Editorial / Die Scheinheiligkeit der Dopingbekämpfung bekämpfen
Es ist ein Gesetz mit großer Sprengkraft. Mit dem Rodtschenkow-Gesetz wollen die USA im Falle von Dopingvergehen bei internationalen Sportveranstaltungen strafrechtlich ermitteln. Und das nicht nur im eigenen Land, sondern weltweit. Laut Gesetz reicht es aus, dass entweder ein amerikanischer Sportler an der Veranstaltung teilnimmt, US-Firmen als Sponsor tätig sind oder aber Fernsehrechte an US-Sender verkauft wurden. Damit ist so gut wie jede größere internationale Sportveranstaltung betroffen.
Den USA geht es nicht darum, gegen dopende Athleten vorzugehen, sondern der „Rodchenkov Act“ visiert ganz klar die Hintermänner. Für die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) und das Internationale Olympische Komitee (IOC) geht das Gesetz eindeutig zu weit. Sie fürchten, die Hoheit über den Kampf gegen das Doping zu verlieren. Ob das wirklich so schlimm wäre, sei dahingestellt, denn wirklich konsequent und vor allem effizient ist die Anti-Doping-Bewegung des privat organisierten Sports nicht. Die großen Dopingskandale, ob nun das russische Staatsdoping oder aber das Netzwerk um den deutschen Sportarzt Mark Schmidt, der sich gerade in München vor Gericht verantworten muss, wurden entweder von Journalisten oder aber staatlichen Behörden aufgedeckt. Ähnlich war es bereits vor Jahren bei der „Operación Puerto“ um den spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes. Der Sport versteckt sich zwar gerne hinter seiner Autonomie, wenn es um Doping, Korruption und Betrug geht, doch geht es dabei eher um Selbstschutz als um Aufklärung.
Eine strafrechtliche Grundlage wird daher von immer mehr Experten gefordert. Der Anwalt und ehemalige Präsident des Luxemburgischen Olympischen Komitees, Marc Theisen, sowie die Juristin und ehemalige Triathletin Liz May sind ebenfalls von der Notwendigkeit einer strafrechtlichen Basis überzeugt.
Ob diese unbedingt so aussehen sollte wie das neue US-Gesetz, ist allerdings fraglich. Zu glauben, dass es den Amerikanern nur darum geht, den sauberen Sport zu fördern, wäre naiv. Immerhin fallen ihre eigenen großen Profi- und College-Ligen nicht unter das Rodtschenkow-Gesetz. Hier geht es einzig um ein Kräftemessen zwischen den USA, ihrer Anti-Doping-Agentur Usada und der WADA. Es ist ein Streit, der sich bereits seit einigen Jahren hinzieht. Die Usada gehört zu den größten Kritikern der WADA und bemängelt immer wieder ihr inkonsequentes Vorgehen, vor allem in der Russland-Affäre. So ist es beim Rodtschenkow-Gesetz wie so oft in der Dopingbekämpfung: Die Scheinheiligkeit dominiert.
Dennoch könnte der „Rodchenkov Act“ eine positive Signalwirkung für die Anti-Doping-Bewegung haben, nämlich dann, wenn das Bewusstsein für eine strafrechtliche Grundlage größer wird. Bislang gibt es nur wenige Länder, wie zum Beispiel Österreich oder Deutschland, die ein Gesetz gegen Sportbetrug bzw. ein Anti-Doping-Gesetz haben. Dabei spielt der Sport für viele Länder eine wichtige Rolle in der Außendarstellung, auch für Luxemburg mit seinem Nation Branding. Ein Gesetz gegen Sportbetrug wäre jedenfalls ein starkes Zeichen, dass man zu den Grundwerten des Sports steht und sich nicht mit der Scheinheiligkeit der aktuellen Dopingbekämpfung zufriedengibt.
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Sind es nicht immer die Hintermänner oder Großverdiener(Armstrong) die den Athleten „vorschlagen“ zu dopen oder eben die Koffer zu packen? Mit dem Vertrag wird doch meistens auch die Lizenz zum Doping unterschrieben. Beispiel Tour de France. Waren nicht alle diese Überflieger,die nie einen “ jour sans“ hatten,oder im Falle eines Zusammenbruchs am nächsten Tag wie Phönix aus der Asche alles plattfuhren verdächtig? Und die Strafen sind ja dann auch nur etwas höher als beim Falschparken.
Die « Hinterfrauen und- Männer « sind wohl bekannt , aber zu mächtig um belangt zu werden und ihre Kronen und Zepter zu verlieren…….
Eine strafrechtlichje Verfolgung von Doping-Sündern ist absolut unerlässlich. Man kann nur bedauern, dass es jetzt dieser USA-Initiative bedurfte, um der WADA Dampf ind er Frage zu machen. Es wäre zweifelsohne besser gewesen, wenn die WADA längst selbst in dieser Richtung tätig geworden wäre, dann hätte es dieser – sicher etwas ’scheinheiligen‘ – Initiative der USA nicht bedurft. Aber das wäre von der Softie-Welt-Anti-Doping-Agentur dann doch etwas zuviel verlangt, denn dann könnte man ja nicht mehr so fein ‚mauscheln‘ wie man es dort (bedauerlicherweise) gewohnt ist. So ganz nebenbei gefragt: in welcher Schublade der WADA ist denn das Dossier ‚Chris FROOME‘ verschwunden bzw. untergetaucht worden ??