Landtagswahl in Brandenburg / Die Woidke-SPD verteidigt Platz eins vor der AfD
Mit Brandenburg hat am Sonntag das letzte von drei ostdeutschen Bundesländern in diesem Jahr gewählt. Der Wahlkampf spitzte sich zwischen SPD und AfD zu – am Ende liegen die Sozialdemokraten knapp vorn.
Noch am Tag vor der Landtagswahl in Brandenburg hatte sich Dietmar Woidke auf eine ernste Lage eingestellt. Der brandenburgische Ministerpräsident besuchte Frankfurt (Oder), wo ein schweres Hochwasser droht. Es liege „eine Spannung in der Luft“, sagte der SPD-Politiker, der sich bis zum Wahltag als verantwortungsvoller Kümmerer präsentieren wollte. Die bange Erwartung, die aus Woidke sprach, ließ sich auch auf den Wahlausgang beziehen: Bis Sonntagabend war völlig offen, ob die Sozialdemokraten ihren Platz als stärkste Kraft vor der AfD verteidigen können. In den letzten Umfragen vor der Wahl hatte die AfD, die vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird, knapp vor der SPD gelegen.
Doch es ist den Sozialdemokraten gelungen, als stärkste Kraft aus der Landtagswahl hervorzugehen, wie die Hochrechnungen nach Schließung der Wahllokale zeigten. Woidke hatte seine politische Zukunft gar vom Wahlergebnis abhängig gemacht: Wenn er gegen die AfD verliere, sei er weg, hatte er im Wahlkampf bekräftigt. Diese riskante Strategie ist offenbar aufgegangen. Das Ziel sei von Anfang an gewesen, „zu verhindern, dass unser Land einen großen braunen Stempel bekommt“, sagte ein umjubelter Woidke auf dem SPD-Wahlabend in Potsdam. Es scheine so zu sein, dass es, wie so oft in der Geschichte, Sozialdemokraten gewesen seien, „die Extremisten auf ihrem Weg zur Macht gestoppt haben“, so Woidke kämpferisch.
Großes Aufatmen
Auf Bundesebene sorgten die ersten Zahlen für ein großes Aufatmen. Woidke und seiner Brandenburger SPD sei eine „furiose Aufholjagd“ gelungen, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert schon kurz nach 18 Uhr in der ARD. Der Bundes-SPD bleibt eine zugespitzte Krise damit vorerst erspart, ebenso wie weitere Zweifel in den eigenen Reihen an der erneuten Kanzlerkandidatur von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). SPD-Chef Lars Klingbeil stellte noch am Wahlabend klar: „Wir wollen mit Olaf Scholz in die Bundestagswahl gehen.“ Allein der Umstand, das betonen zu müssen, zeigt, wie groß die inneren Widerstände zuletzt in der SPD waren. Auch die brandenburgischen Sozialdemokraten waren im Wahlkampf auf maximale Distanz zum Kanzler gegangen. Wahlplakate von Woidke und Scholz gemeinsam gab es nicht. Denn die Brandenburger konnten sich keinen Rückenwind von der Bundesebene erhoffen – im Gegenteil.
Anders die Brandenburger CDU, die sich klare Unterstützung von der Bundesebene holte. Der designierte Kanzlerkandidat der Union, CDU-Chef Friedrich Merz, trat noch zum Wahlkampfabschluss am Samstag mit dem brandenburgischen Spitzenkandidaten Jan Redmann auf. Geholfen hat es den Christdemokraten am Ende wenig. Sie landeten auf Platz drei, weit abgeschlagen hinter SPD und AfD. Die Wunschvorstellung, den nächsten brandenburgischen Ministerpräsidenten zu stellen, hat sich eindeutig zerschlagen.
Das schlechte Abschneiden trifft auch die CDU auf Bundesebene hart. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sprach von einer „bitteren Niederlage“. Spitzenkandidat Redmann sagte dem Tageblatt, man liege „weit hinter unseren eigenen Erwartungen“. Ein bitterer Abend sei es für die CDU, aber auch für das Land Brandenburg, „denn mehr als 40 Prozent der Wähler haben sich entschieden, ihre Stimme den politischen Rändern zu geben“. Die Wähler würden damit zeigen, dass sie „der politischen Mitte misstrauen“, sagte Redmann. Er schließt die CDU damit klar mit ein.
FDP bleibt draußen
Für die Grünen ging es bis zum Schluss um den Wiedereinzug in den Landtag. Dass sie kein „richtig fettes, starkes grünes Ergebnis“ einfahren würden, für das Vizekanzler Robert Habeck beim Wahlkampfauftritt Anfang September in Potsdam noch getrommelt hatte, war bereits vor dem Wahlsonntag absehbar. Die Bündnispartei kratze bis zuletzt scharf an der Fünf-Prozent-Hürde. Umso mehr warben die Grünen noch im Wahlkampf mit ihrer Landtagsabgeordneten Marie Schäfer um Erststimmen im Wahlkreis 21 (Potsdam 1). Denn auch ein direkt gewonnener Wahlkreis sichert Parteien in Brandenburg über die sogenannte Grundmandatsklausel den Einzug in den Landtag, auch wenn ihr Wahlergebnis unter fünf Prozent liegt. Ob dies gelungen ist, war bis zum späten Abend noch offen.
Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang jedenfalls wollte aus den Wahlergebnissen im Osten Schlüsse für den Bundestagswahlkampf ziehen. Es gebe einen negativen Trend „und da werden wir uns gemeinsam rauskämpfen“, sagte Lang am Sonntag in der ARD. Es müsse Vertrauen zurückgewonnen werden, das verloren gegangen sei. Ihr schlechtes Abschneiden führten die Bundes-Grünen auch auf die Zuspitzung zwischen SPD und AfD in Brandenburg zurück.
Die FDP machte mit ihrem Spitzenkandidaten Zyon Braun zwar einen auffälligen, provokativen Wahlkampf – mit Plakat-Slogans wie „Braun wählen. Zyon Braun“. Für den Einzug in den Landtag hat es wie erwartet nicht gereicht. Die FDP muss sich erneut in der außerparlamentarischen Opposition einrichten. Es ist davon auszugehen, dass das die Liberalen auf Bundesebene nicht zu mehr Mäßigung bringt. Im Gegenteil: Nach der Brandenburg-Wahl wird sich der Blick verstärkt auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr richten. Innerhalb der Ampel-Koalition im Bund dürfte das neue Streitereien mit sich bringen.
Drei Ministerpräsidenten der SPD in Brandenburg
Rückblick Seit 1990 gab es in Brandenburg erst drei Ministerpräsidenten. Alle wurden von der SPD gestellt.
Personen Manfred Stolpe stand von 1990 bis zu seinem Rücktritt 2002 an der Spitze der Landesregierung. Matthias Platzeck führte das Kabinett Brandenburgs bis zum August 2013, auch er trat zurück. Seit dieser Zeit ist Dietmar Woidke Ministerpräsident in der Staatskanzlei in Potsdam.
Keine bessere Lage für Scholz
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz kann vom Sieg der SPD bei der Landtagswahl in Brandenburg nach Ansicht von Wahlforscher Manfred Güllner nicht profitieren. „Für den Kanzler und die Ampel-Koalition wird mit diesem Wahltag nichts besser“, sagte der Chef des Meinungsforschungsinstitut Forsa dem „Tagesspiegel“ vom Montag. „Das war eine Woidke-Wahl“, sagte er mit Blick auf Brandenburgs SPD-Ministerpräsidenten Dietmar Woidke. „Woidke hat alles, was Olaf Scholz fehlt: Zustimmung, Sympathie, Bodenhaftung, Bindekraft“, sagte Güllner. „Woidke ist insofern ein Anti-Scholz.“ Woidke habe gepunktet, weil sehr viele Bürger ihn als sympathisch und bodenständig einschätzten – und als jemanden, der wisse, was die Menschen bewege. (AFP)
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