Editorial / Die Verurteilung von Pim Knaff und eine kollektive politische Verantwortung
Für Fehler soll man geradestehen. Das gilt nicht nur für Kommunalpolitiker, die wegen schweren Steuerbetrugs verurteilt wurden. Auch Journalisten sollten für ihre Fehler und Fehleinschätzungen geradestehen. So hat dieser Leitartikler am 17. Februar zur Causa Meisch geschrieben: „Mit etwas Kaffee wegwischen dürfte es jedenfalls nicht getan sein.“ Da lagen wir kräftig daneben, anscheinend war es damit doch getan. Nach einer halbherzigen Entschuldigung ging es für den Bildungs- und Wohnungsbauminister zurück zur Tagesordnung. Ähnlich war es bereits bei seinem Parteikollegen und heutigen Außenminister Xavier Bettel und seiner Plagiatsaffäre.
Mit Pim Knaff scheint nun ein weiterer DP-Politiker die altbewährte Strategie anzuwenden. Wie Reporter.lu vergangene Woche aufdeckte, wurde der Escher Schöffe wegen schwerer Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 9.500 Euro verurteilt. Allerdings nur, weil er sich mit der Staatsanwaltschaft auf einen Vergleich geeinigt hat. Andernfalls hätten ihm eine Geldstrafe bis zu 300.000 Euro und drei Jahre Haft gedroht. Er stehe für den Fehler gerade und bezahle dafür, hatte Knaff schriftlich mitgeteilt. Was in der ganzen Diskussion etwas unterging und worauf die LSAP-Sektion aus Esch noch einmal hinwies: Die 100.000 Euro wurden bewusst auf ein anderes Konto überwiesen und gegenüber den Behörden wurde zuerst nicht die Wahrheit gesagt. Erst eine Durchsuchung der Staatsanwaltschaft hat zur Aufklärung beigetragen. Knaff will also für seinen „Fehler bezahlen“. Ob er damit die Geldstrafe oder persönliche politischen Konsequenzen meint, geht aus der kurzen Stellungnahme nicht hervor.
Die Affäre aussitzen zu wollen, würde sich aber in die politische Tradition Luxemburgs einfügen, die uns doch sehr von unseren Nachbarländern unterscheidet. Dort müssen Politiker für Fehltritte wesentlich früher ihren Hut nehmen. Ob das immer gerechtfertigt ist, steht auf einem anderen Blatt. Doch scheinen die moralischen und ethischen Ansprüche an Politiker im Ausland höher zu sein als in Luxemburg.
Die Verantwortung liegt in diesem Fall nicht allein beim DP-Politiker Knaff. Sollte er selbst keine Konsequenzen nach seiner Verurteilung ziehen, bleibt abzuwarten, wie die beiden Escher Koalitionspartner CSV und „déi gréng“ reagieren. Knaff hat den Schöffenrat erst über seine Verurteilung informiert, nachdem sie durch Journalisten an die Öffentlichkeit gekommen war. Die Frage nach der Vertrauensbasis, auf die sich eigentlich jede Koalition stützen sollte, stellt sich also gleich im doppelten Sinne. Nicht nur, ob man mit einem wegen schwerer Steuerhinterziehung verurteilten Politiker im Schöffenrat weiterarbeiten kann, sondern auch, ob sein Umgang mit der Affäre eine weitere Zusammenarbeit zulässt. Ist das Vertrauen in Knaff abhandengekommen, müssen sich CSV und „déi gréng“ die Frage stellen, ob sie die Dreierkoalition mit der DP überhaupt noch weiterführen können, immerhin hat die Escher Sektion der Liberalen ihrem Schöffen den Rücken gestärkt. Die Verurteilung von Knaff ist nicht nur eine persönliche und auch nicht bloß eine parteiinterne Angelegenheit. Sie betrifft ebenso die Glaubwürdigkeit der Koalition der zweitgrößten Stadt des Landes.
- Boden und Aroma: Welche Rolle spielt der Untergrund unseres Weinberges? - 8. Januar 2025.
- Kommunikationsfiasko 2024: Lehren für Politik und Institutionen - 31. Dezember 2024.
- Die Liberalisierung der Öffnungszeiten zeigt, wie die Regierung das Luxemburger Sozialmodell aushöhlt - 18. Dezember 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos