Unabhängigkeit der Redaktion / Diskussionen bei 100,7 über neues Mediengesetz dauern an
Die Luxemburger Regierung hat ein Gesetz über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk des Großherzogtums eingereicht, mit dem weniger politischer Einfluss auf die redaktionelle Arbeit erreicht werden soll. Laut dem luxemburgischen Online-Magazin „Reporter“ gibt es beim Radiosender 100,7 allerdings noch immer Diskussionen um die Details – auch von „Einschüchterungsversuchen“ und Einmischungen in die redaktionelle Arbeit ist die Rede.
Möglichst eigenständig und unabhängig von politischem Einfluss soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk Luxemburgs sein – so lässt es sich aus dem im Parlament eingereichten Gesetz der Regierung herauslesen. Mit dem Gesetz sollen die Entscheidungsstrukturen beim öffentlich-rechtlichen Radiosender 100,7 angepasst werden. In der Vergangenheit hatte es Diskussionen um einige Entscheidungen und Vorgehensweisen des Verwaltungsrats gegeben. Die neuen Regelungen sollen solche Konflikte verhindern – doch intern gibt es bei 100,7 dazu offenbar noch Gesprächsbedarf.
Die Änderungen in der Entscheidungsstruktur des Radiosenders sollen vornehmlich die Auswahl der Mitglieder des Verwaltungsrats betreffen – darunter auch die Ernennung des Präsidenten. „Die Zahl der staatlichen Vertreter im Verwaltungsrat, der sich weiterhin aus neun Mitgliedern zusammensetzt, wird auf ein Drittel reduziert, und der Verwaltungsrat kann die sechs unabhängigen Mitglieder, die die Zivilgesellschaft vertreten, selbst auswählen und den Vorsitzenden aus seiner Mitte ernennen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Regierung zu dem Thema. Damit sollen laut dem Online-Magazin Reporter Zwickmühlen wie unter der Präsidentschaft von Laurent Loschetter (2017 bis 2019) künftig vermieden werden. Dem ehemaligen Vorsitzenden des Verwaltungsrats sei eine persönliche Freundschaft zu Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel (DP) vorgeworfen worden. Loschetter habe sich damals selbst in einem Interview als „Vertrauensperson“ des Premiers bezeichnet.
„Redaktionsstatut“ soll Zuständigkeiten festlegen
Auch die Zuständigkeiten zwischen der Redaktion von 100,7, der Direktion und dem Verwaltungsrat sollen mit dem Gesetz genauer geregelt werden. Davon erhoffen sich die Radiomitarbeiter laut Reporter eine Klärung des schon länger bestehenden Konflikts in dem Medienhaus. Der Hintergrund sei die Kritik von rund 30 Mitarbeitern am neuen Direktor Marc Gerges vor etwas mehr als einem Jahr – für sein verstärktes Eingreifen in redaktionelle Abläufe. In Versammlungen sei es zwischen der Redaktion und Direktion mehrmals zur offenen Konfrontation gekommen. Der Verwaltungsrat habe im Verlauf des Konflikts schließlich ein Mediationsverfahren eingeleitet, das bis Ende 2020 andauerte.
Nach außen hin sei der Konflikt mittlerweile beigelegt, berichtet Reporter – doch intern sei 100,7 immer noch nicht zur Ruhe gekommen. Es gebe Zweifel, ob die neue Regelung tatsächlich alle bedeutenden Streitpunkte beseitigen könne. Laut der Reform soll zur Vorbeugung von Konflikten ein „Redaktionsstatut“ ausgearbeitet werden, das die Zuständigkeitsbereiche von Direktion und Chefredaktion besser absteckt. Die Direktion und Redaktion sollen das besagte Dokument gemeinsam erarbeiten und es anschließend vom Verwaltungsrat abnicken lassen.
Der ursprüngliche Konflikt sei laut Redaktionskreisen jedoch noch immer nicht beigelegt worden, heißt es in dem Artikel. Zwei Grundsatzfragen seien dabei: „Welchen Einfluss hat der Direktor auf die redaktionelle Arbeit? Und welche Kompetenzen sind allein Sache der Chefredaktion?“ Das liege daran, dass die genaue Funktion und der Zuständigkeitsbereich des Chefredakteurs in der Reform nicht exakt beschrieben werde.
„Einschüchterungsversuche“ und Einmischungen
Dass der Konflikt bei 100,7 bisher nicht vollständig beigelegt sei, zeige ein Blick in die Protokolle der vergangenen Verwaltungsratssitzungen, schreibt Reporter. So habe ein Mitglied des Aufsichtsgremiums im vergangenen April kritisiert, dass Direktor Marc Gerges ohne Absprache mit der Chefredaktion einen Redakteursposten besetzt hatte. Der Direktor hatte dies gegenüber dem Verwaltungsrat mit einer außergewöhnlichen „urgence“ begründet. Laut der Vorsitzenden des Verwaltungsrats, Véronique Faber, habe man die Sache „intern angesprochen“ und mittlerweile eine neue Prozedur zur Personalrekrutierung umgesetzt, an die sich alle Beteiligten halten müssten, heißt es in dem Magazin-Artikel.
Es gebe allerdings ein noch aktuelleres Beispiel: In dem jüngsten Schreiben, in das Reporter Einblick bekommen habe, sei zum Beispiel von „strukturellen Problemen in der Kommunikation“, einem „Mangel an Visionen“ und sogar „Einschüchterungsversuchen“ des Direktors gegenüber einem Redaktionsmitglied die Rede. Dabei habe der Direktor sich erneut in die inhaltliche Arbeit von Journalisten eingemischt, ohne sich dabei an jene Prozedur zu halten, die in der Mediation festgehalten worden war, berichtet das Magazin.
Auf die Frage, ob Direktor Gerges noch das volle Vertrauen des Verwaltungsrats besitze, habe Véronique Faber laut dem Bericht geantwortet: „Ich kann mich nicht direkt dazu äußern. Ich kann aber sagen: Er ist noch da und wir unterstützen ihn bestmöglich in seiner Arbeit.“
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„Möglichst eigenständig und unabhängig von politischem Einfluss soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk Luxemburgs sein“
de „MÖGLICHST“ MUSS DO RAUS
max
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