„Impuls“ / Drogenberatung für Jugendliche eröffnet lang ersehnten Standort im Süden Luxemburgs
Neben einem Standort im Zentrum und einem im Norden wurden letzte Woche Freitag die Räumlichkeiten von „Impuls“ in Esch eingeweiht. Direkt über dem „Point info jeunes“ in der 10, rue du Commerce befindet sich seit Mai 2020 die Beratungsstelle für jugendliche Drogenabhängige. Einen Standort im Süden fordern die Mitarbeiter schon seit über 20 Jahren.
40 Prozent der luxemburgischen Bevölkerung stammt aus dem Süden des Landes. „Impuls“, damals noch „MSF Solidarité jeunes“, weil der Dienst von „Médecins sans frontières“ gegründet wurde, hat 1997 die erste Beratungsstelle in der Hauptstadt eröffnet. Später kam der Standort im Norden hinzu. „Wir waren von Anfang an überzeugt, dass wir einen Standort im Süden brauchen“, sagt René Meneghetti, Diplompsychologe und Direktor von „Impuls“. Bisher fehlte es hierfür jedoch an Manpower, die vom Ministerium bestimmt wird.
Fehlende Manpower
„Impuls“ hat in den Neunzigern mit drei Psychotherapeuten angefangen. „Damals gab es keine Einrichtung in Luxemburg, die Jugendliche unterstützt hat, die durch den Konsum von illegalen Drogen auffällig geworden sind“, sagt Meneghetti. „MSF Solidarité jeunes“ wurde gegründet, damit ihnen zuerst Hilfe angeboten werden kann, bevor Strafmaßnahmen folgen. Heute hat „Impuls“ 8,5 Vollzeitstellen. „Wir müssen die Politik pausenlos dazu motivieren, mehr Posten zu schaffen“, sagt Meneghetti. Bei 500 bis 600 Jugendlichen im Jahr würde die aktuelle Anzahl an Mitarbeitern nicht ausreichen.
Mehr als 50 Prozent der jungen Menschen, die zu „Impuls“ kommen, werden von der Staatsanwaltschaft dazu verpflichtet, die Beratungsstelle aufzusuchen. Wird ein Jugendlicher beim Umgang mit illegalen Drogen von der Polizei erwischt, erhält er einen Flyer. Darauf steht, dass er sich innerhalb der kommenden zwei Wochen bei „Impuls“ melden muss. „Allgemein wird gesagt, dass es nicht möglich ist, therapeutisch unter Zwang zu arbeiten. Wir sind da anderer Meinung“, sagt René Meneghetti. Aus Erfahrung ist der Diplompsychologe sogar dankbar für diesen Zwang. Für Jugendliche sei es schwer, auf eigene Initiative eine Anfrage auf Hilfe zu stellen. Diese Vorgehensweise ermöglicht es dem Team, so früh wie möglich Hilfe anzubieten, um mögliche Folgeschäden einer Sucht zu vermeiden.
Vertrauen schaffen
Eine der Besonderheiten von „Impuls“ ist die umgehende Hilfe, die dort angeboten wird. 2004 hat das Team mit der Entwicklung des sogenannten „Choice“-Programmes angefangen. Grund dafür war die Dauer, die damals noch zwischen der Straftat und dem Besuch der Jugendlichen bei der Beratungsstelle vergangen ist. Weil die Staatsanwaltschaft Zeit braucht, um die Dossiers zu bearbeiten, konnte es zwischen drei Monaten und einem Jahr dauern, bis die Jugendlichen bei „Impuls“ auf dem Sofa saßen. „Für sie ist es überhaupt nicht edukativ, erst nach so langer Zeit zu uns zu kommen“, sagt Meneghetti. Entweder sie hätten den Drogen dann längst abgeschworen oder ihre Situation habe sich verschlimmert.
Inzwischen müssen sich die Jugendlichen innerhalb von zwei Wochen bei der Beratungsstelle präsentieren. Die erste Herausforderung für den Psychotherapeuten ist es dann, das Vertrauen des Jugendlichen zu gewinnen. Aufgrund eines ersten Gesprächs mit ihm sowie seinen Eltern wird dann ermittelt, wo die Gründe für den Konsum liegen und welche Art von Therapie am besten passt.
Handeln statt warten
Für diejenigen, die eine stärkere Abhängigkeit entwickelt haben, bietet „Impuls“ das Programm „Option“ an. Auch hier spielt die Schnelligkeit der angebotenen Hilfe eine große Rolle. Betroffene werden ins Ausland geschickt. Dabei arbeitet „Impuls“ mit Einrichtungen in Deutschland, Holland, Italien oder Portugal zusammen. Je nachdem, welche Drogen sie konsumiert haben, dauert eine Langzeittherapie dort ein bis zwei Jahre. „Wer in Luxemburg einen Entzug machen will, wird auf eine Warteliste fürs Krankenhaus gesetzt. Er muss zweimal die Woche dort anrufen, um Motivation zu zeigen. Es kann Wochen oder sogar Monate dauern, bis ein Platz frei wird“, sagt Meneghetti.
„Option“ ist anders. Wenn der Betroffene eine Veränderung will, setzt das Team alles in Bewegung, damit er sofort mit einer Behandlung beginnen kann. Er wird von einem Mitglied aus dem Psychotherapeutenteam ins Ausland begleitet, wo der Entzug sofort beginnen kann und nahtlos in eine Therapie übergeht. Die Therapeuten arbeiten zusammen mit dem Betroffenen ein Lebensprojekt aus, damit er positiv in die Zukunft blicken kann. Außerdem arbeiten sie in Luxemburg mit der Familie des Jugendlichen weiter und bieten auch nach der Therapie eine Begleitung an. „Wir sind die Einzigen im Land, die so zeitnah Hilfe anbieten“, sagt Meneghetti.
Für die Menschen
Durch dieses Alleinstellungsmerkmal in einem Bereich, in dem schnelle Hilfe besonders wichtig ist, sieht „Impuls“ seine Pflicht darin, sich nicht immer an offizielle Regeln zu halten. „Wir dürfen eigentlich nur Jugendlichen bis 21 Jahre helfen“, sagt René Meneghetti. Mit dem Programm „Option“ hätten sie allerdings auch schon 50-Jährigen geholfen. Die Grenzen des Ministeriums respektieren sie dabei bewusst nicht. „Wir sind in erster Linie Therapeuten und für die Menschen da. Das, was irgendwann einmal auf Papier geschrieben wurde, muss nicht unbedingt up to date sein“, sagt er.
Damit das in Zukunft auch legal möglich ist, kämpft das Team für eine angepasste Konvention. Auch für das „Choice“-Programm wollen die Psychotherapeuten eine Konvention bis 27 Jahre erhalten. „Der Drogenkonsum bei den Betroffenen hält ja nicht plötzlich auf, weil sie ein Jahr älter werden“, sagt Meneghetti. Ein abrupter Abbruch einer Therapie sei kontraproduktiv. Wer es braucht, soll über einen längeren Zeitraum begleitet werden können. So kurz wie möglich, aber so lange wie nötig, lautet dabei das Motto des „Impuls“-Teams.
Drogenprävention
Am Standort im Süden arbeiten seit Mai drei Psychotherapeuten: die Verantwortliche des Standortes Susana Ribeiro zusammen mit Céline Danhyer und Salomé Mendes. Aktuell baut das Team sein Netzwerk im Süden aus. „Uns ist es wichtig, mit allen Diensten zusammenzuarbeiten, die etwas mit Jugendlichen zu tun haben“, sagt Meneghetti. Insgesamt will „Impuls“ den Schwerpunkt in Zukunft vermehrt auf Präventionsarbeit setzen und weiter mit Schulen zusammenarbeiten. Passend dazu sei der Escher Schöffenrat stark daran interessiert, einen kommunalen Drogenpräventionsplan zu entwickeln.
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