Ruanda – 30 Jahre nach dem Genozid / Die unvollendete Aufarbeitung des Völkermords
Vor 30 Jahren starben in Ruanda in nur hundert Tagen etwa eine Million Menschen durch die Gewalttaten des aus der Bevölkerungsmehrheit der Hutu bestehenden Militärs und der Polizei sowie Hutu-Milizen. Ihre Opfer waren Angehörige der Tutsi und gemäßigte Hutu. Die Verbrechen sind bis heute nicht gänzlich aufgeklärt. Die Folgen des Genozids reichen bis in die Gegenwart.
„Es fing alles am 6. April an, einem Mittwoch“, beginnt Didace Kalisa zu erzählen. „Ich wohnte mit meinem Cousin in Kigali zusammen. Damals war ich 29 Jahre alt.“ Der heutige Direktor der „Agence nationale pour l’information des jeunes“ (ANIJ) in Bonneweg spricht ruhig und bedächtig. „Als wir am Abend nach Hause kamen, hörten wir von dem Absturz. Das Flugzeug des ruandischen Präsidenten Juvénal Habyarimana war beim Landeanflug abgeschossen worden.“ Dabei kam neben diesem auch dessen burundischer Amtskollege Cyprien Ntaryamira ums Leben. Wer die Boden-Luft-Rakete abgeschossen hatte, ist bis heute umstritten. „Ich hatte sofort verstanden, was das bedeuten würde – mir war klar, dass von nun an nichts wird mehr so sein würde, wie es einmal war“, sagt Kalisa. Schon im Laufe des Tages waren Menschen auf der Straße umgebracht worden. Häuser brannten. Es war wie vor einer Apokalypse. Und ich war getrennt von meiner Familie.“
Das Morden begann, das Militär hatte angegriffen, und mit ihm die Interahamwe-Miliz, die sich aus der Bevölkerungsmehrheit der Hutu zusammensetzt. Sie werden von den örtlichen Medien angestachelt und aufgehetzt, vor allem von dem Hörfunksender Radio-Télévision Libre des Mille Collines. In den darauffolgenden Tagen steigerte sich das Massentöten der durch Straßen ziehenden Hutu immer weiter zu einem unvorstellbar entsetzlichen Massaker. „Meine Familie, die in einer anderen Gegend wohnte, wurde angegriffen. Sie wurden alle getötet: meine große Schwester und ihr Ehemann, meine Mutter, meine kleine Schwester, mein kleiner Bruder. Die Nachbarn hatten es gesehen. Auch Freunde wurden massakriert“, sagt Kalisa. Mein Cousin und ich hingegen hatten Glück. Ich floh in das Hôtel des Mille Collines, das etwa zwei Kilometer von uns entfernt lag. Zu Fuß war es unmöglich, dorthin zu gelangen. Meine zukünftige Frau und ich schafften es mit fremder Hilfe.“
Das besagte Vier-Sterne-Hotel sollte später durch den Film „Hotel Ruanda“ aus dem Jahr 2004 weltweit Berühmtheit erlangen. Der Streifen beruht also auf einer wahren Begebenheit und erzählt die Geschichte des Hotelmanagers und seiner Familie. Er zeigt außerdem, dass sich die Weltöffentlichkeit und westliche Politiker kaum für den Völkermord zu interessieren schienen. „Wir haben mehrmals überlebt, wurden mehrmals gerettet“, betont Didace Kalisa. „Das erste Mal, weil wir überhaupt zu dem Hotel gekommen waren. Wir wären dort wenigstens zusammen gestorben. Zum zweiten Mal wurden wir gerettet, als wir das Hotel unbeschadet verlassen konnten“, erklärt er. „Wir kannten jemanden im Ausland. Meine Schwester lebte in Lüttich, mein Bruder war als Flüchtling in Burundi.“
Ein neues Kapitel in Luxemburg
Didace Kalisa erinnert sich an die Fahrt in einem der Lastwagen: „Etwa 60 Personen waren in einem Lkw, insgesamt müssen es Hunderte Leute gewesen sein, die auf diese Weise dem Massaker entkamen. Wir waren wie Sardinen auf der Ladefläche zusammengedrängt. Aber Hauptsache, wir konnten raus. So gelangten wir in die sichere Zone der Ruandischen Patriotischen Front (RPF).“ Kalisa und seine spätere Frau, ihre Schwester und deren Mann wurden gerettet. Zur dritten Rettung kam es, als Luxemburg unter dem damaligen Außenminister Jacques Poos einige Flüchtlinge aus Ruanda aufnahm. Das Land war Kooperationspartner, und der Beauftragte des Großherzogtums befand sich in Burundi. „Mein Bruder hatte Kontakt zu ihm“, erinnert sich Kalisa. Hierzulande angekommen, wurde er von einer Luxemburger Familie aufgenommen. Ein neues Kapitel in seinem Leben begann.
Seine spätere Frau – geheiratet haben die beiden in Luxemburg – musste zunächst in Ruanda bleiben und kam ein Jahr später nach. „Wir lebten ein weiteres Jahr in Angst, es war eine schwierige Situation“, sagt Kalisa. Obwohl er gut aufgenommen worden sei, habe er sich einsam gefühlt. „Damals gab es vielleicht 20 Ruander in Luxemburg. Das Essen hilft nicht gegen Einsamkeit.“ Die Erinnerungen an die schrecklichen Gewalttaten und die Tatsache, dass er einen großen Teil seiner Familie verloren hatte, ließen ihn nicht los, bohrten in ihm. „Ich bekam Hilfe von einem Psychologen und machte eine Therapie“, erzählt er. Er war scheu, hatte Angst, jemanden kennenzulernen. Wie viele Ruander, die den Genozid überlebten, verfolgte dieser ihn. „Es fiel mir zum Beispiel schwer, neue Menschen kennenzulernen.“ Das Vertrauen in andere Menschen war durch das Erlebte der Angst gewichen und konnte erst allmählich wieder zurückerlangt werden.“
Heute können Didace Kalisa und seine Frau mit ihren drei Kindern, die allesamt erwachsen sind, über das sprechen, was geschehen ist. „Am Anfang war alles noch sehr weit weg für sie“, erinnert sich Kalisa. „Sie hatten die toten Verwandten ja nicht gekannt.“ Die Eltern zeigten ihren Kindern zum Beispiel Fotos von der Familie und knüpften somit eine Verbindung zu den eigenen Wurzeln. Auch sei es schwer für ihn gewesen, die alte Heimat wieder zu besuchen, sagt Kalisa. „Wir konnten lange Zeit nicht dorthin reisen“, gesteht er. „Das erste Mal wieder dort war wie ein Albtraum. Ich muss daran denken, wie mir bereits das Erklingen einer Trillerpfeife Angst einjagte.“ Es erinnert ihn daran, wie die Mörder und Schlächter einst Jagd auf ihre Opfer machten.
„Ibuka“ – Erinnern
Heute fliegt die Familie etwa alle vier Jahre nach Ruanda. Das Land präsentiert sich heute als moderner Staat und wirbt für den Tourismus. Möglichst viele Besucher sollen ins Land gelockt werden. „Visit Ruanda“ heißt das Motto. Wirtschaft und Gesellschaft geben sich dynamisch. Ruandische Fußballklubs pflegen Partnerschaften mit europäischen Klubs. Lokale Produkte werden angeboten. Ruanda werde international viel gepriesen, weiß die deutsche Journalistin Simone Schlindwein, Korrespondentin der taz. In der Tat gilt das Land als „Musterland“ Afrikas und belegt wegen seiner Fortschritte Spitzenplätze in internationalen Rankings zumindest innerhalb Afrikas. Schlindwein berichtet von einem jahrelangen Bauboom, von geteerten Straßen und neuen Messe- und Einkaufszentren, aber auch von extremer Armut in den Dörfern. Zwar seien die Städte sicher. Aber „von dem, was auf den ruandischen Tisch kommt, werden die Menschen nicht satt“, betont die Journalistin.
„Schon allein die Tatsache, dass es 30 Jahre kein Massaker gegeben hat, ist positiv zu bewerten“, sagt Didace Kalisa. Er weiß, dass die Vergangenheitsbewältigung noch lange nicht abgeschlossen ist. Die Ursachen des Genozids waren vielschichtig. Zwar wurde zum 30. Jahrestag des Beginns der Massaker sowohl in Ruanda, von der Hauptstadt bis in die tiefste Provinz, als auch in der ruandischen Diaspora weltweit an den Genozid erinnert. Das Gedenken dauert hundert Tage, so wie der Völkermord von 1994 sich über hundert Tage erstreckte. Doch die Erinnerungsarbeit ist nicht einfach. Gedenkmärsche, Theaterstücke, Diskussionen, Filme – das Ziel des Gedenkens sei nicht zuletzt das „Nie wieder“, erklärt Didace Kalisa.
Er nennt „Ibuka“, das Wort für „Erinnern“ in der Sprache Kinyawanda, der Muttersprache vieler Menschen in Ruanda und angrenzenden Ländern, sowohl von Hutu als auch von Tutsi. Zugleich ist es auch der Name der 1995 gegründeten Vereinigung und Dachorganisation, die den Überlebenden des Genozids helfen. Kalisa weiß, dass es auch sogenannte Negationisten gibt, die die Verbrechen leugnen, wie es auch in anderen Ländern der Welt Holocaust-Leugner oder -Relativierer gibt. Um ihnen zu begegnen und künftige Menschheitsverbrechen zu vermeiden, müsste zuerst erklärt werden können, wie es zum Genozid kam.
Ursprünge im Kolonialismus
Die Ursachen des Völkermords sind vielschichtig. Sie reichen bis in die Zeit der deutschen Kolonialherrschaft seit Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Einst wurde das Königreich Ruanda von einer Tutsi-Dynastie beherrscht. Die Tutsi waren einst wohlhabende Viehzüchter, die Hutu arme Bauern. Beide bewohnten dasselbe Territorium und sprachen dieselbe Sprache. Bis die Kolonisatoren mit ihrer Rassentheorie kamen. Ethnische Unterschiede zwischen den zwei Bevölkerungsgruppen wurden behauptet, wo es keine gab. Damit begann der ethnische Rassismus, der das Land prägen und schließlich tödliche Konsequenzen für viele Menschen haben sollte.
Infolge des Ersten Weltkriegs fiel die Kolonie in belgische Hand. Die Belgier institutionalisierten die künstlich geschaffenen Unterschiede, indem sie die Kategorien Tutsi und Hutu als Identitätsmerkmale in die Pässe der Ruander aufnahmen. Auch später habe es noch etwa Quoten in den Schulen gegeben, berichtet Kalisa. Im Zuge der ruandischen Unabhängigkeit Anfang der 1960er Jahre ergriff Belgien mehr und mehr Partei für die Hutu und unterstützte deren Aufstand gegen die Tutsi-Dynastie. In den Folgejahren kam es zu mehreren Pogromen, denen Zehntausende Tutsi zum Opfer fielen. Kalisa erzählt, wie er bereits als Kind von Massakern erfahren habe. „Die gab es etwa alle zehn Jahre“, sagt er. „Ich kam aus der tiefsten Provinz. Als ich acht Jahre alt war, hieß es, wir sollten das Land verlassen.“ Daraufhin flohen viele Tutsi in die heutige Demokratische Republik Kongo, die damals Zaire hieß.
Habyarimana putschte sich 1973 an die Macht. Nach einer Zeit der Entspannung brach der Konflikt zu Beginn der 90er Jahre wieder aus, als der Verfall der Weltmarktpreise für das Hauptexportgut Kaffee die Wirtschaft in eine schwere Krise stürzte und die Arbeitslosigkeit zunahm. Zahlreiche junge Männer, die ihren Job verloren hatten, schlossen sich paramilitärischen Milizen an. Zugleich sah sich Habyarimana durch internationalen Druck gezwungen, ein Mehrparteiensystem einzuführen. Eine überwiegend aus Tutsi-Exilanten bestehende Rebellengruppe, die bereits erwähnte Ruandische Patriotische Front (RPF), startete 1990 eine Invasion in den Norden des Landes. Der Konflikt zwischen Tutsi und Hutu eskalierte. Zwar kam es im tansanischen Arusha zu einem Abkommen zwischen der RPF und Habyarimanas Regierungspartei MRND, das eine Regierungsbeteiligung der RPF vorsah, aber extremistische Hutu betrachteten das als eine Machtergreifung der Hutu.
Als das Flugzeug des Präsidenten abgeschossen wurde, waren die Vorbereitungen für den Völkermord bereits getroffen. „Alles war längst geplant“, weiß Didace Kalisa. Die Hutu-Hardliner hatten Todeslisten erstellt sowie Macheten und Nagelkeulen verteilt, die regierungsnahe Interahamwe-Miliz Straßensperren errichtet. Die RPF wurde zwar für das Attentat verantwortlich gemacht. Doch die Milizen ermordeten auch die moderaten Hutu in der Opposition. Im Laufe der hunderttägigen Massaker gewann die Vernichtung immer mehr Eigendynamik. „Die Medien spielten ebenso eine wichtige Rolle“, weiß Didace Kalisa. Da es zu dieser Zeit viele Analphabeten gegeben habe, fiel die hetzerische, rassistische Propaganda vor allem des Hörfunksenders Radio Télévision Libre des Mille Collines (RTLM) auf fruchtbaren Boden. Der Sender hatte sogar kostenlos Radiogeräte im ganzen Land verteilt.
„Die Presse war sehr rassistisch“, sagt Kalisa. „Es fand eine regelrechte Entmenschlichung statt. Die Tutsi seien Schlangen, hieß es.“ Der Exzess an mörderischer und sexualisierter Gewalt nahm seinen Lauf und steigerte sich in einen Blutrausch. Bis die RPF unter der Führung des heutigen Präsidenten Paul Kagame die Oberhand gewann und Kigale einnahm. Kagame proklamierte eine Regierung der nationalen Einheit – mit „der Herausforderung, ein Land regieren zu müssen, dessen Gesellschaft (…) zutiefst traumatisiert und gespalten war und in dem ein Klima der Angst und des Misstrauens vorherrschte“, heißt es in dem 2009 erschienenen und von Bianca Schmolze und Knut Rauchfuss herausgegebenen Buch „Kein Vergeben. Kein Vergessen“ über den internationalen Kampf gegen Straflosigkeit.
Internationales Versagen
Dass es zum Genozid kam, ist unter anderem auf das Versagen der internationalen Staatengemeinschaft zurückzuführen. Die seit 1993 zur Überwachung des Friedensprozesses in Ruanda stationierte UN-Mission (Unamir) war unfähig, das Morden zu stoppen. Ihr Mandat war zu schwach. Den rund 2.500 Blauhelmen war es nur im Selbstverteidigungsfall erlaubt, ihre Waffen zu benutzen. Zudem wurde im UN-Sicherheitsrat eine Erweiterung des Mandats blockiert. Der kanadische Befehlshaber der Unamir, Roméo Dallaire, war zwar über illegale Waffenlager und Tutsi-Todeslisten schon im Januar 1994 informiert worden. Doch der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan untersagte es ihm, zu handeln. Die Unamir wurde gemäß UN-Resolution 912 (1994) auf 270 Soldaten reduziert, nachdem zehn Belgier von der Interahamwe ermordet worden waren. Nicht vergessen werden darf, dass die USA sich weigerten, den Massenmord als Genozid zu bezeichnen. Denn in diesem Falle hätte der UN-Sicherheitsrat handeln müssen. Die Entscheidung, die Unamir um 5.500 Soldaten aufzustocken, kam zu spät.
Um den Genozid juristisch aufzuarbeiten, schufen die UN Ende 1994 den Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda (ICTR). Dieser tagte in Arusha und befasste sich mit Anklagen gegen die Organisatoren des Genozids. Dabei wurde etwa der Tatbestand der sexuellen Gewalt als Völkermordhandlung definiert. In Arusha erfolgte die erste Verurteilung auf Basis der Völkermordkonvention. Der Großteil der Prozesse blieb der ruandischen Gerichtsbarkeit selbst überlassen. Diese zeigte sich jedoch überfordert. Daraufhin entschied sich die Kagame-Regierung 2002 zur Einführung von sogenannten Gacaca-Gerichten* (einer Art kommunale Gerichtsbarkeit), die auf eine Verbindung von rechtsstaatlichen Prinzipien mit traditioneller Rechtsprechung basieren. Geführt werden sie von Laienrichtern, deren Ziel die Versöhnung der Bevölkerung ist. Anfangs wurden die etwa 13.000 Gacaca-Gerichte positiv aufgenommen, doch die Begeisterung wich zunehmend der Skepsis. Außerdem wurde der RPF-Regierung vorgeworfen, Siegerjustiz zu betreiben, was dadurch verstärkt wird, dass die eigenen während des Bürgerkriegs begangenen Verbrechen nicht geahndet werden.
Bis heute sucht eine ruandische Ermittlereinheit weltweit nach flüchtigen Völkermördern. Viele wurden in Europa, den USA und Kanada und gar in Australien als Flüchtlinge anerkannt. Es ist ein maßgeblicher Grund, warum viele Opfer des Genozids sich hintergangen fühlen und Ruandas Regierung unter Langzeitpräsident Paul Kagame in ihren außenpolitischen Beziehungen die Welt in „Freunde“ und „Feinde“ teilt. Ganz oben auf der Liste der geflüchteten Täter stand bisher Félicien Kabuga, einer der reichsten Geschäftsmänner Ruandas jener Zeit und enger Vertrauter des damaligen Präsidenten Habyarimana. Fast 30 Jahre lang schien er verschwunden zu sein. Letztlich wurde er im Jahr 2020 nahe Paris geschnappt. Frankreichs Behörden überstellten ihn an das für Ruanda zuständige UN-Sondertribunal in Den Haag. Das dortige internationale Gericht erklärte den mittlerweile 90-jährigen „Finanzier des Völkermordes“ im Juni 2023 für verhandlungsunfähig. Immerhin: Frankreich hatte seine Pflicht getan, und in Kigali wurde dies als erster Schritt zur Versöhnung gewertet.
Gefahr aus dem Nachbarland
Als der französische Präsident Emmanuel Macron 2021 bei einem Staatsbesuch in Ruanda am Massengrab der Völkermord-Gedenkstätte in Kigali eine Rede hielt, wurde eine Wende eingeläutet. Ein von Macron in Auftrag gegebener Untersuchungsbericht enthüllte im März 2021 das Ausmaß der französischen Verstrickung. Im Juni vergangenen Jahres hat ein Gericht in Paris angeordnet, ein Verfahren wegen mutmaßlicher Komplizenschaft der französischen Militärs und Regierung mit den Mördern in Ruanda wieder aufzunehmen. Konkret geht es um die Rolle französischer Soldaten beim Massaker von Bisesero im Westen Ruandas, wo in nur wenigen Wochen fast 50.000 Menschen ermordet wurden.
2015 hatten ruandische Überlebende in Frankreich einen Prozess angestrebt. Nach sieben Jahren wurde er im September 2022 jedoch mangels Beweisen eingestellt. Schließlich kippte ein Gericht die Entscheidung und stellte klar, dass nicht alle relevanten Beweise gesichtet worden seien. Nun muss das Verfahren neu aufgerollt werden.
Unterdessen droht aus dem Nachbarland Kongo wieder Gefahr. Im Osten des von Kriegen gebeutelten Landes haben die sogenannten Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas (FDLR), einst von Hutu-Kommandanten in Flüchtlingslagern gegründet, dort Gräueltaten an der örtlichen Bevölkerung begangen und auch Ruanda angegriffen. Gegen sie kämpfen die Tutsi-Rebellen der M23. Kongos Armee hat die FDLR-Miliz als Söldner angeheuert. Innerhalb der kongolesischen Armee werde der Rassenhass gegen die Tutsi immer stärker, berichtete die Korrespondentin Simone Schlindwein kürzlich. Die UN-Sonderbeauftragte für Genozid-prävention, Alice Wairimu Nderitu, sei äußerst beunruhigt. Hass und Gewalt könnten sich erneut im großen Stil in einem Völkermord entladen.
*Das Wort Gacaca bezeichnet ursprünglich eine Grasart bzw. Wiese zwischen den Häusern einer Gemeinde, auf der sich Menschen versammeln, um etwas zu besprechen. Dabei geht es in der Regel um Dinge, die die Gemeinschaft betreffen, und um den sozialen Frieden.
- Teufelspakt: EVP einig mit Rechtsextremen - 19. November 2024.
- Der schlafende Riese – Zwischen Aufbruch und neuen Abhängigkeiten - 18. November 2024.
- Unter Strom: Höchstspannungsleitung an deutsch-luxemburgischer Grenze nimmt Konturen an - 12. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos