Editorial / Die Tripartite sollte nicht zur Debatte über das Luxemburger Modell führen
Im Herbst 2022 ist der soziale Frieden in Gefahr. Auf Schloss Senningen wurde darum offenbar erneut hart gerungen. Die Gewerkschaften hielten angesichts der Massivität dessen, was da auf uns zukommt, fester denn je an den im Luxemburger Modell vorgesehenen Maßnahmen fest. Die Arbeitgeber sahen die Krise offenbar als Chance und heilige Pflicht, genau diese Maßnahmen erst einmal ad acta zu legen. Die gute Nachricht: Es gibt eine Einigung – und das Soziale im Sozialstaat bleibt uns erst einmal erhalten.
Das Resultat dessen, was am Dienstag auf Schloss Senningen passierte, wird so oder so die Ergebnisse des Superwahljahres 2023 beeinflussen. Ganz klar, diese Tripartite stand unter besonderen Vorzeichen.
Lange Zeit hatte die Regierung, was die heißen Eisen des Sozialstaats angeht, nur Verwaltungsarbeiten zu leisten. Aber diese Zeiten sind vorbei, auch wenn Blau-Rot-Grün das offenbar noch nicht wahrhaben möchte. Denn die Koalition steht nicht nur mittendrin in einer Art von Klassenkampf – sondern auch ein Jahr vor den Wahlen. Der Wahlkampfmodus ist eingeschaltet – und das in einem Zweckbündnis, das den oben beschriebenen Konflikt zwischen liberalen und sozialdemokratischen Kräften ausgerechnet in den eigenen Reihen abbildet.
Wie groß ist der Unterschied zwischen Konsens herstellen und Verantwortung vor sich herschieben? Wenn es bei der Tripartite keine Einigung gibt, dann wird die Regierung unilateral entscheiden, sagte Premierminister Xavier Bettel bei den Dreier-Verhandlungen im März sinngemäß. Das hört sich herrisch an – aber genau das ist der Job der Exekutive: Entscheidungen zu treffen, die bei der eigenen Klientel auch mal nicht so gut ankommen. Ereignisse, die Reaktionen erfordern, die nicht jedem gefallen, geschehen leider auch in der Vorwahlzeit.
Fakt ist: Von den drei Protagonisten im Schloss Senningen war die Regierung jener mit der größten demokratischen Legitimation. Die Arbeitgeber sind mit Sicherheit diejenigen mit der kleinsten. Die Tripartite als Austausch von Informationen und Ideen zu interpretieren, wie man die Krise am besten übersteht: richtig. Die Tripartite als Gelegenheit zu begreifen, den Sozialstaat abzuschaffen: falsch.
Das sollten die Entscheidungsträger der gewählten Regierung Luxemburgs bedenken, bevor sie sich das nächste Mal in tagelangen, verbissenen Verhandlungsmarathons verlieren. Welchen sozialen Frieden soll eine Tripartite bewahren, wenn dabei eben die sozialen Errungenschaften dieser Gesellschaft zur Diskussion stehen?
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Die Arbeitnehmer wählen die Regierung. Demokratische Legitimation auf Zeit hat sicherlich die Regierung. Nächtes Jahr sind Wahlen. Je nach Entscheidung der Regierung ist dann Sense mit unserer Regierung.
jung.luc.lux /
Fast 50 % der Arbeitnehmer wählen nicht diese Regierung, schlicht weil sie Grenzgänger sind. Entsprechend weniger Rücksicht muss genommen werden;)
@Bux
Diese Regierung unter der Regie der blauen Fahne nimmt keine Rücksicht auf Arbeitnehmer sondern auf das Patronat, die Bourgeoisie und Bauspekulanten.