „Contre la privatisation du service public“, auf anderen stand zu lesen „Plus de tentatives d’intimidation“ oder „Pour un vrai dialogue social“. Zunehmender Druck seitens der Direktion auf die Belegschaft habe mittlerweile zu zahlreichen Kündigungen geführt, das erwähnte Schreiben der SIGI-Anwälte sei zudem die einzige Reaktion auf den von der Gewerkschaft vorgeschlagenen Sozialdialog gewesen, so Steinmetzer während ihrer Rede vor Mitarbeitern und Kollegen aus verschiedenen Gemeinden, die gekommen waren, um ihre Solidarität auszudrücken.
Die schlechte Qualität des Verhältnisses zwischen Direktion und Belegschaft wird zudem dadurch illustriert, dass die Unternehmensleitung die seit Jahresbeginn während der Heimarbeit der Mitarbeiter geleisteten Überstunden per Federstrich vom Lohn abgezogen hat.
„Arbeitsstunden geklaut“
Diese Mehrarbeit sei nicht zu kontrollieren, so das Argument der leitenden Digitalexperten, denen das Syndikat der fusionierten Gewerkschaften OGBL und Landesverband Kontrollwahn und mangelndes Vertrauen in die Belegschaft vorwirft. Die von der Direktion verordneten Abzüge von Arbeitsstunden können zudem von den Betroffenen kaum mehr kontrolliert werden, da ihnen der Zugriff auf ihre Eingaben zur Arbeitszeit nicht mehr möglich ist.
Die Demonstranten, die immerhin kulinarische Gnade walten ließen und die oben erwähnten Schnittchen, Häppchen und Teilchen, die per Laster herangekarrt wurden, mit nur leichter Verzögerung passieren ließen, fordern neben der Wiederherstellung und Bezahlung aller geleisteten Arbeitsstunden die Einstellung der „externen“ Mitarbeiter durch das Syndikat, stärkere Bemühungen der Direktion für einen Sozialdialog, das Unterlassen von Einschüchterungsversuchen bei gewerkschaftlicher Arbeit und die sofortige Aufnahme von Kollektivvertragsverhandlungen in dem Gemeindesyndikat.
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