Lesen / „D’Stad liest“: Bilanz fällt gut aus
Die Sorge, Bücher könnten von Web und Social Media verdrängt werden, bringt viele Aktionen hervor. In Buchhandlungen wächst die Abteilung „Event“ kontinuierlich, es gibt das „Buch im Zuch“ und Lesungen fehlen bei fast keiner Kulturveranstaltung. Die Stadt Luxemburg hat das Buch aus der Bibliothek ins Freie geholt. Eine Bilanz kurz vor Schluss von „D’Stad liest“ im Hof der Kathedrale Notre-Dame.
Enthusiasten, Leseratten, Neugierige, Einsteiger und andere, die Abwechslung in der Mittagspause suchen: Die Sonne scheint und an diesem Tag haben schon 30 Menschen bis zur Mittagszeit die Gelegenheit genutzt, in den Regalen zu „luussen“. Sie sind voller Bücherrücken wie in dem kleinen Nachbau eines Palastes, der normalerweise auf dem Weihnachtsmarkt der Stadt steht. Die Auswahl ist groß.
Werke wie „Say nothing“ des Orwell-Preis-Gewinners Patrick Radden Keefe oder die „Kunst des Reisens“ von Alain de Botton stehen mit dem Marco-Polo-Reiseführer über Luxemburg in trauter Eintracht nebeneinander. Rund 700 Werke im geschätzten Wert von 12.000 bis 14.000 Euro hat die städtische Bibliothek gekauft, um möglichst viele Geschmäcker zu erreichen.
Im Zweifelsfall schnell zu konsumieren oder aber als Leseprobe gedacht, wurden Werke zu den Themen Reisen, Gastronomie, Diversity und Manga/Comics zusammengestellt. Daneben findet sich eine große Auswahl an Kinder- und Jugendbüchern, die in der Bibliothek die „Renner“ bei den Leihbüchern sind. „Mangas, Comics und Kinderbücher sind stark gefragt bei uns“, bestätigt Maïté Ademes (34).
Neuerscheinungen und Lieblingsbücher
Die Erzieherin ist seit 2019 bei der „Cité Bibliothèque“ zuständig für Animationen im Bereich Kinder und Jugendliche sowie Führungen für Schulklassen. Sie hat an der Zusammenstellung der Bücher mitgearbeitet. Nicht nur Lieblingsbücher, die die Hitliste der ausgeliehenen Bücher anführen, sondern auch Neuerscheinungen haben die Auswahl beeinflusst.
„Wir sind in die Buchhandlung gegangen und haben uns umgeschaut“, sagt Ademes. Es hat sich gelohnt. Rund 50 Menschen kommen pro Tag. Am ersten Samstag waren es sogar 128, am zweiten 105, am dritten 104. Dafür, dass die Veranstaltung nur für vier Wochen geplant ist und am kommenden Wochenende endet, ist das ein gutes Ergebnis und zu großen Teilen dem Wetter geschuldet.
Am Ende des Projektes gibt es noch mal einen richtigen Paukenschlag – vor allem für Kinder. Autorin Christiane Kremer liest morgens aus „Den Elmar an de verluerene Schatz“ und Yorick Schmit aus „D’Sandmeedchen“. Das dürfte die Bilanz noch mal verbessern. Hinzu kommen die Zahlen der Bibliothek selbst, die genug hergeben für die Behauptung: Das Lesebedürfnis der Menschen ist ungebrochen.
Lesen in der Mittagspause
Trotz Pandemie ist die Zahl der eingeschriebenen Leser nur geringfügig heruntergegangen, von rund 25.000 im Jahr 2019 auf knapp 24.000 im Jahr 2020. Auch die Zahl der aktiven Leser, die wenigstens ein Mal im Jahr ein Buch, eine CD, Hörspiele oder DVDs ausleihen, ist nur um ein Drittel gesunken, obwohl die Bibliothek fast zweieinhalb Monate zu war.
Die Lockdown-Monate April und Mai sind normalerweise gute Monate, während Juli teilweise und August komplett durch die „Vakanz“ gekennzeichnet sind. „Das spüren wir schon“, sagt Ademes. „Vor allem danach. Wenn die Bücher im September zurückkommen, sind sie oft voller Sand.“ Insgesamt ist es ein schönes Projekt, von dem viele profitieren.
Der Hof ist zwischen den Baustellen in der rue Notre-Dame ein ruhiger Rückzugsort. Für die „Cité Bibliothèque“ ist es Marketing in eigener Sache. Und die Bücher machen das, was sie sollen. Sie finden den Weg zum Leser. Nach dem Projekt ergänzen sie die 80.000 schon vorhandenen Werke der städtischen Bibliothek.
Tipp
Am Donnerstagabend findet ab 19.30 Uhr eine Lesung mit Mike McQuaide statt. „An American in Luxembourg“ heißt sein Porträt des Großherzogtums, das er als grünes Herz Europas identifiziert. Tickets unter www.luxembourg-ticket.lu.
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