Parlament / Dritte Phase der breit angelegten Covid-Tests genehmigt
Bis zum 15. Juli – bzw., sollte dann die Krise noch nicht einigermaßen überwunden sein, bis zum 15. September – wird eine dritte Phase der breit angelegten Covid-Tests durchgeführt. Das entsprechende Gesetz wurde am Donnerstag vom Parlament angenommen. Eine von den Piraten initiierte Aktualitätsstunde zur Sicherheit im öffentlichen Raum führte daneben zu heftigen Auseinandersetzungen über den Einsatz privater Sicherheitsfirmen in der Stadt Luxemburg.
Zu Beginn der Sitzung machte der Präsident der Gesundheitskommission und Berichterstatter aller bisherigen Covid-Gesetze die Merkel: Was bei der deutschen Kanzlerin „Wir schaffen das“ heißt, klingt bei Mars di Bartolomeo „Mir wäerten deem Virus Meeschter ginn“. Dies seine Schlussfolgerung nach der Vorstellung der dritten Testphase, die seines Erachtens zusammen mit der „langsam, aber sicher“ in Schwung kommenden Impfkampagne und den Schutzgesten also das Ende der Krise einläuten werde.
Die erste Kampagne des LST („Large Scale Testing“) lief vom 25. Mai bis in den September 2020, die zweite schloss sich an und dauerte bis nun, eine dritte Phase soll bis zum 15. Juli laufen bzw. wenn nötig bis zum 15. September und 42,85 bzw. 64,2 Millionen Euro kosten (die EU schießt einen Teil der Kosten zu). Während der dritten Phase werden laut Mars di Bartolomeo die mobilen Teams verstärkt, die so bei sogenannten Clustern, also vielen Infektionen, an einem Ort eingreifen können. Auch soll mehr sequenziert werden, also untersucht werden, ob Mutationen des Stammvirus vorliegen. In sechs Testzentren können bis zu 53.000 Tests pro Woche durchgeführt werden sowie zusätzlich 1.000 Bluttests, die eine Sequenzierung erlauben.
Auch bereits geimpfte Personen werden geladen, um das Ansteckungsrisiko bei ihnen zu analysieren. Ohne das LST und das anschließende Tracing wäre, so der Berichterstatter, die Zahl der Infektionen um 43 Prozent höher ausgefallen, als dies der Fall war.
„Personal besser beim Impfen einsetzen“
Die vielen Tests, so Georges Mischo im Namen der CSV, hätten als Resultat zwar hohe bekannte Infektionszahlen, dafür aber eine niedrige Dunkelziffer an Covid-Infektionen. Die Ausgangslage sei aber jetzt eine andere und Mischo fragte, ob die Gelder nicht besser für mehr Schnelltests eingesetzt wären bzw. ob das Personal nicht besser beim Impfen eingesetzt wäre. Die CSV, so Mischo, werde sich enthalten.
Dass nur ein Drittel der zum LST Geladenen auch hingehe, bedauerte Gusty Graas (DP), der die Vorzüge der Strategie unterstrich und unter anderem ein Resultat des „Contact Tracing“, also der Nachverfolgung der Kontakte von Infizierten, mitteilte: 89 Prozent jener, die sich ansteckten, taten dies beim Essen oder Trinken. Dies erkläre denn auch, weshalb die Gaststätten noch geschlossen sind, so Graas.
Marc Hansen („déi gréng“) betonte, dass die nationale Teststrategie den Empfehlungen internationaler Gremien entspreche und verwies darauf, dass die vielen Tests in Luxemburg viele Infektionen aufzeigen, was Vergleiche mit anderen Staaten schwierig mache. So teste Deutschland siebenmal weniger als Luxemburg.
Die ADR findet die LST-Strategie „schrecklich“ teuer und würde nur wenige positive Fälle finden, so Jeff Engelen.
Marc Baum („déi Lénk“) sieht zwar Sinn und Zweck der Tests ein, moniert aber, dass diese durch private Firmen und nicht durch den Staat durchgeführt würden; die öffentliche Gesundheitsversorgung dürfe kein wildes Wasser für private Konzerne werden. Er kündigte die Enthaltung seiner Partei an.
Sven Clement (Piratenpartei) verwies auf die Probleme, die Menschen mit eingeschränkter Mobilität in den Testzentren hatten und legte eine Motion vor, die forderte, dass die Resultate der Schnelltests, die nun in Schulen und beim Sport verstärkt eingesetzt werden, in die offiziellen Statistiken einfließen sollen.
Corona-Hotline überlastet
Gesundheitsministerin Paulette Lenert räumte ein, dass aktuell, nachdem alle Menschen über 75 nun zu einer Impfung eingeladen wurden, die Corona-Hotline, die für 3.000 Anrufe täglich ausgelegt ist, zeitweise überfordert ist, wofür sie sich entschuldigte. Das Problem werde aber kurzfristig gelöst und alle Anfragen würden beantwortet. Die neuen Tests, die während der dritten Phase eingesetzt würden, könnten unter anderem erkennen, ob eine Immunität durch Krankheit oder Impfung entstanden sei, was genauere Schlussfolgerungen aus den Resultaten erlaube.
Nachdem Marc Baum auf eine Demonstration des Reinigungspersonals verwiesen hatte, das gegen die Blockadehaltung des Patronats beim Kollektivvertrag protestierte, legte er eine Resolution vor, in der das Parlament aufgefordert wird, nicht mehr die Dienste einer Firma zur Reinigung in Anspruch zu nehmen, sondern eigenes Personal einzustellen.
Das Gesetz von 2002 definiere, was Sicherheitsfirmen dürften, so Marc Goergen (Piraten), und dazu gehöre es nicht, in Stadtvierteln zu patrouillieren. Damit hatten die Piraten nicht nur ein kommunales Streitthema auf Parlamentsebene gebracht, sondern auch den Zorn hauptstädtischer Kommunalpolitiker und – aus anderen Gründen – von ADR-Politikern entfacht.
Während Laurent Mosar (CSV), hauptstädtischer Schöffe, und Lydie Polfer (DP-Bürgermeisterin) auf Einsätze von Sicherheitsfirmen seit langem etwa bei der Schobermesse und in Parks sowie in anderen Gemeinden (Differdingen) verwiesen und den Einsatz von privatem Sicherheitspersonal praktisch als Hilferuf an die Regierung darstellten und auf den Gesetzparagrafen hinwiesen, der „non-assistance à personne en danger“ unter Strafe stellt und somit die Arbeit der Firmen legitimiere, versuchten Stéphanie Empain („déi gréng“) und Dan Biancalana (LSAP) die Diskussion auf eine rationelle bzw. breitere Basis zu stellen. Dies drückte auch eine Motion der Mehrheitsparteien aus, die unter anderem forderte, dass die Problematik der Sicherheit im öffentlichen Raum, die zurzeit im hauptstädtischen Bahnhofsviertel und in Bonneweg offensichtlich ist, breiter betrachtet und in Zusammenarbeit mehrerer politischer Ressorts angegangen werden soll.
Drogenhändler und Pfefferspray
Die ADR reagierte durch eine Intervention von Fernand Kartheiser schon fast erwartungsgemäß. Überfälle am helllichten Tag, eine Regierung, die versage, Drogen verkaufende Immigranten und Bürgermeister ohne Mittel zur Gegenwehr wurden von dem Sprecher der rechten Partei ausgemacht, der für die Freigabe von Mitteln des Selbstschutzes, etwa Pfefferspray plädierte.
Marc Baum gelang es mit seiner Beschwichtigung, wir seien nicht in der Bronx, nicht die Gemüter zu beruhigen. Er sprach sich gegen den Einsatz privater Sicherheitsfirmen aus, deren Mitarbeiter weder kompetent noch ausgebildet oder befugt seien, sicherheitsrelevante Aufgaben zu übernehmen. Heftige Reaktionen, vor allem auf die ADR-Aussagen, prägten die weiteren Diskussionen zu diesem Punkt.
Auch Polizeiminister Henri Kox („déi gréng“) verteidigt den prinzipiellen legalen Rahmen, der die Einhaltung der öffentlichen Ordnung als öffentliche Aufgabe definiert. Er verwies auf die Anstrengungen, die aktuell unternommen würden, um die Sicherheitslage zu verbessern – insbesondere auf die personelle Aufstockung der Polizeieffektive – sowie auf die Zusammenarbeit mit der hauptstädtischen Gemeinde. Innenministerin Taina Bofferding kündigte das Gesetz zu einer Ausweitung der Kompetenzen der „agents municipaux“ für Anfang April an. Dies könne unter anderem die Polizei entlasten, die nicht mehr allein gegen zu laute Musik einschreiten oder älteren Menschen über die Straße helfen müsse.
Die Abgeordneten verabschiedeten weiter Gesetze zur Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für sämtliche öffentliche Unterstützungsmaßnahmen auf dem Wohnungsmarkt und der Definition der legalen Uhrzeit.
Auf eine Dringlichkeitsanfrage von Marc Spautz (CSV) zu wirtschaftlichen Problemen bei Liberty Steel in Düdelingen (wir berichteten) antwortete Franz Fayot, er sei in Kontakt mit Unternehmensleitung und Gewerkschaften und verfolge das Dossier stündlich. Die Regierung werde alles tun, was möglich ist, um die Zukunft der Stahlproduktion in Düdelingen und die Jobs der 250 Beschäftigten zu erhalten.
Am Freitag kommt das Parlament ein viertes Mal diese Woche zusammen, dann wird Mars di Bartolomeo das 13. Covid-Gesetz vorstellen.
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Wer sich gestern im Fernsehen die Sendung Kloertext angeschaut hat dem ist klar geworden dass das Large Scale Testing durchaus hinterfragt werden darf vor allem das Kosten/Nutzen Verhältnis. Mir wäre lieber dass die horrenden Geldsummen in die Beschaffung von Impfstoffen geflossen wären. Es heißt beim LST immer „Sei ein Teil der Lösung“. Doch das LST hat NICHTS gelöst. Die einzige Lösung heißt Impfen Impfen Impfen. Doch das haben wir unter Anleitung der EU gründlich vermasselt. Die LST Teststationen sollte man jetzt zu Impfstationen umfunktionieren! Dann werden sie Teil der Lösung sein.