Konjunktur / Die Zahl der Firmenpleiten ist auch im Jahr 2022 weiter rückläufig, aber …
Im Normalfall müsste während einer Wirtschaftskrise die Zahl der Firmenpleiten nach oben schnellen. Das war jedoch während der Corona-Pandemie nicht passiert und es passiert auch aktuell nicht. Ganz im Gegenteil.
Luxemburg durchlebt gerade eine wirtschaftlich ungewöhnliche Zeit. Nach dem Corona-Stillstand von 2020 hat sich die wirtschaftliche Lage schnell wieder erholt. Die Erholung war sogar so stark, dass die Arbeitslosenquote auf historische Tiefststände fiel. Auch die Zahl der Unternehmenspleiten, bei der Experten bereits seit Monaten, seit dem Ende der staatlichen Corona-Hilfen, mit steigenden Firmenpleiten gerechnet haben, ist bisher nicht gestiegen. In den Jahren 2020 und 2021 hat es im Großherzogtum keinen Anstieg bei den Firmenpleiten gegeben.
Auch in den neuesten von Statec vorgestellten Zahlen (von Januar bis September 2022) wurde keine Zunahme gemessen. Im Gegenteil: Trotz einer mittlerweile langsamer drehenden Wirtschaft und einem Verbrauchervertrauen, das sich auf einem historischen Tiefststand befindet, ist die Zahl der Unternehmenspleiten sogar deutlich rückläufig.
Holding-Gesellschaften und Investmentfonds
In den ersten neun Monaten des Jahres 2022 hat Statec insgesamt 675 Unternehmensinsolvenzen gemessen, wie das Institut letzte Woche mitgeteilt hat. Ein Rückgang von satten 21 Prozent verglichen mit der Entwicklung in den ersten neun Monaten des Vorjahres. Aufs Jahr hochgerechnet handelt es sich um die geringste Zahl der Firmenpleiten seit etwa acht Jahren.
Spitzenreiter bei der Zahl der Konkurse waren in den ersten neuen Monaten 2022 nun, wie bereits im Jahr zuvor, die Sektoren Holding-Gesellschaften und Investmentfonds (177 Fälle), der Handel (136 Fälle) und das Bauwesen (75 Fälle). In all diesen Bereich ist die Zahl der Konkurse jedoch (deutlich) niedriger als im Vorjahreszeitraum.
Gegen den Trend entwickelt haben sich der Bereich Gastgewerbe und der der Finanz- und Versicherungsaktivitäten. Hier ist die Zahl der Konkurse zwischen Januar und September 2022 leicht gestiegen. Im Horeca-Bereich wurde ein Anstieg von 52 auf 67 Fälle festgestellt, im Finanzbereich ein Zuwachs von 10 auf 18 Fälle.
„Die Zahlen sind nicht realistisch“
Herbert Eberhard, der sich bereits seit Jahren mit der Zahl der Konkurse in Luxemburg beschäftigt, traut der schönen Entwicklung nicht richtig. Bereits bei der Veröffentlichung der Zahlen zum ersten Halbjahr 2022 hatte er betont: „Der Rückgang der Konkurse um 21,38 Prozent (…) ist nicht realistisch.“ Die wirtschaftlichen Folgen der diversen Krisen in Luxemburg werden erst verzögert eintreten, warnte er damals.
Mit einer Trendwende im Winter, wie er sie im Juli noch erwartet hatte, rechnet auch der Geschäftsführer von Creditreform Luxembourg mittlerweile jedoch nicht mehr, sagt er diese Woche gegenüber dem Tageblatt. Hintergrund seien die neuen staatlichen Hilfen für Firmen im Rahmen der Energiekrise. „Es ist zu erwarten, dass die Zombie-Unternehmen im Rahmen der Unterstützungsmaßnahmen weiter am Leben gehalten werden“, unterstreicht er. Sobald diese Hilfen jedoch wegfallen, könnte sich die Lage wieder ändern, befürchtet er. Vorläufige Konkurszahlen zum zweiten Halbjahr aus den Nachbarländern hatten beispielsweise Steigerungsraten von rund 10 Prozent in Belgien und rund 25 Prozent in Frankreich aufgewiesen.
Auch die Zahl der Firmenaufgaben bleibt hoch
Ebenfalls gefallen, zumindest verglichen mit dem Vorjahr, ist in den ersten neun Monaten die Zahl der Geschäftsauflösungen. Insgesamt 573 hat Statec zwischen Januar und September 2022 gezählt. Das sind deutlich weniger als im Vorjahreszeitraum (765 Geschäftsauflösungen), doch gleichfalls deutlich mehr als vor der Corona-Krise. In den Jahren 2018 und 2019 waren insgesamt jeweils rund 575 Geschäftsideen begraben worden.
Spitzenreiter bei den Firmenaufgaben waren 2022 bisher die Sektoren Holding-Gesellschaften und Investmentfonds (259 Fälle), gefolgt von Handel (92 Fälle) und spezialisierte Unternehmensdienstleistungen (85 Fälle).
Laut Definition gilt ein Unternehmen als pleite („faillite“), wenn es seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann und auch keinen Kredit mehr erhält. Im Falle einer Firmenaufgabe („Liquidation“) hört die Firma auf zu existieren, entweder freiwillig oder gerichtlich gefordert.
Die nationale Wirtschaft entwickelt sich mittlerweile etwas langsamer als noch zu Jahresbeginn. Für das Gesamtjahr 2022 prognostiziert Statec derzeit eine Wachstumsrate von 2,5 Prozent, gefolgt von zwei Prozent im Jahr 2023. Im Jahr 2021 war die nationale Wirtschaft noch um stolze 5,1 Prozent gewachsen.
Weiterführende Lektüre:
Im zweiten Quartal ist die Luxemburger Wirtschaft langsamer gewachsen
Die Zahlen auf dem Luxemburger Arbeitsmarkt bleiben im September überraschend gut
Luxemburgs Inflationsrate weiter bei deutlich mehr als sechs Prozent
Die Zahl der Firmen in Kurzarbeit ist seit September wieder am Steigen
Die Aussichten für die Staatsfinanzen haben sich verschlechtert
- Elektroautos haben ihren Marktanteil in Luxemburg weiter ausgebaut - 10. Januar 2025.
- Die Zahl der Firmenpleiten ist 2024 deutlich gestiegen - 9. Januar 2025.
- Die Inflationsrate ist im Jahr 2024 deutlich zurückgegangen - 9. Januar 2025.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos