Pensionsdebatte / Die Zwei-drei-Klassen-Gesellschaft: Blick auf die Renten von Privatangestellten und Staatsbeamten
In der Debatte um die Zukunft der Renten in Luxemburg ist vieles unklar. Es herrschte lange Zeit nicht einmal Einigkeit in der Frage, ob die angedachte Reform nur die Menschen im Privatsektor oder auch die Staatsbeamten betreffen soll. Die Unterschiede zwischen beiden sind jedenfalls groß. Der folgende Artikel erstellt einen Überblick über die Gesamtsituation im Rentenwesen in Luxemburg.
Aus dem im Oktober 2024 vorgestellten Mehrjahres-Staatshaushalt geht hervor, dass bereits im Jahr 2026 die Einnahmen des Rentensystems nicht mehr ausreichen werden, um die Ausgaben zu decken. Hintergrund ist eine Beschleunigung der Renteneintritte bei einer parallelen Verlangsamung des Wachstums der Beschäftigtenzahl, also der Menge an Beitragszahlern.
Den Prognosen zufolge würde 2027 eine gesetzlich vorgesehene Schwelle erreicht werden, und es müsste gehandelt werden: Entweder Beiträge erhöhen, Leistungen senken oder andere Geldquellen erschließen. Aktuell beträgt der Beitrag 24 Prozent vom Gehalt: 8 Prozent zahlt der Mitarbeiter, 8 Prozent der Arbeitgeber und 8 Prozent der Staat.
Überraschend kommt das Kippen des Gleichgewichts nicht: Bereits 2022 hatte die „Inspection générale de la sécurité sociale“ (IGSS) gewarnt: Ihren damaligen Prognosen zufolge würden die monatlich gezahlten Rentenbeiträge ab 2027 nicht mehr ausreichen, um die Auszahlung der Renten zu finanzieren. Es müsste dann damit begonnen werden, die Rentenreserve anzuzapfen. Bei gleichbleibender Politik würde der derzeit noch sehr gut gefüllte Topf dann jedoch schnell, bis 2047, komplett aufgebraucht sein.
Um das Thema anzugehen, hat die Regierung eine breite Diskussion in der Gesellschaft versprochen. Doch es ist ein Reizthema. In der Gesellschaft herrscht keine Einigkeit. Symbolisch dafür steht der „Avis“ zum Thema, den der Wirtschafts- und Sozialrat im Sommer verfasst hatte. Im Gegensatz zu ihrer eigentlichen Mission, eine koordinierte Stellungnahme zu veröffentlichen, boten Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Lesern lediglich einen Bericht mit zwei grundsätzlich verschiedenen Texten. Jede Seite wiederholte einfach nur, was sie immer sagt.
Es ist nicht einmal wirklich klar, worüber eigentlich diskutiert werden soll. Symbolisch hierfür steht die Debatte über die berüchtigten 8.000-Euro-Renten – mal heißt es, es gäbe sie nicht, mal heißt es, sie stünden für ein Drittel aller Renten.
Für Staatsbeamte gelten eigene Regeln
Hintergrund dieser doch sehr unterschiedlichen Standpunkte ist, dass es in Luxemburg ein Zwei- oder sogar Mehr-Klassen-System bei den Renten gibt: Wenn es im Rahmen der aktuellen Rentendebatte nämlich heißt, dass die Zahlen bald nicht mehr aufgehen werden, dann handelt es sich allein um die Altersbezüge der Menschen aus dem Privatsektor. Für Staatsbeamte gelten eigene Regeln.
Und je nachdem, wo man sein Arbeitsleben verbracht hat, fallen die Renten demnach sehr unterschiedlich aus: Bei den Menschen aus dem Privatsektor („Régime général“) fallen die Renten eher gering aus: Nur 0,04 Prozent von ihnen erhalten mehr als 8.500 Euro pro Monat. Die durchschnittliche Rente (im Privatsektor) betrug Ende 2022 lediglich 2.398 Euro (3.601 Euro für nicht-grenzüberschreitende Laufbahnen), wie die Arbeitnehmerseite im CES-Avis hervorgehoben hatte.
Bei den Menschen, die ihr Arbeitsleben beim Staat verbracht haben, sieht die Lage jedoch ganz anders aus: Rund 30 Prozent der aktuellen Rentner erhalten mehr als 8.500 Euro monatlich. Fast zehn Prozent haben sogar monatliche Renten von über 10.000 Euro pro Monat.
Doch wenn nun über Renten-Zahlen diskutiert wird, die nicht mehr aufgehen, dann geht es (meist) alleine um die vom Privatsektor. Die Renten der Staatsbeamten werden einfach mit den laufenden Steuereinnahmen des Zentralstaates bezahlt. Da wird keine Rechnung über Einnahmen/Ausgaben aufgestellt, und es gibt übrigens auch keine Rentenreserve, wie sie im Privatsektor über Jahre hinweg mit überschüssigen Beiträgen der Angestellten aufgebaut worden ist.
Sich einen Überblick über das gesamte nationale Rentensystem zu verschaffen, ist nicht leicht: Während alle 220.000 Rentner aus dem Privatsektor im „Régime général“ zusammengefasst werden, gibt es beim Staat eine Rentenkasse für die Beamten der Ministerien, eine für Gemeindebeamte und eine für die CFL. Zudem befinden sich die „staatlichen“ Rentner in Systemen, deren Auszahlungen unterschiedlich berechnet werden. Insgesamt zählen die drei „staatlichen“ Kassen 21.400 Bezugsberechtigte, wie aus Zahlen der IGSS hervorgeht.
Die 220.000 Rentner aus dem Privatsektor erhielten letztes Jahr zusammengerechnet 6,4 Milliarden Euro. Für die 14.450 Pensions-Empfänger aus dem Bereich des Zentralstaats (ohne Gemeinden und ohne CFL) sind nächstes Jahr Ausgaben in Höhe von 1,34 Milliarden Euro vorgesehen, wie das „Ministère de la Fonction publique“ auf Nachfrage mitgeteilt hat.
Anzahl der „8.000-Euro-Renten“ wird schrumpfen
In Zukunft, über die nächsten Jahrzehnte, soll die sehr große Ungleichheit zwischen beiden Sektoren (Staat und privat) jedoch verschwinden. Seit 1999 gilt eine Reform, laut der die Rente von jedem, der seitdem beim Staat eingestellt wurde, anders als bis dahin berechnet werden wird: Wer im alten System ist, erhält fünf Sechstel seines letzten Lohns. Wer im neuen System (nach der Reform) ist, für den gelten nun fast dieselben Berechnungsregeln wie im allgemeinen Rentensystem für Angestellte im Privatsektor.
Für die Stabilität der Staatsfinanzen wird die Reform deutlich positive Folgen haben, wie Romain Bausch, Präsident des CNFP („Conseil national des finances publiques“), vor geraumer Zeit erklärt hatte. Wegen der Reform von 1998, wo die traditionell sehr großzügigen Renten beschnitten wurden, wird das Gewicht der Renten für Staatsbeamte in den Staatsausgaben in den kommenden Jahren nicht zulegen, sondern stabil bleiben. Trotz mehr Rentnern. Nach und nach wird es einfach weniger Menschen im alten Regime und mehr im neuen Regime geben.
Noch sind zwar nicht so viele Menschen mit dem neuen System in Altersrente (etwas mehr als 600), doch lassen die Zahlen erste Eindrücke zu: Beispielsweise erhalten nur noch 1,3 Prozent von ihnen Renten von über 8.500 Euro monatlich.
Verschwinden tun damit jedoch nur die hohe Anzahl der „Über-8.000-Euro-Renten“. Große Ungleichheiten zu den Menschen, die im Privatsektor gearbeitet haben, bleiben bestehen: Während im Privatsektor weniger als zehn Prozent der Rentner mehr als 5.000 Euro erhalten, so dürfen sich jedoch mehr als 40 Prozent der Staatsbeamten darauf freuen. Hintergrund hiervon sind die insgesamt höheren Gehälter beim Staat, die als Grundlage für die Berechnungen dienen.
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