Parlament / Die Sprache, die Flagge, der Großherzog … – Kapitel 2 der Verfassungsreform verabschiedet
Eine Republik Luxemburg wird es in absehbarer Zeit nicht geben. Während der ersten Lesung des zweiten Kapitels der Verfassungsreform, bei der die Thematik Institutionen und Organisation des Staates behandelt wurde, wurde die Rolle des Großherzogs zwar teilweise neu definiert; eine Republik mit Präsident forderte allein die Linke. Bei Gegenstimmen von ADR und „déi Lénk“ wurde der Text am Dienstag mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit angenommen.
Seit gut 15 Jahren wird an einer neuen Verfassung gearbeitet. Ein fertiger Text, ausgearbeitet u.a. von Paul-Henri Meyers (CSV) und Alex Bodry (LSAP), sollte eigentlich 2018 verabschiedet werden. Nach verlorener Wahl entschied sich die CSV dann gegen die Annahme dieses neuen Grundgesetzes. Immerhin bot der Text weitreichende Inspiration für das nun in vier verschiedenen Kapiteln dem Parlament vorgelegte Reformwerk.
Grundgesetzestexte können nur mit besagter Zweidrittelmehrheit angenommen werden. Außerdem bedarf es zweier Abstimmungen im Parlament bzw. alternativ ein Referendum, das u.a. von ADR und Piraten gefordert wird. Auch nach der Sitzung vom Dienstag kündigte ADR-Politiker Fernand Kartheiser an, er werde als sog. „Député initiateur“ versuchen, 15 Unterschriften von Abgeordneten zu sammeln, um eine solche Volksabstimmung zu erreichen. Beim im Oktober verabschiedeten Kapitel Justiz war er hiermit gescheitert. Eine andere Möglichkeit zum Erzwingen eines Referendums wären 25.000 Unterschriften von Bürgern, doch auch dieser Versuch einer Gruppe scheiterte nach Kapitel 1.
So wird Berichterstatter Mars Di Bartolomeo (LSAP), Präsident der Institutionenkommission, in drei Monaten wohl ein zweites Mal auf den Text 7700 eingehen, der den größten Teil der Reform umfasst.
Am Dienstag ging er auf die verschiedenen Aspekte des Grundgesetztextes ein, der die Verfassung an die gesellschaftlichen Realitäten des 21. Jahrhunderts anpassen soll.
Vom Postkutschenzeitalter ins 21. Jahrhundert
Luxemburg wird in dem Text als unabhängiger und unteilbarer Staat definiert, dessen demokratische Gesellschaftsform auf den Prinzipien der Menschenrechte gründet, der eine konstitutionelle Monarchie bleibt, mit der EU verbunden ist, die offizielle Mehrsprachigkeit festlegt und die Stadt Luxemburg als Sitz seiner Institutionen festlegt. Die Aufgaben und Rechte des Großherzogs werden präzisiert, es wird festgelegt, was im Falle einer Abdankung zu tun ist, die neu geschaffene Verwaltung, die „Maison du Grand-Duc“, bekommt Verfassungsstatus, er bleibt (dies während der Sitzung nicht unumstritten) Chef der Armee, darf selbst zwar keine Münzen mehr prägen, bleibt dafür aber zivil- und strafrechtlich unantastbar. Der Staatschef darf weiterhin Adelstitel im Kreis seiner Familie verleihen, diese sind aber nicht mit konkreten materiellen Vorteilen verbunden. Die bislang im Familienpakt der Nassauer definierten Verhaltensvorgaben für den Monarchen und sein Amt verlieren ihre Gültigkeit: Die Verfassung regelt dies nun alles.
Die rot-weiß-(hell)blaue Flagge wird in die Verfassung aufgenommen, das Wappen mit dem roten Löwen, die Nationalhymne „Heemecht“ sowie die Luxemburg Sprache als Primus inter pares mit Französisch und Deutsch.
Neben genauer vorgeschriebenen Regeln für das Parlament (Misstrauensvotum und Vertrauensfrage werden definiert) und die Regierung (Minister werden künftig auch zivil- und strafrechtlich Verantwortung übernehmen müssen) müssen Gemeinden künftig für vom Staat festgesetzte Aufgaben die nötigen Finanzen erhalten, die Berufskammern und das Prinzip des Sozialdialogs bekommen Verfassungsstatus und das recht neue Prinzip der Trennung von Staat und Kirche(n) wird in die Verfassung eingeschrieben.
Die Gemeinschaftsarbeit, so Di Bartolomeo, sei eine Brücke ins 21. Jahrhundert, verfassungsmäßiger Stillstand sei keine Option.
Die Entrüstung der Rechten
Dies sieht auch CSV-Sprecher Léon Gloden so, der den Text verteidigte und schwere Vorwürfe an die ADR machte, die im Rahmen ihrer Referendumskampagne versuche, mit Halbwahrheiten und Lügen das Land zu spalten. Den Aufruf „Wiert Iech!“ aus der entsprechenden ADR-Broschüre verglich er mit dem Aufruf der Nazis 1933 „Wehrt euch!“; dies zur Entrüstung von Fernand Kartheiser, der mehr als einmal wegen „persönlicher Angriffe“ das Wort ergriff.
Simone Beissel (DP) verteidigte den Text ebenfalls und verwies auf die Straffung des Werkes, das nunmehr kohärenter und lesbarer würde. Den Vorwurf, die Rolle des Großherzogs würde geschwächt und dieser habe künftig nur mehr eine symbolische und protokollarische Rolle, wie etwa das schwedische Königshaus, widerlegte sie und verwies u.a. auf das Recht zur Begnadigung und das Verleihen von Orden, neben den institutionellen Aufgaben.
Die Staatsform der Monarchie habe kaum zur Diskussion gestanden, so Charles Margue („déi gréng“), der unterstrich, wichtiger sei der Begriff der parlamentarischen Demokratie, der Luxemburg nunmehr in der Verfassung definiert. In einer kommenden Reform könne wohl auch Englisch als aufstrebende Sprache in Luxemburg berücksichtigt werden, so der Parlamentarier, der ebenfalls auf die Trennung von Staat und Kirche einging, die überfällig sei.
Überfällige Trennung von Staat und Kirche
Weniger als 15 Prozent der Bürger des Landes seien praktizierende Gläubige, weniger als die Hälfte würden sich zu einer Religion bekennen.
Dass Luxemburgisch nun als offizielle Sprache in die Verfassung komme, sieht Kartheiser als positiven Aspekt; ansonsten monierte er u.a., dass der Großherzog und die Treue zu ihm nun nicht mehr in der offiziellen Eidesformel vorkommen soll, verwies auf einige Widersprüche, die er zwischen den vier Kapiteln des neuen Verfassungstextes sieht und erinnerte an die Forderung nach einem Referendum.
Für Myriam Cecchetti („déi Lénk“) wäre eine République du Luxembourg die richtige Antwort auf die Moderne: Die Linke hat ein eigenes Reformpapier zur Verfassung vorgeschlagen, das unter anderem soziale Rechte für die Menschen im Lande vorsieht, ebenso wie ein viel weiter definiertes Wahlrecht, das verhindern würde, dass die Hälfte der Einwohner von den politischen Entscheidungen ausgeklammert ist.
Eine Aktion von „déi Lénk“, die an der „Gëlle Fra“ symbolisch die Demokratie beerdigte, rief den Unmut von Pirat Sven Clement hervor, der dies nicht als geeigneten Ort für derlei Meinungsdarstellungen sieht. Er bemängelte, dass in der Informationsbroschüre des Parlaments, die an alle Haushalte verteilt wurde, der Text der Konstitution fehlte. Auch die Informationspolitik allgemein und der Ablauf der Unterschriftensammlung in den Kommunen für ein Referendum (die scheiterte) kritisierte er.
Der bekennende Monarchist und Staatsminister Xavier Bettel (DP) bewertet den Verfassungstext als Instrument zur Stärkung der Institutionen; so werde der Großherzog durch die Neufassung davor geschützt, „in die politische Arena geworfen zu werden“. Der frühere Bürgermeister der Hauptstadt begrüßte die Definition der Stadt Luxemburg als Sitz der staatlichen Institutionen und tröstete die Escher damit, 2022 in der Europäischen Kulturhauptstadt zu wohnen …
Nachdem die beiden LSAP-Parlamentarier Yves Cruchten und Mars Di Bartolomeo abschließend das Wort ergriffen – hauptsächlich um die ADR anzugreifen –, wurde Kapitel 2 der Verfassung mit großer Mehrheit angenommen; ADR und Linke stimmten dagegen.
Die nächsten Parlamentssitzungen finden am 8., 9. und 10. Februar statt.
- Politiker, Gewerkschafter, Freigeist: Nick Clesen ist im Alter von 67 Jahren gestorben - 3. Oktober 2024.
- Konsequent gegen die autoritär-liberal-konservative Rechte - 14. Juli 2024.
- Streit der Form wegen: Klimabonus rückwirkend verlängert - 26. Juni 2024.
Wat eng Chance dat kee Referendum ass. Da brauch ech all déi Texter, fir déi ech souwisou ze domm sin, net ze liesen. Fir wat bréngt eng Zeitung esou eppes? Jiddefall ass déi Weihrauchgesellschaft an der Chamber ganz aktiv: Ee lueft deen aneren. Also muss et gutt sin.
„..dieser habe künftig nur mehr eine symbolische und protokollarische Rolle, ..“ Ja was hat er denn sonst zu bestimmen? Gesetze unterschreiben,mit „…nous H,par la grâce de dieu..“?? Und was hat der liebe Gott damit zu tun? Und wenn,wie im Falle des Euthanasiegesetzes, der Grand Duc „refüsiert“ zu unterschreiben weil er den Zorn des Bistums fürchtet,dann tut das halt der Premier.
Neujahrsansprachen und Antritt auf Olympiaden um unsere 2 Athleten anzufeuern oder eine flammende Rede für den Waldbestand vor der UN sind ja lobenswerte Aktionen,aber staatstragend? Die Republik ist die einzige Antwort,zumal wenn man sieht was in anderen Monarchien abgeht. Gegen Diktatoren muss man zufelde ziehen,aber Monarchen kann man einfach abwählen.Aber dazu braucht es Volksvertreter mit Mumm.Also weiterhin: “ Maach wéi d’Leit,da geet et dir wéi de Leit.“
Greiser Kunstbanause , seinem geliebten früheren Esch nachtrauender Minettsdapp ,bin dem vorigen Schuldheiß der Hauptstadt und jetztigen Staatsoberhaupt, sehr dankbar für seinen liebevollen Trost ,(siehe vorletzter Abschnitt im obigen Schneider Artikel,) das restliche ganze Jahr 2022 im neuen schwarz-blau-grünen E22 , der Europäischen Kulturhauptstadt wohnen zu müssen. Dies umso mehr da bekannte Escher Söhn , ,Künstler und Artisten wie Lofy‘s Wil dort seit Jahren vollkommen vergessen sind und es leider auch 2022 und später bleiben.
Den Mars asss net mei‘ daat wat hien mol war, leider !
War frei’er mei‘ no bei den Leit !
Huet haut den Buedem ennert den Fei’ss verluer !
„Eine Republik Luxemburg wird es in absehbarer Zeit nicht geben.“
Schade, Monarchien sind micht mehr Zeitgemäß.
Wie steht’s mit Gefängnisstrafen für Leute die sich als ‚Großherzogin‘ ausgeben?
Es ist schon bemerkenswert, wie man es hingekriegt hat, dem Volk per direkte Demokratie, die Frage der Monarchie vorzuenthalten.
In meiner Gemeine ist der Termin zum Einschreiben an einem Referendum einfach so verstrichen, keine Information, keine Einladung, kein Aufruf im Briefkasten……
Unglaublich….und das virusgeschwächte Volk schluckt alles!