Corona-Schulstart / „Die Schule wird nicht die gleiche wie vor der Ausgangssperre sein“
Am 4. Mai geht es los: Dann wird Luxemburg schrittweise seine Schulen wieder öffnen. Aber eines machte Bildungsminister Claude Meisch am Donnerstag klar: So wie vor der Krise wird das Schulleben eine ganze Weile lang nicht sein.
Luxemburg will raus aus dem Lockdown – aber langsam. Das verkündete Premierminister Xavier Bettel (DP) auf der Pressekonferenz nach dem Regierungsrat bereits am Mittwoch. Einer der großen Schritte in Richtung Normalität ist, dass Schulen und Kitas wieder ihre Tore öffnen. Seit Mitte März hocken Luxemburgs Schüler wegen der Corona-Krise nämlich zu Hause. Bis zu den Osterferien, die am Sonntag enden, haben sie schon drei Wochen „virtuellen“ Unterricht hinter sich. „Wir haben neue Formen des Lernens entwickelt und sind über uns hinausgewachsen“, sagte Claude Meisch (DP) dazu. Der Bildungsminister stellte am Donnerstagnachmittag die Details zur Wiedereröffnung des Schulsystems vor. Eines ist klar: Für die meisten Schüler wird die „Schoul doheem“ weiter zum Alltag gehören. „Wir haben Covid-19 eingegrenzt bekommen“, so Meisch. „Das heißt aber nicht, dass wir die Schulen von einem auf den anderen Tag komplett aufmachen können.“
Schulen, die zu sind, brächten auch Risiken mit sich: in Bezug auf die psychologische Situation, in der sich viele Kinder befinden, weil sie nicht raus oder zu ihren Freunden können, und auf die fundamentale Sicherung der Zukunft, die für alle Kinder und Jugendliche gewährleistet werden müsse.
Die Notlösung, die sich die Regierung für das Schulsystem ausgedacht hat, basiert auf einem Wechselsystem: Jede Schulklasse soll in zwei Gruppen aufgeteilt werden, von denen eine in der Schule unterrichtet wird und die andere zu Hause bleibt, um dort das Gelernte zu vertiefen. Die Gruppen sollen sich dann im Wochenrhythmus abwechseln. „Retour en classe en alternance“, nannte Meisch diese Luxemburger Lösung. Wer bei wem in die Gruppe komme, sei seit Mittwoch die meist gestellte Frage an das Bildungsministerium gewesen. „Die Kinder brennen darauf, endlich wieder den besten Freund oder die beste Freundin vor sich zu haben.“ Der Minister ist sich sicher, dass die Schulen versuchen werden, „die Präferenzen der Schüler“ zu berücksichtigen.
Klassen wechseln sich im Wochenrhythmus ab
Die Teilung der Klassen soll der Ausbreitung des Coronavirus in den Schulen und in den Schulbussen entgegenwirken. „Würden wir nicht halbieren, dann würden mehr als 100.000 Schüler jeden Tag vor die Tür gehen – so sind es etwas mehr als 50.000“, sagt Meisch. Die „alternance“ würde es auch ermöglichen, dass in den Klassenräumen die Zwei-Meter-Sicherheitsdistanz eingehalten werden könne. Denn: Ein Mundschutz wird in der Schule nicht vorgeschrieben. Für Meisch hat Schule etwas mit der „Babbel“ zu tun. „Wir können uns nicht vorstellen, Schule zu machen, ohne dass man den Mund sieht“, meinte er. Wenn sich Lehrer oder Schüler aber mit einer Maske besser geschützt fühlten, könnten sie diesen anziehen. Beim Schultransport gilt – wie im gesamten öffentlichen Nahverkehr – Mundschutzpflicht. Das Bildungsministerium will die Masken zur Verfügung stellen.
Oberstes Gebot sei, dass ein Schüler immer bei „seiner“ Gruppe bleibe und nicht mit anderen Schülern in Kontakt komme. „Die Schüler sollen in ihren Klassen bleiben – Kreuzungen zwischen den Gruppen müssen verhindert werden“, so Meisch. In den Schulen sollen deshalb „Zirkulationswege“ eingerichtet werden. Das können Absperrungen auf den Gängen sein, oder separate Treppenhäuser fürs Hoch- und fürs Runtergehen.
Auf die, die in der Schule sind, warten noch weitere Besonderheiten: Jede Stunde sollen sich die Schüler die Hände desinfizieren. Der Schulhof wird nicht geschlossen, aber die „große Pause“ wird für die Klassen versetzt geplant. „In einer Schule mit 200 Schülern sind pro Woche nur 100 gleichzeitig“, erklärte Meisch. „Bei zwei Pausen sind nur noch 50 auf den Schulhof – das erlaubt die Einhaltung der Distanzregeln.“ Damit würde sich „unkontrollierter Kontakt“ vermeiden lassen.
Kein Sportunterricht bis zum Ende des Schuljahres
Der Schwimm- und Sportunterricht wird bis zum Ende des Schuljahres ausgesetzt bleiben. Die Schulkantinen bleiben zu, die Schüler sollen stattdessen „Foodbags“ bekommen. Gefährdete Schüler können zu Hause bleiben. „Da werden wir technische Möglichkeiten einsetzen, den Unterricht zu filmen“, sagte Meisch.
Alle Maßnahmen sollen eins bezwecken: dass die Schüler-Gruppen möglichst wenig Kontakt mit anderen Jahrgängen und Gruppen haben. „Wenn jemand an der Schule positiv getestet wird, wird das direkte Umfeld auch getestet“, meinte Meisch. So soll verhindert werden, dass die ganze Klasse oder die ganze Schule isoliert werden müssten. Der Bildungsminister sieht aber auch die Eltern in der Pflicht, die eine Krankheit direkt als solche erkennen sollten. Problematisch könnte hier jedoch der Effekt sein, den der Virus auf die Kinder hat – nämlich so gut wie keinen. „In der Regel sind Kinder symptomfrei, auch wenn sie den Virus haben“, meinte Meisch. Dennoch können sie den Virus übertragen. Was passieren soll, wenn die Eltern von Schülern zu einer gefährdeten Bevölkerungsgruppe gehören, ist noch unklar. Meisch habe eine entsprechende Anfrage ans Gesundheitsministerium gestellt.
„Die Schüler haben in den vergangenen Wochen eine Reihe von Nachrichten an mich herangetragen, die mich tief getroffen haben“, sagte Meisch am Donnerstag. „Sie haben mir gesagt, dass Schule nicht nur ein Platz zum Lernen ist, sondern auch ein Platz, um zusammenzukommen, zu reden und zu lachen.“ Wenn die Schulen wieder öffnen, glaubt Meisch, würde in den Mauern auch wieder das Lachen einziehen.
Der Zeitplan für die Schulöffnungen
Die „Zeitschiene“, wann welche Bildungseinrichtung öffnet, ist provisorisch, betonte Meisch. „Wir müssen schauen, wie sich das Virus verbreitet.“ Die Regierung könne jederzeit schneller vorgehen – oder bremsen. Das beste Instrument: die Antikörperstudie, die in dieser Woche anläuft und einen repräsentativen Teil der Luxemburger Bevölkerung unter die Lupe nimmt. Auch im Bildungssystem sollen laut Meisch in Zukunft Stichproben genommen werden. „Wir werden nicht von den Statistiken der Krankenhäuser abhängig sein“, so der Minister.
Am 4. Mai werden die ersten Schüler wieder an ihre Bildungsstätten zurückkehren können: jene der Abschlussklassen der Sekundarschulen und der „Formation professionnelle“. Fünf Tage lang sollen sie sich in den Schulen auf ihre Prüfungen vorbereiten können. Dann müssen sie wieder für eine Woche nach Hause. Für diese Zeit bekommen sie Übungsaufgaben. Am 25. Mai beginnen dann – wie ursprünglich vorgesehen – die Examen. Dafür sucht das Bildungsministerium derzeit weitere Räume, damit Distanz geschaffen werden kann. Wer seinen Notenschnitt überdies verbessern will, kann ab 18. Mai zusätzliche Tests in maximal drei Fächern absolvieren. Die Abschlüsse sollen gleichwertig mit den Abschlüssen der Jahre davor und danach sein.
Auch die CCP-, DAP- und DT-Abschlussklassen dürfen ab 4. Mai wieder ran – ebenfalls in einem abwechselnden Rhythmus. Die Dauer der Abschlussprojekte wird angepasst, das Thema muss nur Material des ersten Semesters 2019/20 enthalten. Die Zeit soll genutzt werden, „um die Leute vorzubereiten“, erklärte Meisch. Auch dabei gelten gewisse Einschränkungen. Angehende Frisöre sollen beispielsweise an Plastikköpfen arbeiten, nicht an Menschen.
Am 11. Mai ist dann die große „Re-Rentrée“, zu der alle anderen Klassen der Sekundarschulen und der Berufsbildung an die Schulen zurückkehren. Bei den klassischen Lyzeen werden die Klassen ebenfalls in jeweils zwei Gruppen aufgeteilt, die sich im Wochenrhythmus mit dem Unterricht vor Ort abwechseln. Dieses Wechselspiel soll bis zu den Sommerferien beibehalten werden, die wie geplant am 16. Juli beginnen sollen. Auch von den Inhalten her gibt es Einschränkungen: Bis zu den Pfingstferien sollen in der Schule vor allem die Inhalte vertieft werden, die über den Fernunterricht vermittelt worden sind. Der Fokus liegt dabei auf den Kernfächern – Mathematik, Sprachen und den Spezialfächern der oberen Stufen. Danach sollen dann neue Fachgebiete erschlossen werden, um im Lehrplan voranzukommen.
Am 25. Mai soll dann auch der Grundschulunterricht wieder aufgenommen werden – ebenfalls in einem wöchentlich wechselnden Rhythmus. In den Wochen, in denen die Schüler ihre Übungen machen sollen und nicht in der Schule sind, können sie – je nach Entscheidung der Eltern – auch in „Maisons relais“ beaufsichtigt werden. Die sollen bis 25. Mai ebenso wie die Kitas ihren Betrieb wieder aufnehmen. „Kitas und erste Grundschulklassen sind sicher speziell“, sagte Meisch am Donnerstag. Die Sicherheitsmaßnahmen und Restriktionen seien bei kleinen Kindern besonders schwer einzuhalten. „Aber es ist wichtig, dass die Einrichtungen wieder geöffnet werden, auch weil die Kinder viel lernen.“ Mit den Gemeinden sollen laut Meisch in den kommenden Wochen noch Lösungen gefunden werden, wie Personal und Räumlichkeiten maximal genutzt werden können.
Der Unterricht in den Grundschulen soll komprimiert werden und von 8 bis 13 Uhr stattfinden. Dann gehen die Schüler nach Hause oder werden betreut. „Wenn jemand auf Betreuung angewiesen ist, dann ist das gesichert“, sagte Meisch. Das gelte auch für Eltern, deren Kinder bis jetzt nicht in den „Maisons relais“ eingeschrieben sind.
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Et stemmt net dass mir Premiersschüler de. 4. Mai an Schoul ginn fir eis op « Prüfunge » virzebereeden. Au contraire. Dei Woch hu mir elo Prüfunge, vu Saachen dei mol net am Exame sinn. Et ass einfach egal wat.
Naja hatte man kennen auf ein Datum im Mai verzichten sowie die Fortsetzung der Schule fuer sekundarschuler und Grundschule.
Etwas riskant
Keine kritische Stimme zur Anwesenheitspflicht in Schulen in luxemburgischen Medien… Was hat sich denn geändert seit März? Wieso dieses Experiment? Wieso müssen Lehrer jetzt ihre Kinder in irgendeine fremde Crèche geben? Sind die Schulen wirklich schon vorbereitet auf eine Rückkehr? Wer hat die Verantwortung wenn Leute krank werden und Spätfolgen davontragen oder sterben? Auf welchem Modell beruhen Berechnungen für fie Wiedereröffnung der Schulen? Ist Beschulung wichtiger als Gesundheit?