„Hundetagesstätte“ / Der „Dogwalker“ – ein Luxemburger Service für Hundebesitzer
Luciano Afonso (42) ruht in sich. Zwischen bellenden Hunden, Hundefutter und sonstigen Accessoires empfängt er uns tiefenentspannt in seinem Laden im städtischen Viertel Belair. Sobald sich die Barriere zum Hinterraum öffnet, lassen die Vierbeiner ihrer Neugierde schnuppernd freien Lauf. Es sind nicht seine Tiere. Als „Dogwalker“ betreut er sie im Auftrag der Besitzer.
Mit Hunden zu arbeiten, ist die Berufung von Luciano Afonso (42). Es dauert, bis er sie findet. Nach Informatik- und Kunststudium, Berufserfahrung als Manager in der Gastronomie und Banker in der Wertpapierabteilung einer ausländischen Bank findet er sich mit Ende 20 in der Exportabteilung eines Lebensmittelproduzenten wieder. Da hat er seinen ersten Hund.
Chica ist ein Border Collie und die Inspiration für alles, was danach kommt. Die Hündin ist an der Hauswand des Unternehmenssitzes verewigt. Der Rasse ist Afonso bis heute treu geblieben. Er mag das energiegeladene Temperament, die Intelligenz und die Menschenbezogenheit der Tiere. Genau das ist aber damals sein Problem. Der Spagat zwischen dem Anspruch, seinem Hund gerecht zu werden, und jenem, die Arbeit gutzumachen, zehrt an ihm.
Um Chica auszuführen, wird die Mittagspause zum Sprint zwischen der nahegelegenen Wohnung und dem Arbeitsplatz. Bei Dienstreisen könnte er seine Hündin zwar mitnehmen, aber die Vertragsverhandlungen in Paris oder Brüssel dauern, und was dann? „Da ging es um Tonnen für den Export, danach geht man noch essen, sitzt zusammen“, beschreibt er die Kundengespräche.
Der Hund als Begleiter des Menschen
Er beschließt, sich zu Hause umzuschauen, und stellt fest: In Luxemburg gibt es zum damaligen Zeitpunkt nichts, wo er seinen Hund unterbringen kann. Die Idee zu „Dogwalker“ keimt auf. Seitdem bietet er anderen an, was er damals vergeblich gesucht hat. Das war vor elf Jahren. „Ich vergleiche meine Arbeit oft mit einer Putzhilfe“, sagt Afonso. „Wenn die Hunde wieder zum Besitzer zurückkommen, haben sie ihr Geschäft erledigt, und dann können Mensch und Tier schöne Stunden verbringen.“
Reinigungskräfte sichern für gewöhnlich die Grundreinigung in den Haushalten, die sie betreuen. Die Auftraggeber haben dadurch Zeit, sich anderen Dingen zuzuwenden. Das will Afonso für seine Kunden auch. Aus der Heimat seiner Eltern, im Norden Portugals, wo viel Wein angebaut wird, kennt er Hunde noch als Nutztiere. Sie sind da, laufen im Alltag ohne große Beachtung mit, haben ihre Aufgabe je nach Rasse und bekommen meist Essensreste zu fressen.
Die Hunde, die er betreut, haben andere Rollen. „Sie sind ein Begleiter des Menschen“, sagt Afonso. „Wir haben den Hund zu dem gemacht, was er heute ist.“ Dabei entstand jede Rasse ursprünglich mit einer Jobfunktion. Cocker Spaniels verjagen die Vögel auf dem Feld, Border Collies hüten und treiben die Schafe zusammen und Beagles sind Jagdhunde. Bei ihm im Laden, zwischen dem wie Delikatessen etikettierten Hundefutter, bekommen Hunde fast menschliche Züge.
„Dogwalker“ ist Pionierleistung
Er weiß aus eigener Erfahrung, was sie den Besitzern bedeuten, und hat mit seinem Angebot Erfolg. Anfangs ist er allein. Mittlerweile hat er zehn Angestellte. Obwohl ihn beim Start viele belächeln, ist „Dogwalker“ zu einem richtigen Unternehmen herangewachsen. Wenn er darüber spricht, klingt es leicht, in den Ohren von Hundeliebhabern vielleicht sogar romantisch. Aber bis dorthin war es harte Arbeit und Afonso zahlt Lehrgeld.
Nach einem halben Jahr als Unternehmer und einem fast durchgebrochenen Blinddarm überdenkt er sein Businessmodell. „Ich habe damals die Preise angepasst, das Angebot überarbeitet und den ersten Mitarbeiter eingestellt“, sagt er. Sein Idealismus steht ihm anfangs im Weg. „Ich wollte, dass alle sich – unabhängig vom Einkommen – einen ,Dogwalker‘ leisten können“, sagt er.
Bis zu sechsmal täglich haben die Hunde seitdem die Möglichkeit, zwischen sieben Uhr morgens und sieben Uhr abends eine oder mehrere Runden zu drehen. Afonsos Mitarbeiter sind ständig mit einer Gruppe von sechs Hunden draußen unterwegs. In der „Hundetagesstätte“ können sie in der gleichen Zeit soziale Kontakte knüpfen, werden versorgt und sogar getrimmt, wenn es notwendig ist.
Seine Mitarbeiter arbeiten alle in Vollzeit. Sie tragen Verantwortung und müssen sich auskennen. „Meine Transportkäfige in den Autos sind auf Crashtests geprüft, die Firmenwagen haben Lüftungseinrichtungen, wir dokumentieren alles“, sagt er. Der professionelle Anspruch ist hoch. Bleibt nach elf Jahren Selbstständigkeit etwas offen?
Eher nicht. Luciano Afonso ist stolz auf das, was er geschaffen hat und täglich weiterentwickelt. Er war der Erste, der die Nische im Land entdeckt hat. Diese Pionierleistung ist jetzt schon in den Annalen der Hauptstadt verewigt. Der „Dogwalker“ ist als neuer Beruf in der städtischen „Photothèque“ archiviert. Sie wurde eigens geschaffen, um fotografisch die Entwicklung der Stadt zu dokumentieren.
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Für mich sind Dogwalker einfach nur traurig und Symbol einer verkommenen Gesellschaft. Fast wie Ganztagsschulen. Man will unbedingt Kinder, weil die Nachbarn auch welche haben, man will unbedingt einen Hund, weil die Nachbarn auch einen haben, aber bitte nur die positiven Seiten davon. Für’s Training und die Ausbildung soll der Staat oder eine Organisation sorgen.
Und kein Cat-Walker weit und breit.
@Sepp. Es gibt Menschen die Krankeitheits bedingt ihr Haus nicht verlassen können, die diesen Dienst gerne in Anspruch nehmen. Also jedem das seine und die Hunde freuen sich. 🙂