Fall Credit Suisse / Direktor der Luxemburger Bankenaufsicht: „Kann abends gut schlafen“
Vertrauen ist die Basis eines jeden Bankgeschäftes – und der Mangel dessen wurde der Credit Suisse zum Verhängnis. So resümiert Claude Wampach, bei der „Commission de surveillance du secteur financier (CSSF) zuständig für die Bankenaufsicht, die am Wochenende in höchster Not vollzogene Übernahme der Credit Suisse durch UBS. Im Gespräch mit dem Tageblatt erklärt Wampach, wie es zum Fall des Schweizer Geldhauses gekommen ist – und warum er abends trotzdem noch gut schläft.
Claude Wampach, was genau hat zum Fall der Credit Suisse geführt?
Ich kann das nur als Außenstehender beurteilen, da ich nicht in der Schweizer Aufsichtsbehörde sitze. Insgesamt kann man es aber so zusammenfassen: In den letzten Jahren ist es zu mehreren Ereignissen gekommen, darunter Management- und Strategiewechsel und Verlustgeschäfte, die dazu geführt haben, dass Credit Suisse immer wieder mit Negativschlagzeilen behaftet war. Das hat schlussendlich dazu geführt, dass Kunden ihr Vertrauen in die Bank verloren haben und ihr Geld abgezogen haben. Ein sogenannter Bank-Run entzieht einer Bank jedoch die Lebensgrundlage, da sie kein von den Kunden anvertrautes Geld mehr hat, mit dem sie arbeiten kann. Und genau das ist bei der Credit Suisse passiert.
Die Credit Suisse war ein „too big to fail“-Akteur. Was bedeutet das genau – und wurde mit der Übernahme durch die UBS nicht ein noch größerer systemrelevanter Akteur geschaffen?
Die Credit Suisse ist eine „Global Systemically Important Bank“ (G-SIB) und ist eine der 50 größten Banken weltweit. Für diese Banken gelten seit der Finanzkrise 2008 unter anderem besondere Eigenkapitalvorschriften, die durch den Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht aufgestellt werden.
Credit Suisse und UBS sind in der Liste der 50 systemrelevanten Banken eher im unteren Segment, was die Größe anbelangt. JP Morgan Chase aus den USA ist beispielsweise das größte Geldhaus. Mit der Übernahme wird nicht gegen irgendwelche Regeln verstoßen, sonst wäre sie verboten worden. Jedoch fallen jetzt weitere Sicherheitsauflagen an, die die Bank nun erfüllen muss.
Was sind die Auswirkungen auf die Luxemburger Niederlassungen der Credit Suisse?
Die Credit Suisse beschäftigt in Luxemburg ungefähr 300 Personen. Derzeit ist nur eines gewusst: UBS übernimmt die Credit Suisse. Wie das in der Praxis aussehen wird, ist derzeit noch unklar. Fest steht aber, dass Luxemburg auf der Prioritätenliste nicht ganz oben stehen wird, da hier kein Investmentbanking betrieben wird – und dort liegen die Risiken der UBS. Demnach gibt es derzeit keinen Grund, hier in Luxemburg an irgendwelchen Schrauben zu drehen. Was genau aber am Standort Luxemburg passieren wird, wird sich den nächsten Wochen und Monaten zeigen.
Es wurden auch gleich Parallelen zur Finanzkrise 2008 gezogen?
Es ist natürlich menschlich, einen Vergleich zwischen beiden Krisen ziehen zu wollen. Einige Elemente der Krise von 2008 sind durchaus vorhanden. So gab es auch damals einen Vertrauensverlust, der sich jedoch vor allem zwischen den Geldhäusern bemerkbar machte. Das ist mit den heute geltenden Transparenzstandards jedoch nicht mehr der Fall. Auch gab es damals noch viel mehr toxische Investments. Auch heute gibt es noch risikobehaftete Investments – diese haben jedoch ganz andere Ausmaße als noch 2008.
Die Credit Suisse ist mit den vergangenen Skandalen und dem nun herrschenden Kontext steigender Leitzinsen und Inflation ein sehr spezifischer Fall.
Wie können Banken und Aufsichtsbehörden denn einem Vertrauensverlust entgegenwirken?
Das ist eine sehr heikle Geschichte. Wenn wir beispielsweise eine Pressemitteilung verschicken, in der wir auf die Stabilität der Banken hinweisen, kann das gegenteilig interpretiert werden – so, als hätten wir Kenntnis von etwas, das nicht stimmen könnte. Wir haben ein anspruchsvolles Regelwerk in Europa. Ich weiß, wie stabil unsere Banken sind, wie das Liquiditäts- und Kapitalverhältnis im Verhältnis zum Risiko ist und kann demnach abends gut schlafen. Der Markt aber muss das verlorene Vertrauen erstmal zurückgewinnen – und das passiert nur, wenn sie sehen, dass in den kommenden Wochen und Monaten nicht noch weitere Banken ins Wanken geraten.
Es braucht als nicht noch weitere Regulierungsmaßnahmen?
Es ist klar, dass jetzt erstmal ein Schuldiger gesucht wird. Es kann ja sein, dass eine Aufsichtsbehörde nicht aufgepasst hat oder ein Regelwerk nicht ordentlich greift. Dazu bedarf es aber einer nüchternen Analyse. Das ist schon nützlich und sinnvoll. Schließlich muss man sich nach so einem Fall fragen: Was kann verbessert werden? Gibt es einen Anreiz, an einigen Punkten nachzubessern?
Man kann einen Finanzplatz zu 100 Prozent absichern, indem man alle Banken schließt. Es muss aber gesamtgesellschaftlich diskutiert werden, wie viel Sicherheit und wie viel „ökonomische Aspekte“ man erlauben will. Dazu bedarf es aber einer offenen Debatte.
UBS hat Credit Suisse nun übernommen. Reicht das, damit der Markt sich wieder beruhigt?
Die UBS ist, ebenso wie die Credit Suisse, eine systemrelevante Bank, die nicht einbrechen darf. Sonst könnte es tatsächlich wieder zu einem Domino-Effekt kommen, wie 2008. Die UBS war damals übrigens auch arg gebeutelt aus der Finanzkrise gekommen, hat ihre Hausaufgaben aber seitdem gemacht und in puncto Liquidität und Kapital aufgerüstet. Gekoppelt mit den staatlichen Garantien in Höhe von neun Milliarden Schweizer Franken, Liquiditätshilfen der Schweizer Nationalbank in Höhe von 100 Milliarden Franken und der Billigung der EZB und anderer Nationalbanken, wird die Credit Suisse in ein solides Konstrukt eingebettet. Dieses Netz schafft eigentlich ein großes Vertrauenspotenzial. Ausgehend von dem, was am Montag noch passiert ist, kann man aber davon ausgehen, dass die Maßnahmen wirken. Man muss die nächsten Tage noch abwarten, aber man hat eine einstweilige Stabilisierung der Lage erreicht.
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Ein gewisser Joseph Ackermann konnte auch immer gut schlafen.
Mär wär et och egal, wann d’Banken alt erëm eng Kéier all d’Baach erof ginn.
Ma dât ass jo da schéi vir hien.
« Si vous voyez un banquier suisse sauter d’une fenêtre, sautez derrière lui. Il y a sûrement de l’argent à gagner“ (Voltaire).
Komesch Affaire dat ganzt – war ebeemol ganz séier gangen déi Iwwernahm. A wann de Gudde Mann do roueg schloofen kann, dann ass en entweder Skrupellos, oder en huet genuch op der héiger Kant, dass en sech keng gedanken méi brauch ze maachen, well op der Quelle setzt e jo. Ech sinn mol gespaant wat en dann zu der naechster „Preisescher“ faillite oder iwwernahm seet …. wärt jo net méi all ze lang daueren.