/ Die verlorenen Amazonians – Auf der Suche nach den verlorenen Mitarbeitern des Konzerns in Luxemburg
Amazon hat vor Jahren seinen europäischen Hauptsitz nach Luxemburg verlagert. Seither wächst das Unternehmen und beschäftigt momentan offiziell rund 2.300 Arbeitnehmer. Doch manche bezweifeln diese Zahl und gehen von einer größeren Belegschaft aus: Ist Amazon mittlerweile der größte private Arbeitgeber des Landes?
Lesen Sie zum Thema auch unseren Kommentar „Die Ich-AG“.
Man kennt sie als die „furchtbaren fünf“: Amazon, Apple, Facebook, Google und Microsoft haben das westliche Internet unter sich aufgeteilt. So gut wie jeder Mensch nutzt eines ihrer Produkte, und zusammen haben sie eine Marktmacht von ein paar Billionen Dollar.
Eines dieser Weltunternehmen hat bereits vor Jahren seinen europäischen Hauptsitz nach Luxemburg verlagert. 2003 wollte die Luxemburger Regierung Amazon unbedingt ins Land holen. Man machte dem Online-Konzern deshalb ein Steuerangebot, das er nicht ablehnen konnte.
Die Europäische Kommission kam allerdings 2017 zu dem Urteil, dass Luxemburg zu tief in die Steuer-Trickkiste griff. Die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sprach von unerlaubter Staatshilfe, Amazon soll deshalb 250 Millionen Euro Steuernachzahlungen an Luxemburg leisten. Der Europäische Gerichtshof prüft gerade noch, ob das rechtens ist.
Seit 2003 hat der Konzern seinen europäischen Sitz in Luxemburg. Mittlerweile gibt es zwei Standorte: Clausen (Bild) und Kirchberg.
Doch aus einem Briefkasten ist mittlerweile ein beeindruckender Standort in Luxemburg geworden: Amazon ist zu einem der größten Arbeitgeber des Landes angewachsen. Offiziell gibt der Konzern an, rund 2.300 Arbeitnehmer in Clausen sowie auf Kirchberg angestellt zu haben. Bei den Sozialwahlen sind deshalb zuletzt 18 Delegierte und 18 stellvertretende Delegierte ernannt worden. Zudem will das Unternehmen weiter personell kräftig aufstocken und hat zurzeit über 570 offene Stellen in Luxemburg ausgeschrieben.
Doch manche Dokumente legen nahe, dass die Belegschaft von Amazon in Luxemburg eigentlich bereits größer ist – viel größer. Tatsächlich lässt sich aus den Einträgen des Handelsregisters von 2018 entnehmen, dass der Weltkonzern mit seinen unterschiedlichen Gesellschaften (Amazon EU: 3.934, Amazon Europe Core: 649, Amazon Media EU: 59, Amazon Services Europe: 174, Amazon Web Services: 1.394) bei rund 6.200 Arbeitnehmern in Luxemburg ist. Und damit wäre Amazon auch der größte Arbeitgeber im Land, weit vor der Post, CFL und Cactus. Kann das sein?
Zwei Drittel arbeiten im Ausland
Jemand, der es wissen sollte, ist die Gewerbeaufsicht (ITM) des Arbeitsministeriums. Allerdings will die ITM keine Auskunft geben. „Wir sind nicht in der Lage, Ihre Fragen zu beantworten“, so die offizielle Antwort. Die Gewerbeaufsicht begründet ihr Schweigen mit dem Code du travail: „Le personnel de l’Inspection du travail et des mines est tenu de garder le secret des informations confidentielles reçues dans ou à l’occasion de l’exercice de ses fonctions, sous peine des sanctions prévues à l’article 458 du Code pénal.“
Das Unternehmen selbst zeigt sich dabei kommunikativer. Die prompte Antwort: Tatsächlich arbeiten rund 2.300 Amazonias in Vollzeit in Luxemburg. Die restlichen rund 4.000 Arbeitnehmer würden zwar zu den Luxemburger Gesellschaften gehören, arbeiten jedoch nicht am Standort Luxemburg. Sie sind verteilt auf andere Länder Europas. Das heißt auch, das sie nach dortigem Arbeitsrecht angestellt sind, dort Steuern und Sozialabgaben zahlen.
Doch warum sind sie denn in Luxemburg aufgelistet? Aus strategischen und steuerlichen Gründen, wie es heißt – Näheres will man dazu nicht angeben. Allerdings sei das die gängige Praxis von global denkenden Konzernen, ähnlich wie wohl auch SES sowie Arcelor Mittal agieren würden.
Damit bleibt die Post mit rund 4.400 Angestellten der größte private Arbeitgeber im Land: Allerdings will Amazon den Standort Luxemburg weiter ausbauen. Die 570 ausgeschriebenen Stellen sind tatsächlich für Luxemburg gedacht.
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