Meinung / Die SPD muss sich am Riemen reißen – sonst wird es bitter
Einen treuen Fan hat sich Olaf Scholz bewahrt. Entertainer Harald Schmidt bekannte nun öffentlich, weiterhin ein großer Freund des Kanzlers zu sein. Scholz beweise auf jeden Fall Durchhaltevermögen und verliere nicht so schnell die Nerven.
Diese Einschätzung stimmt, das gestehen dem SPD-Kanzler auch Parteifreunde und Gegner zu. Doch ansonsten ist es bei den Sozialdemokraten gerade etwas einsam geworden um den Regierungschef. Die SPD ist knapp anderthalb Jahre vor der Bundestagswahl in Aufruhr, das miserable Ergebnis bei der Europawahl war das Ventil für all diejenigen, die schon vorher mit den Füßen scharrten.
Der Unmut in Partei und Fraktion trifft jedoch nicht nur den Regierungschef, sondern auch die SPD-Spitze, insbesondere Generalsekretär Kevin Kühnert. Der ist unbestreitbar ein rhetorisches Talent, im Jahr 2023 saß er so oft in TV-Talkshows wie kein anderer Politiker. Doch es gibt mittlerweile nicht nur bei Insidern erhebliche Zweifel an seinen Managementfähigkeiten. Diese allerdings sind bei einem Wahlkampfmanager entscheidend. Der Europawahlkampf war geprägt von Fehlern, die Kühnert verantworten muss. Etwa Patzer bei der Social-Media-Kampagne, die Stringenz vermissen ließ.
An der blassen SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley sowie an den Koalitionspartnern FDP und Grüne, die für das schlechte Ansehen der Ampel mitverantwortlich gemacht werden, konnte Kühnert allerdings nichts ändern – das gehört zur Wahrheit auch dazu. Doch hinterher vor allem auf die Koalitionspartner zu zeigen, ist einfach kein guter Ton.
Auch die Kommunikation der Partei muss stringenter werden. Was will man eigentlich wirklich verkaufen an Themen und Geschichten? Die SPD wäre klug beraten, wenn sie sich das Thema Sicherheit und Migration auf die Fahnen schreiben würde. Und zwar mit ehrlichen Ansagen. Das treibt laut Umfragen nicht nur Jugendliche um, die in deutschen Großstädten mittlerweile sehr genau wissen, was Messerangriffe zu bedeuten haben.
Keine Flügelstreitigkeiten
Dem Kanzler öffentliche Vorgaben für die Haushaltsberatungen zu machen, wie es die SPD-Gruppe Forum Demokratische Linke (DL21) mit einem Mitgliederbegehren umsetzen will, ist eine Panikreaktion, die wenig bringen wird. Ebenso wie etwas, gegen das sich Parteichef Lars Klingbeil und SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich lange gestemmt haben: Das erneute Aufbrechen von Flügelstreitigkeiten, etwa zwischen den konservativen Seeheimern und der parlamentarischen Linken.
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, der bekanntermaßen kein großer Scholz-Anhänger ist, drückte es mit einem Sportvergleich etwas abgedroschen, aber dennoch zutreffend aus: In der Kabine selbstbewusst Tacheles reden, aber als Mannschaft mit klaren Rollenverteilungen auf den Platz kommen. Und hinterher Sieg und Niederlage erst einmal gemeinsam analysieren und die Pressekonferenz dann dem Trainer überlassen, möchte man hinzufügen. Der SPD wird nichts anderes übrig bleiben, will sie nicht im Strudel der unzufriedenen Wähler untergehen.
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