Das Corona Tagebuch (9) / Dienstag, 24. März: Ein Einkaufserlebnis
Das Coronavirus beherrscht das Leben in Luxemburg. Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Eigentlich aber genau der richtige Zeitpunkt, um seine Gedanken mal wieder in einem Tagebuch niederzuschreiben. Was fällt uns auf, was empfinden wir und was erwarten wir? Das Corona-Tagebuch des Tageblatt gibt Einblick in diese Gedankenwelt.
Liebes Tagebuch,
Dieser Tage musste ich etwas sonst ganz Alltägliches erledigen, was in Corona-Zeiten jedoch einiger Vorbereitungen bedarf: Lebensmittel einkaufen. Da mein Freund und ich für jene Menschen Besorgungen erledigen, die sich derzeit nicht unter Menschen begeben sollen, stellen wir am Ende eine Einkaufsliste für nicht weniger als zehn Personen zusammen. Von Waschmittel über Gemüse bis hin zu Gulaschfleisch ist alles dabei. Auch das zurzeit sehr gefragte Toilettenpapier steht auf unserem Zettel. Die vier einzelnen Listen haben wir bequemlichkeitshalber in einzelne Kategorien zusammengefasst.
Mittlerweile hat wohl jeder die Fotos von den leeren Regalen und von den Warteschlangen in den hiesigen Supermärkten gesehen. Deshalb machen auch wir uns am Tag, bevor wir aufbrechen wollen, so unsere Gedanken: Wann sind die wenigsten Menschen unterwegs? Bekommen wir alles, was auf unserem Zettel steht? Werden die anderen uns als „Hamster“ verurteilen, wenn wir fünf Liter Milch und sechs Brote in den vollen Einkaufswagen packen? Diese Fragen gehen mir mehr als einmal durch den Kopf.
Mit dem Einkaufszettel und Tüten gewappnet sowie mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend, machen wir uns morgens um kurz vor 8.30 auf den Weg zum Supermarkt. Wir sind zu zweit unterwegs, um alles so schnell wie möglich erledigen zu können.
Vor Ort stehen rund zwanzig Menschen vor dem Supermarkt und warten ruhig mit gebührendem Abstand zueinander. Die meisten sind alleine, manche zu zweit und fast alle vertreiben sich die Wartezeit mit ihrem Smartphone. Auch einige ältere Menschen sind unter den Wartenden. Jeder Neuankömmling schießt erst mal ein Foto von der Warteschlange. Ich natürlich auch.
Ein Supermarkt-Mitarbeiter behält die Lage im Blick und lässt die Einkaufswilligen nach und nach ins Geschäft. Nach 35 Minuten sind wir an der Reihe. Die Worte „Abstand halten“ bleiben mir stets im Hinterkopf. Die Regale sind gut gefüllt, nur beim Toilettenpapier ist nur eine Sorte im Angebot. Auch die Paprika scheint knapp zu werden, egal ob grün, rot oder gelb. Die Mitarbeiter sind freundlich, grüßen und sind gerade dabei, die Regale aufzufüllen.
87 verschiedene Artikel später stehen wir an der Kasse. Nur jeweils ein Kunde darf sich im Kassenbereich aufhalten. Bleibt nur noch, die einzelnen Sachen wieder auf die vier Haushalte aufzuteilen. Mein Freund übernimmt die Auslieferung: In Hesperingen, Bürmeringen und Düdelingen stellt er die Tüten vor der Tür ab.
Auf jeden Fall, liebes Tagebuch, hätte ich nie im Leben damit gerechnet, dass ich mir einmal Gedanken über leere Supermarktregale und Hamsterkäufe machen müsste. Sind wir doch eigentlich gewohnt, alles im Überfluss zu bekommen.
Das Tageblatt-Tagebuch
Das Leben ist, wie es ist. Corona hin oder her. Klar, die Situation ist ernst. Aber vielleicht sollte man versuchen, ein wenig Normalität in diesem Ausnahmezustand zu wahren. Deshalb veröffentlicht das Tageblatt seit vergangenem Montag (s)ein Corona-Tagebuch. Geschildert werden darin persönliche Einschätzungen, Enttäuschungen und Erwartungen verschiedener Journalisten.
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